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Mit dem Green Deal will die EU das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen.

© imago/Jochen Tack/Bearbeitung Tagesspiegel

Nach der Europawahl: Was wird aus dem Green Deal?

Mit der Europawahl ist das Europäische Parlament nach rechts gerückt. Wie wirkt sich das Wahlergebnis auf den Green Deal aus, dem wichtigsten klimapolitischen Vorhaben der EU? Drei Experten erklären die Folgen.

Stand:

Das Lager der Rechtsaußenparteien ist gestärkt aus der Europawahl hervorgegangen, darunter „klimaskeptische“ Parteien wie die Alternative für Deutschland. Wie wirkt sich das Ergebnis auf den Green Deal aus, mit dem die EU-Kommission das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen will? Drei Experten schätzen die neue Lage ein. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Jetzt kommt Gegenwind

Die Zukunft der EU-Klimapolitik ist der Balanceakt par excellence für Ursula von der Leyen (oder für jede andere Person in dieser Position). Einerseits ist der Green Deal inzwischen Teil der politischen Erbmasse der EU, und seine Weiterführung für viele linke und grüne Europaabgeordnete Bedingung für eine Unterstützung von der Leyens. Andererseits bedeutet die Stärkung der EVP und der Rechten in der Europawahl, dass der Green Deal in wichtigen Einzelfragen jetzt Gegenwind bekommt.

Dasselbe gilt für den Rat, in dem in Zukunft wohl mehr rechtspopulistische Regierungen sitzen werden. Frau von der Leyen wird also kunstvoll lavieren müssen. Dass sie das kann, hat sie schon in ihrer ersten Amtszeit unter Beweis gestellt. Und wer immer sie wegen ihrer Haltung zur Zukunft der Klimapolitik ablehnt, müsste sich schon fragen, welche andere Person denn, basierend auf welcher Haltung, eine Mehrheit im Parlament erreichen könnte.
 


Die Green-Deal-Mehrheit ist intakt

Die Wahlen haben keine Mehrheit für einen umfassenden klimapolitischen Rückbau gebracht: Rechnerisch ist die bisherige Green-Deal-Mehrheit aus Europäischer Volkspartei, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen intakt. Gleichzeitig wird das Ergebnis als Signal interpretiert, klimapolitische Ambitionen nicht weiter zu steigern.

240
Milliarden US-Dollar betrugen 2023 die Investitionen in Clean-Tech in den USA.

Darum geht es aber zunächst ohnehin nicht: Die nächsten Schritte sind die Umsetzung bis 2030 durch die Mitgliedstaaten – das Ziel und die Instrumente sind beschlossen und nur in langwierigen Prozessen rückgängig zu machen. Der Handlungsspielraum auf EU-Ebene liegt vor allem in der nächsten Phase der Klimapolitik von 2030 bis 2040. Hier sind Konflikte zwischen, aber auch innerhalb der Fraktionen programmiert.

Offen ist, ob das Parlament das größte Risiko für Blockaden darstellt – schließlich gilt die Kompromissbereitschaft unter den Mitgliedstaaten als erschöpft. Ob die Fortschreibung der Klimapolitik gelingt, wird sich in einem ersten Schritt bei der Entscheidung über das CO₂-Einsparziel der EU bis 2040 zeigen.


Jetzt sind die EU-Staaten gefragt

Der Green Deal ist vor allem eines: ein großes Gesetzespaket. Nun muss es mit Leben gefüllt werden. Der Ball liegt jetzt in den Händen der Mitgliedsstaaten, welche die EU-Vorgaben in nationale Maßnahmen übersetzen müssen.

Daran sollten sie ein ureigenes Interesse haben, denn es geht längst nicht nur um das Erreichen von Klimazielen, sondern um knallharte Wirtschaftsinteressen. Die Sorge, dass europäische Unternehmen aufgrund hoher Klimaauflagen abwandern, hat bei der Europawahl eine große Rolle gespielt. Daher muss der Green Deal als Wirtschaftsmotor umgesetzt werden. Das kann er auch sein, wie ein Blick in die USA zeigt: Dessen grünes Gesetzespaket, der Inflation Reduction Act, hat die Investitionen in Clean-Tech im vergangenen Jahr um knapp 40 Prozent auf 240 Milliarden US-Dollar erhöht.

Das muss auch Europa schaffen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Dafür müssen Gelder zentriert, Investitionen angeschoben und Prozesse verschlankt werden, um die Wirtschaft zukunftsfit zu machen. Nur so wird der Green Deal politisch haltbar sein. 

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