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Die Journalistin Elena Milashina ist in Grosny brutal zusammengeschlagen worden.

© Telegram/Team Leader Against Torture

Brutaler Angriff auf Journalistin: Russland ermittelt wegen „mäßiger“ und „leichter“ Körperverletzungen

Elena Milashina berichtet für die „Nowaja Gaseta“ über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien. Angreifer brachen ihr Finger und schlugen sie zeitweise bewusstlos.

Nach dem Angriff auf die russische „Nowaja Gaseta“-Journalistin Elena Milaschina in Tschetschenien ist in Russland ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das für schwere Verbrechen zuständige Ermittlungskomitee teilte am Mittwoch mit, es ermittle wegen „mäßiger“ und „leichter“ Körperverletzungen bei dem Angriff auf Milaschina und den sie begleitenden Anwalt Alexander Nemow.

Milaschina berichtet seit Jahren über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien. Sie war am Dienstagfrüh zusammen mit dem Nemow angegriffen worden, der eine Verletzung durch einen Messerstich davontrug.

Nach Angaben ihres Chefredakteurs Dmitri Muratow prügelten die Angreifer auf Milaschina ein, brachen ihr die Finger und verlangten Zugang zu ihrem Smartphone. Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial hatte am Dienstag mitgeteilt, neben den gebrochenen Fingern habe Milaschina Prellungen „am ganzen Körper“ und verliere zeitweise das Bewusstsein.

In einem Video schilderte Milaschina, dass die Angreifer sie „rasiert und mit “Selionka' bespritzt„ hätten, einem chirurgischen Antiseptikum, das in den vergangenen Jahren bei Angriffen auf russische Oppositionelle eingesetzt wurde.

In dem Video äußerte die Journalistin zudem die Vermutung, dass der Angriff mit ihrer Arbeit mit Nemow zu tun habe. Sie habe gehört, wie die Angreifer zu dem Anwalt gesagt hätten, dass er „zu viele Menschen“ verteidige.

Putin über Vorfall unterrichtet

Der Chefermittler in Tschetschenien, Vitaly Wolkow, sagte dem Vorsitzenden des Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin, dass der Untersuchung eine Voruntersuchung vorausgegangen sei.

Ernsthafte offizielle Untersuchungen zu Menschenrechtsverletzungen sind in Tschetschenien sehr selten.

Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow versicherte am Dienstag, er habe die zuständigen Stellen beauftragt, „alles in die Wege zu leiten, um die Angreifer zu identifizieren“. Tschetscheniens Informationsminister Achmed Dudajew machte ohne die Vorlage von Beweisen „westliche Geheimdienste“ für den Angriff verantwortlich, warf Milaschina aber zugleich vor, sie habe die tschetschenischen Sicherheitsbehörden „über Jahre hinweg beleidigt“.

Journalistin berichtet über Menschenrechtsverletzungen

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Dienstag zunächst, Präsident Wladimir Putin sei über den Vorfall unterrichtet worden. Es handele sich um einen „sehr schwerwiegenden Angriff, der strenge Maßnahmen erfordert“. Am Mittwoch teilte Peskow dann mit, die Untersuchung des Falls brauche Zeit, die Ermittler täten ihre Arbeit. „Lassen Sie uns abwarten“, sagte der Kreml-Sprecher. „Alle Reaktionen wurden verbreitet, und jetzt werden alle Maßnahmen ergriffen.“

Die preisgekrönte Investigativjournalistin hatte jahrelang für die „Nowaja Gaseta“ über schwere Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien wie etwa außergerichtliche Hinrichtungen berichtet. Im Februar 2022 hatte sie laut Angaben ihrer Zeitung nach Drohungen Kadyrows, der sie als „Terroristin“ bezeichnete, Russland kurzzeitig verlassen.

Am Dienstag war Milaschina erneut nach Tschetschenien gereist, um aus der Regionalhauptstadt Grosny über den Ausgang eines Aufsehen erregenden Prozesses gegen Sarema Musajewa zu berichten. Diese ist mit einem Kadyrow-Gegner verheiratet und die Mutter dreier exilierter Kadyrow-Kritiker.

Bei der „Nowaja Gaseta“, deren Herausgeber Muratow 2021 den Friedensnobelpreis erhielt, wurden seit dem Jahr 2000 sechs Journalisten und Mitarbeiter getötet, darunter die Enthüllungsreporterin Anna Politkowskaja. (AFP)

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