
© dpa/AP/The Canadian Press/Patrick Doyle
Nach Selenskyjs Besuch in Kanada: Parlamentschef entschuldigt sich für Ehrung eines SS-Veteranen
Während seines Kanada-Besuchs erhielt der ukrainische Präsident eine erhebliche finanzielle Zusage von Premierminister Trudeau. Doch eine umstrittene Ehrung sorgt für Aufsehen.
Stand:
Mit der Ehrung eines ukrainisch-kanadischen Veteranen, der im Zweiten Weltkrieg für die Nazis gegen die Russen gekämpft hat, hat Kanadas Parlamentspräsident während des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im kanadischen Unterhaus einen Eklat ausgelöst.
Parlamentspräsident Antony Rota entschuldigte sich am Sonntag (Ortszeit) für die Würdigung des 98-Jährigen, den er als „ukrainischen Helden“ und „kanadischen Helden“ betitelt hatte. Der ukrainische Immigrant Jaroslaw Hunka war Mitglied der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg gewesen.
Nach Selenskyjs Rede am Freitag habe er „eine Person auf der Galerie begrüßt“ und dann neue Informationen erhalten, die ihn „bedauern lassen, dies getan zu haben“, erklärte Rota nun. Er bitte insbesondere die jüdische Gemeinschaft um Entschuldigung.
Der Parlamentspräsident hatte den 98-jährigen Hunka als einen „Helden“ gewürdigt, der im Zweiten Weltkrieg „für die Unabhängigkeit der Ukraine gegen die Russen“ gekämpft habe. Er habe diese Initiative ergriffen, weil Hunka aus seinem Wahlkreis stamme und er deshalb auf ihn aufmerksam geworden sei, erklärte Rota.
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Der Vorfall hatte massive Kritik von jüdischen Organisationen und bei der konservativen Opposition ausgelöst. Der Verein Freunde des Simon-Wiesenthal-Zentrums bezeichnete es als „schockierend“, dass ein „Veteran, der in einer Nazi-Militäreinheit gedient hatte, ins Parlament eingeladen und mit Standing Ovations bedacht wurde“.
Die Äußerungen des Parlamentspräsidenten hätten die Tatsache ignoriert, dass Hunka „in der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS gedient“ habe, einer Nazi-Einheit, „deren Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Holocausts gut dokumentiert sind“, kritisierte die Organisation.
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Der ukrainisch-kanadische Politikwissenschaftler und Ex-Harvard-Professor Ivan Kalchanovski hatte am Sonntag einen Beitrag auf X (vormals Twitter) veröffentlicht, in dem er die Vergangenheit des geehrten Veteranen beleuchtete. Er hatte zudem mehrere Fotos geteilt, die Hunka „während seiner Ausbildung in Deutschland“ von sich selbst veröffentlicht haben soll.
„Wusste irgendjemand im Parlament oder Selenskyj, dass er in der Waffen-SS-Division diente?“, fragt der Wissenschaftler in einem weiteren Post. Der Beitrag von Kalchanovski wurde mittlerweile tausendfach geteilt. Videos von der Ehrung und den Standing Ovations für Hunka kursieren ebenfalls in den sozialen Netzwerken.
Das Büro von Premierminister Justin Trudeau wies derweil jegliche Verwicklung in den Vorfall zurück. Weder der Regierungschef noch die ukrainische Delegation seien im Vorfeld über die Einladung informiert worden, erklärte das Büro im Onlinedienst X, der früher Twitter hieß. Die konservative Opposition hingegen sprach von einer „schweren Fehleinschätzung“.
Überraschungsbesuch in Kanada
Selenskyj war am Donnerstag nach einem Besuch in den USA unangekündigt nach Kanada weitergereist. Im kanadischen Parlament warb er um weitere Unterstützung für sein Land gegen den russischen Angriffskrieg. Premierminister Justin Trudeau sagte der Ukraine in diesem Zuge finanzielle Hilfen in Höhe von 650 Millionen kanadischen Dollar (rund 453 Millionen Euro) zu.
„Kanadas Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Ausrüstung hat es uns ermöglicht, Tausende von Leben zu retten“, sagte Selenskyj am Freitag bei einer Rede vor dem Parlament in der kanadischen Hauptstadt Ottawa. Er wurde mit großem Applaus und Jubel gefeiert.
„Die russische Aggression muss mit unserem Sieg enden“, sagte Selenskyj, der von seiner Ehefrau Olena Selenska begleitet wurde. „Sodass Russland nie wieder Genozid in die Ukraine bringen kann und es auch nie wieder versucht. Moskau muss ein für alle Mal verlieren.“ (Tsp/dpa/AFP)
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