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Leo XIV.: Warum der Papst diesen Namen gewählt hat – und was er über ihn verrät
Robert Francis Prevost stellt sich in eine Tradition, die bis ins fünfte Jahrhundert zurückreicht. Sein Vorbild dürfte jedoch ein politischer Papst aus der etwas jüngeren Vergangenheit sein.
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Qui sibi nomen imposuit: Leonem XIV – auf diese lateinischen Worte wartete am Donnerstagabend die ganze Welt. Denn sie besagten, dass sich der neue Papst, Robert Francis Prevost, den Namen Leo XIV. gegeben hatte – einen Namen also, den vor ihm bereits 13 andere Päpste trugen.
Womit sich Prevost in eine Tradition stellte, die bis ins fünfte Jahrhundert zurückreicht: Damals amtierte Leo I., der heute mit dem Beinamen „der Große“ versehen ist, und als Verteidiger des Glaubens auftrat. Auf dem Konzil von Calchedon verteidigte er die Lehre der Kirche gegen Irrlehrer, und ganz praktisch kämpfte er 452 gegen die einfallenden Hunnen.
Aus deutscher Sicht freilich ist ein anderer Leo interessanter. Leo X. aus dem Haus der Medici, der von 1513 bis 1521 Papst war, exkommunizierte seinerzeit den Reformator Martin Luther, der wie Prevost aus dem Augustinerorden stammte.
Doch es dürfte eher unwahrscheinlich sein, dass sich der neue Papst Leo XIV. genau diesen Namensträger zum Vorbild nahm: Denn der letzte Papst mit Namen Leo, Leo XIII., der zum Ende des 19. Jahrhunderts lebte, überstrahlte seinen Vorgänger aus der Reformationszeit um ein Vielfaches.

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Leo XIII. öffnete die katholische Kirche für die Neuzeit und versuchte vergeblich, die Kirchenspaltungen zu Anglikanern und Orthodoxen zu überwinden. Vor allem aber gilt Leo XIII. als Begründer der katholischen Soziallehre.
In der Enzyklika „Rerum Novarum“ kritisierte er die Ausbeutung der Arbeiter im Zeitalter der Industrialisierung. Er betonte die soziale Verpflichtung des Staates und die Koalitionsfreiheit der Arbeiter, während er gleichzeitig gegen den Sozialismus wetterte.
Eine programmatische Grundbesinnung auf die Herausforderungen der Gegenwart wäre für die Kirche vonnöten.
„Leo XIII. hat versucht, auf die Herausforderungen seiner Zeit programmatisch, das heißt mit sehr grundsätzlichen theologisch-philosophischen Theorien zu reagieren: mit katholischer Soziallehre und katholische Staatslehre vor allem“, sagt Georg Essen, Professor für Systematische Theologie am Zentralinstitut für Katholische Theologie der Humboldt-Universität zu Berlin, dem Tagesspiegel.
„So eine programmatische Grundbesinnung auf die Herausforderungen der Gegenwart wäre für die Kirche vonnöten: Krise der Demokratie, Krise sozialer Gerechtigkeit im Globalmaßstab und Klimakrise. Da gibt es seit langem schon keine klare Linie in der Lehrentwicklung.“
Mit seiner Namenswahl stellte sich der neue Papst sehr dezidiert in diese Kontinuitätslinie. Denn für einen langjährig in Peru tätigen Bischof, wie es Leo XIV. Nun einmal war, hat für Leo XIV. das Wort „Armut“ naturgemäß ebenso einen anderen Klang wie es das Wort „Migration“ für Menschen auf der wohlhabenden Nordhalbkugel hat.
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