zum Hauptinhalt
Screenshot: Das Bild zeigt eine Studentin im Iran, die aus Protest in Unterwäsche durch die Straßen Teherans läuft.

© X/@elicalebon/Screenshot: Tagesspiegel

Öffentlicher Protest in Unterwäsche: Iranische Studentin offenbar freigelassen

Der Protest einer iranischen Studentin, die sich öffentlich entkleidete, ist für die iranischen Behörden wohl erledigt. Die Frau soll wieder bei ihrer Familie sein, auch ein Gerichtsverfahren soll es nicht geben.

Stand:

Eine iranische Studentin, die sich aus Protest an ihrer Universität entkleidet hatte, ist nach Angaben der Justiz wieder bei ihrer Familie. Ministeriumssprecher Asghar Dschahangir erklärte laut iranischen Medienberichten, die Frau sei in die Obhut ihrer Angehörigen übergeben worden, „da festgestellt wurde, dass sie krank war“. Ein Gerichtsverfahren werde deshalb nicht eingeleitet.

Die junge Frau wurde vor rund zwei Wochen festgenommen und laut der Regierung in eine psychiatrische Klinik gebracht. Zuvor hatte die Studentin sich nach einem mutmaßlichen Zusammenstoß mit Ordnungskräften am Randes des Campus bis auf die Unterwäsche ausgezogen.

Der Fall an der Asad-Universität, die eigentlich für einen lockeren Umgang mit den strengen Kleidungsregeln bekannt ist, verbreitete sich rasch in den sozialen Medien und wurde als Protest gegen die islamischen Kleidungsvorschriften gedeutet.

Internationales im Video sehen Sie hier

Regierungsnahe Medien hingegen behaupteten, die Frau leide an psychischen Problemen, und forderten, ihre Privatsphäre zu respektieren. Aktivisten wiesen diese Darstellung zurück.

Wissenschaftsminister Hossein Simaei sprach von einem „unmoralischen“ Verhalten. Die Frau sei jedoch nicht von ihrer Universität verwiesen worden.

Was genau auf dem Campus geschah, bevor sie sich auszog, ist bis heute unklar und lässt sich nicht genau rekonstruieren. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte die Studentin ihre Kleider abgelegt, um gegen „die missbräuchliche Durchsetzung der Kopftuchpflicht durch Sicherheitsbeamte“ zu protestieren. Sie sei daraufhin „gewaltsam festgenommen“ worden.

Ziviler Ungehorsam für viele Frauen inzwischen Alltag

Die iranische Regierungssprecherin Fatemeh Mohadscherani bestritt einen Zusammenhang mit der islamischen Kleiderordnung und dass die Festnahme gewaltsam erfolgt sei. „Es ging eigentlich um etwas anderes“, sagte sie, „dieses Maß an Nacktheit wird nirgendwo akzeptiert“.

In der Islamischen Republik Iran gelten strenge Kleidungsvorschriften, die von der jungen Generation zunehmend offensiv ignoriert werden. Ihre Einhaltung wird zudem von sogenannten Sittenwächtern überprüft.

Seit den landesweiten Protesten im Herbst 2022 widersetzen sich viele Frauen in den Metropolen etwa der Kopftuchpflicht. Ein Fall wie dieser, bei dem sich eine Frau bis auf die Unterwäsche entkleidet, war bislang nicht bekannt.

Irans berüchtigte Sittenwächter hatten zu Jahresbeginn ihre Patrouillen in den Großstädten wieder verstärkt. In mehreren Fällen wurde von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die sich den Kontrollen widersetzten, sowie von Festnahmen berichtet.

Der neue, konservativ-moderate Präsident Massud Peseschkian hatte im Wahlkampf versprochen, dieses Thema anzugehen. Kritikern zufolge hat sich der Kurs der Polizei jedoch bislang kaum verändert. Die Kopftuchpflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik. (dpa/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })