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Donald Trumps Sondergesandter für den Nahen Osten, Steve Witkoff, am 13. Oktober in der Knesset.

© AFP/SAUL LOEB

„Man kann nicht immer nur das Opfer spielen“: Was Witkoff Israels Minister Ben-Gvir nach Trumps Deal riet

Nicht alle in der israelischen Regierung wirkten erfreut über das Abkommen mit der Hamas. Dem Sender CBS haben die zwei US-Chefverhandler Steve Witkoff und Jared Kushner erzählt, wie sie das erlebten.

Stand:

Besonders zwei Personen der amerikanischen Delegation haben zum Erfolg des Geiseldeals zwischen Israel und der Hamas beigetragen: Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und Steve Witkoff, Sondergesandter des US-Präsidenten.

In einem einstündigen Interview mit der Fernsehjournalistin Leslie Stahl beim Fernsehsender CBS haben beide nun ausführlich von den Verhandlungen berichtet – ein Zeugnis großer Selbstüberzeugung und bizarrer Details.

Kushners Erkenntnisse

„Die Probleme sind einfach. Es sind die Menschen, die kompliziert und komplex sind“ – dieses Zitat von Jared Kushner zum Nahostkonflikt war offenbar eine Art Leitsatz der vergangenen Wochen. Bei CBS verriet der Mann von Trumps ältester Tochter Ivanka, wie er dazu kam: In Vorbereitung auf die Gespräche habe er „mit allen, die in den vorangegangenen 20 Jahren an der Nahost-Diplomatie beteiligt gewesen waren“, gesprochen.

Als die Moderatorin darauf zweifelnd nachfragt („Mit all den Historikern, all diesen Menschen...?“), bestätigt er: „Ja. Und die Art und Weise, wie sie mir die Dinge erklärten, ergab einfach keinen Sinn.“

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So sei er zum grundlegenden Schluss gekommen, dass „Menschen einfach nur in Sicherheit und Freiheit“ leben wollten. „Sie wollen zusammen sein, wirtschaftliche Chancen haben. Sie wollen, dass ihre Kinder ein besseres Leben haben. Und sie wollen sicher und frei die Religion ausüben können, für die sie sich entschieden haben.“

Nach dieser Erkenntnis habe er daran gearbeitet, dass alle Beteiligten sich darauf konzentrieren, wie sie „ihre Zukunft verbessern“ können – „anstatt in diesen alten Konflikten stecken zu bleiben“.

Kein Interessenkonflikt?

Den Umstand, dass sowohl Kushner als auch Witkoff und ihre Familien Milliardengeschäfte im Nahen Osten machen, halten beide für unproblematisch. Ethische Grenzen seien nicht überschritten worden durch ihr politisches Wirken, sagte Witkoff bei CBS.

„Was andere als Interessenkonflikte bezeichnen, nennen Steve und ich Erfahrung und vertrauensvolle Beziehungen, die wir weltweit aufgebaut haben“, antwortete Kushner geschliffen. „Hätten Steve und ich diese tiefen Beziehungen nicht gehabt, wäre der Deal, den wir abschließen konnten und der zur Befreiung dieser Geiseln führte, nicht zustande gekommen.“

Denn: Beide könnten aufgrund ihrer persönlichen Kontakte jederzeit und direkt mit Scheich Mohammed aus Katar, Israels Premier Benjamin „Bibi“ Netanjahu, dem saudischen Kronprinzen „MBS“ (Mohammed bin Salman) oder „MB Zayed“, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate, telefonieren. Dass dies zum Alltag von Staats- und Regierungschefs gehört, die finanziell in keiner Abhängigkeit zu ihren Verhandlungspartnern stehen, blieb unerwähnt.

Ärger über Angriff auf Doha

Wie unglücklich die amerikanische Verhandlungsdelegation über Israels Angriff auf das Hamas-Verhandlungsteam in Doha im September war, wurde bereits kurz danach durchgestochen. Das bestätigten Witkoff und Kushner nun noch einmal.

Am 9. September führte Israel Angriffe gegen das Verhandlungsteam in Doha durch.

© IMAGO/Anadolu Agency/IMAGO/Security Camera

„Nach dem Raketenangriff – in Katar von Israel aus – waren Steve und ich ziemlich verärgert darüber. Wir hielten das für keinen klugen strategischen Schachzug, und es verletzte das Vertrauen, das wir unserer Meinung nach von israelischer Seite verdient hatten“, erinnerte sich Kushner.

Letztendlich brachten sie gemeinsam mit Trump Netanjahu dazu, sich telefonisch beim katarischen Premier dafür zu entschuldigen. „Die Entschuldigung musste kommen“, so Witkoff. „Ohne sie wären wir nicht weitergekommen.“ Also habe Trump zu Netanjahu gesagt: „Menschen entschuldigen sich.“ Selbst er mache das.

Die „Bibi-Sitter“

In Israel wurden Kushner und Witkoff „Bibi-Sitter“ genannt, um im Namen des US-Präsidenten sicherzustellen, dass dieser sich nach dem Durchbruch im Friedensabkommen auch wirklich für die Zustimmung innerhalb seiner Regierung einsetzte.

Steve Witkoff und Jared Kushner nehmen an einem Regierungstreffen in Israel mit Benjamin Netanyahu teil, nachdem das Kabinett den Gaza-Deal gebilligt hat.

© imago/Xinhua/IMAGO/Chen Junqing

So sei das nicht gewesen, sagte Witkoff. „Was passiert ist, war, dass Jared und ich im Büro von Premierminister Netanjahu saßen. Wir gingen alles durch, was geschehen musste. Er sagte uns, dass das Kabinett oben auf ihn wartete. Und dann war es eine spontane Entscheidung, und dafür zolle ich ihm großen Respekt. (...) Er lud uns ein, mitzukommen.“

Witkoffs „Moment“ mit Minister Ben-Gvir

Bei der Kabinettssitzung dann habe der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, Berichten zufolge die beiden angeschrien und versucht, ihnen einen Vortrag zu halten – ob das tatsächlich so gewesen sei, fragte Moderatorin Leslie Stahl. „Ein bisschen, ein bisschen“, bestätigte Witkoff.

Der israelische Politiker Itamar Ben-Gvir am 13. Oktober in der Knesset, kurz bevor US-Präsident Donald Trump dort seine Rede hielt.

© AFP/CHIP SOMODEVILLA

Kushner und er seien vom israelischen Kabinett sehr gut empfangen worden, alle wären froh gewesen über die „zwei Amerikaner, die im Namen von Präsident Trump dort waren“ und hätten sich für die Unterstützung bedankt.

Doch Minister Ben-Gvir, ein großer Skeptiker des Abkommens mit der Hamas, reagierte sehr emotional. Daraufhin habe Witkoff versucht, mit ihm über seinen früh verstorbenen Sohn zu sprechen und zu erklären, dass er sich seinetwegen „immer wieder in bestimmten Situationen“ befände. Von dieser persönlichen Anekdote wollte Ben-Gvir wohl zunächst nichts wissen.

„Ich würde nicht sagen, dass er abweisend war. Aber er sprach über all die Todesfälle und all das Gemetzel in Israel.“ Da habe Witkoff zu ihm gesagt: „Irgendwann muss man loslassen können. Man kann nicht immer nur das Opfer spielen.“ Er erklärte ihm, wie er es geschafft habe, in Bezug auf seinen Jungen loszulassen. „Und so hatte ich diesen Moment mit ihm.“

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