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Nach Protesten gegen mangelnde Unabhängigkeit: Selenskyj legt neues Gesetz zu Antikorruptionsbehörden vor – Kritiker zeigen sich zufrieden
Der ukrainische Präsident wollte die Antikorruptionsbehörden seinem Generalstaatsanwalt unterstellen. Dagegen gab es heftige Proteste. Nun legt Selenskyj einen neuen Entwurf vor.
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Nach einer großen Protestwelle hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein neues Gesetz zur Wiederherstellung der Vollmachten und der Unabhängigkeit von Antikorruptionsbehörden im Parlament eingereicht. Er habe den Entwurf zur „Stärkung des Rechtsstaats in der Ukraine“ und der „Unabhängigkeit der Antikorruptionsbehörden“ gebilligt, erklärte Selenskyj am Donnerstag in Onlinenetzwerken.
„Der Gesetzentwurf stellt alle prozessualen Vollmachten wieder her und garantiert die Unabhängigkeit vom Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP)“, schrieben die beiden Behörden nach Bekanntwerden des Gesetzestextes auf ihren Telegramkanälen. NABU und SAP waren demnach an der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs beteiligt.
Ein Zeitpunkt der Abstimmung war zunächst nicht klar. Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk versprach bei Facebook, das Dokument in der nächsten Parlamentssitzung zur Abstimmung zu stellen. Abgeordneten zufolge ist die Oberste Rada allerdings erst einmal bis Mitte August in den Sommerferien.
Selenskyj reagierte mit dem neuen Gesetzesvorschlag auf die Kritik an der Einschränkung der Unabhängigkeit der Antikorruptionsbehörden im Land. Am Dienstag und Mittwoch hatten in Kiew mehrere tausend Menschen gegen das Gesetz demonstriert, das auch nach Ansicht der EU den Kampf gegen die Korruption in der Ukraine schwächt.
In Reaktion darauf erklärte Selenskyj: „Es ist wichtig, dass wir die Position aller Ukrainer respektieren und wir sind dankbar für jeden, der an der Seite der Ukraine steht.“
Die Europäische Union befürwortete das angekündigte Gesetz. „Wir haben gesehen, dass die ukrainische Regierung Maßnahmen ergriffen hat“, sagte EU-Kommissionssprecher Stefan De Keersmaecker. Die EU begrüße diesen Schritt und unterstütze die Ukraine dabei, die Korruptionsbekämpfung im Land voranzutreiben. Die Korruptionsbekämpfung habe für die EU und für die Ukraine Priorität, betonte Keersmaecker.
Selenskyj hat nach eigenen Angaben auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) über das neue Regelwerk informiert. Er habe „Deutschland eingeladen, sich an der Begutachtung des Gesetzentwurfs durch Experten zu beteiligen. Friedrich hat mir seine Bereitschaft zur Unterstützung zugesichert.“
Das ukrainische Parlament hatte am Dienstag ein Gesetz verabschiedet, wodurch das nationale Antikorruptionsbüro (Nabu) und die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft (Sapo) dem Generalstaatsanwalt unterstellt werden. Dieser wiederum wird von Selenskyj ernannt. Der Präsident hatte russischen Einfluss auf die Antikorruptionsbehörden als Grund für die Änderungen genannt.
Während nach Darstellung der Regierung in Kiew die Antikorruptionsbehörden durch das Gesetz besser arbeiten können, sagen Kritiker, dass dadurch Selenskyjs Macht ausgebaut werde. Korruption und Zweckentfremdung von Geldern sind ein weitverbreitetes Problem in der Ukraine. (dpa/AFP)
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