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Rückendeckung vom künftigen Staatschef: Polnische Bürgerwehr drängt Afghanen offenbar zurück nach Deutschland
An der Grenze zur Bundesrepublik organisieren Ultrarechte im Nachbarland eigenmächtige Kontrollen – offenbar mit Erfolg. Der designierte polnische Staatschef hatte die Patrouillen gelobt.
Stand:
Eine Bürgerwehr soll an der deutsch-polnischen Grenze vergangene Woche einen Afghanen zurück nach Deutschland gedrängt haben, berichtet der „Spiegel“. Bundespolizisten sollen demnach versucht haben, den 18-Jährigen an der Stadtbrücke im brandenburgischen Guben zurück nach Polen zu schicken, was durch mutmaßliche Mitglieder der rechtsradikalen „Bewegung zur Verteidigung der Grenze“ unterbunden worden sei.
Daraufhin hätten die deutschen Beamten den polnischen Grenzschutz gerufen, wie das Nachrichtenmagazin aus einem internen Behördenbericht zitiert. Der Kommandant des Grenzschutzes habe es allerdings abgelehnt, den Afghanen einreisen zu lassen. Ein erneuter Versuch, den Mann zurückzuschicken, sei erneut durch die polnische Bürgerwehr verhindert worden. Die polnischen Beamten seien offenbar nicht eingeschritten, schreibt der „Spiegel“.
Ein dritter Versuch, den Afghanen zurück nach Polen zu schicken, sei schließlich im etwa 60 Kilometer entfernten Bad Muskau gelungen, heißt es in dem Bericht. Dort seien weder Bürgerwehr noch polnische Grenzschützer vor Ort gewesen.
Polens künftiger Präsident lobt Bürgerwehren
Erst am Donnerstag hatte Polens künftiger Präsident Karol Nawrocki ultrarechte Bürgerwehren gelobt, die an der Grenze Patrouillen organisieren. Nawrocki dankte dem in Polen bekannten Rechtsradikalen Robert Bakiewicz für sein „Bürgerengagement an der Grenze“. Bakiewicz ist Organisator der „Bewegung zur Verteidigung der Grenzen“. Eben jener Bürgerwehr, die Rückführung des Afghanen vergangene Woche verhindert haben soll.

© dpa/AP/Wojciech Strozyk
Dagegen hatte Innenminister Tomasz Siemoniak am Mittwoch deutlich gemacht, dass die Regierung in Warschau keine eigenmächtigen Patrouillen von Zivilisten dulde und jeden Fall von Amtsanmaßung und Behinderung des Grenzschutzes strafrechtlich verfolgen werde.
Polen führt Grenzkontrollen ein
Polen will ab kommendem Montag als Reaktion auf deutsche Grenzkontrollen vorübergehend eigene Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze einführen. Deutschland kontrolliert bereits seit Oktober 2023 stichprobenhaft an der Grenze zu Polen, um irreguläre Migration zu stoppen.
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Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte kurz nach dem Antritt der neuen Bundesregierung im Mai intensivere Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können.
Die Zurückweisungen aus Deutschland sind ein Reizthema für viele Polen. Die rechtskonservative Oppositionspartei PiS, von der auch das künftige Staatsoberhaupt Nawrocki gestützt wird, wirft der proeuropäischen Regierung von Donald Tusk vor, sie akzeptiere von Deutschland eine große Zahl von Migranten.
Staatschef in Polen hat mehr Macht als der Bundespräsident
Nawrocki sagte, er bedauere, dass der polnische Staat monatelang die Krise an der Grenze nicht in den Griff bekommen habe. „Er ist damit nicht fertig geworden, dass Deutschland Polen illegale Migranten zugeschoben hat, worauf die polnischen Bürger reagiert haben, und dafür danke ich ihnen.“ Die PiS hatte die eigenmächtigen Grenzpatrouillen der Bürgerwehren ebenfalls gutgeheißen.
Der 42 Jahre alte parteilose Nawrocki wird am 7. August die Nachfolge von Präsident Andrzej Duda antreten, der aus den Reihen der PiS stammt. In Warschau wird erwartet, dass Nawrocki auf einen harten Konfrontationskurs zu Tusks Regierung gehen wird, um dessen Mitte-Links-Bündnis zu Fall zu bringen.
In Polen hat das Staatsoberhaupt deutlich mehr Macht als der Bundespräsident in Deutschland. Er kann mit seinem Veto Gesetze blockieren und so die Arbeit der Regierung stark behindern. (Tsp/dpa)
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