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Rauch über der Stadt Soledar

© REUTERS/ Clodagh Kilcoyne

Update

Nach tagelangen Kämpfen: Russland will Soledar eingekesselt haben – Kiew dementiert

Ukrainische Militärbeobachter tun die Berichte von Wagner-Chef Prigoschin als „billige Propaganda“ ab. Moskau räumt schwere Verluste im Donbass ein.

| Update:

Nach Darstellung des Verteidigungsministeriums in Moskau haben russische Truppen die ostukrainische Stadt Soledar eingekesselt. Von Norden und Süden hätten Luftlandetruppen den Ort umzingelt, melden russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf das Ministerium. Zugleich greife die Luftwaffe ukrainische Stellungen in Soledar an.

Zuvor hatten Angehörige der berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner nach tagelangen schweren Kämpfen die Eroberung des Ortes verkündet. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin behauptete am Dienstagabend nach Angaben der russischen Staatsagentur Tass, dass Soledar erobert sei. Zugleich sprach er aber von anhaltenden Kämpfen im Stadtzentrum.

Im Zentrum des Ortes sei noch eine Gruppe ukrainischer Soldaten eingekesselt, so Prigoschin. Ukrainische Militärbeobachter bezeichneten die Äußerung als „billige Propaganda“. Die ukrainischen Einheiten hätten sich auf neue Positionen zurückgezogen und von einer Einschließung könne keine Rede sein.

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Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti veröffentlichte am Mittwoch ein Foto des Wagner-Gründers mit bewaffneten Kämpfern und gab an, es sei in den Salzminen von Soledar aufgenommen worden. Prigoschin veröffentlichte ebenfalls in Foto von sich in Militäruniform, umgeben von Wagner-Kämpfern. Das ukrainische Militär erklärte, die Fotos seien nicht in Soledar aufgenommen worden.

Der Kreml wollte die Einnahme der Stadt Soledar nicht offiziell bestätigen. „Dort gibt es eine positive Dynamik beim Vorankommen, aber der militärische Erfolg ist dann erreicht, wenn wir die Ziele, die der Oberkommandierende gestellt hat, im Lauf der militärischen Spezialoperation erreichen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Taktische Erfolge seien aber trotzdem sehr wichtig. 

Russland räumte allerdings auch schwere Verluste ein. „Obwohl taktische Erfolge auch sehr wichtig sind, haben sie einen hohen Preis, auf Kosten des fantastischen Heldentums unserer Kämpfer“, sagte Peskow. „Daher ist dies ein weiterer Grund, stolz auf unsere Jungs vor Ort zu sein, die weder Leben noch Gesundheit schonen, um uns diese taktischen Erfolge zu liefern.“ Einzelheiten zu Getöteten oder Verletzten nannte Peskow nicht.

Kiew dementiert russische Einnahme Soledars

Kiew dementierte die Einnahme. „Soledar war, ist und wird immer ukrainisch sein“, erklärte die ukrainische Armee am Mittwoch im Onlinedienst Telegram. Sie wies auch Berichte russischer Medien zurück, wonach sich der Gründer der Söldnertruppe, Jewgeni Prigoschin, in den Salzminen von Soledar aufhalte. Das sei „nicht wahr“.

Es gebe dort schwere Kämpfe, sagt der Sprecher des Militärkommandos Ost, Serhij Tscherewatji, im ukrainischen Fernsehen. Die Kämpfe hielten an. Die Intensität der Schlachten könne mit der im Zweiten Weltkrieg verglichen werden. Die Schlacht um Soledar sei wichtig, und die ukrainischen Soldaten hätten einen Durchbruch der Front seitens der russischen Kräfte nicht zugelassen.

Der Kiewer Lagebericht hatte zuvor noch auf den Verlust von Soledar hingedeutet. Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben an 13 verschiedenen Orten russische Angriffe abgewehrt, die hart umkämpfte Kleinstadt Soledar im Donbass wird dabei aber nicht genannt.

„In den vergangenen 24 Stunden haben Einheiten der ukrainischen Streitkräfte Attacken der Okkupanten bei den Ortschaften Hrjaniwka (Gebiet Charkiw), Stelmachiwka (Gebiet Luhansk), Spirne, Rosdoliwka, Wesele, Bachmut, Klischtschijiwka, Majorsk, Wodjane, Newelske, Krasnohoriwka, Marjinka und Pretschystiwka im Gebiet Donezk zurückgeschlagen“, heißt es im Lagebericht des Generalstabs am Mittwoch.

Die im Lagebericht erwähnte Stadt Bachmut liegt südlich von Soledar, die Ortschaften Rosdoliwka und Wesele nordwestlich, beziehungsweise nordöstlich von Soledar. Der bewusste Verzicht auf die Nennung der Kleinstadt deutet darauf hin, dass die ukrainischen Kräfte die Kontrolle über Soledar weitgehend verloren haben könnten.

Rund zehneinhalb Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind die Kämpfe im Gebiet Donezk derzeit besonders heftig. Die Städte Soledar und Bachmut sind dabei von strategischer Bedeutung: Sie sind Teil des ukrainischen Verteidigungswalls vor dem Ballungsraum zwischen Slowjansk und Kramatorsk. Die Einnahme des Gebiets wäre aus russischer Sicht ein bedeutender Schritt hin zur Eroberung des gesamten Donbass - eines der Kriegsziele des Kremls.

Neben regulären russischen Truppen kämpfen bei Soledar auch verschiedene Söldner-Einheiten, darunter auch die berüchtigte Wagnergruppe. „Die Zahl der Kriegsgefangenen wird morgen mitgeteilt“, wurde Prigoschin auf einem der Wagner-Kanäle auf Telegram zitiert. Dort hieß es zudem, den eingekesselten ukrainischen Soldaten sei ein Ultimatum zur Kapitulation bis Mitternacht gestellt worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Am frühen Abend hatte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar von heftigen Sturmangriffen russischer Truppen berichtet. „Die schweren Kämpfe zur Verteidigung von Soledar dauern an“, teilte sie auf Telegram mit. „Ohne Rücksicht auf seine Verluste greift der Feind weiterhin an.“ Das Vorfeld der ukrainischen Verteidigungslinien sei „mit Leichen der Angreifer übersät“.

In Soledar halten sich aktuell noch über 500 Zivilisten auf, wie der ukrainische Militärverwalter der Region Donezk, Pawlo Kirilenko, am Dienstagabend mitteilte. „Einige von ihnen würden die Stadt gerne sofort verlassen, das ist wegen der intensiven Kampfhandlungen zur Zeit nicht möglich“, sagte er im Fernsehen. „Solange es keinen sicheren Weg aus der Stadt gibt, gibt es keine Evakuierung.“ (dpa, AFP)

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