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© dpa/DAMIEN MEYER

Öl transportieren und Europa bespitzeln: Russlands Schattenflotte wird offenbar auch zur Spionage eingesetzt

Ein Bericht von CNN deckt auf, dass Russland mit seiner Schattenflotte offenbar nicht nur Sanktionen umgeht. Besonders verdächtig ist das Verhalten eines Tankers rund um die Drohnensichtungen in Dänemark.

Stand:

Russische Sicherheitskräfte und Geheimdienstagenten sollen an Bord von Schiffen der sogenannten Schattenflotte Spionage in europäischen Gewässern betrieben haben. Das berichtet der US-Nachrichtensender CNN mit Bezug auf westliche und ukrainische Nachrichtendienste.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 hat Moskau eine Struktur von hunderten irregulären Öltankern aufgebaut, die trotz Sanktionen russisches Öl aus der Ostsee und dem Schwarzen Meer transportieren.

Kurz vor dem Auslaufen schiffen zusätzliche russische Crewmitglieder ein

Laut den Geheimdienstinformationen, über die CNN berichtet, wurden in den vergangenen Monaten auf mehreren dieser Schiffe kurz vor dem Auslaufen zusätzliche russische Crewmitglieder eingeschifft. In mehreren Fällen seien auf den Dokumenten russische Namen mit vollständigen Passdaten aufgetaucht.

Dem Bericht zufolge gehören einige dieser Männer der privaten russischen Sicherheitsfirma Moran Security Group an – einem Unternehmen, das enge Verbindungen zum russischen Militär und Geheimdiensten haben soll. Führungsfiguren arbeiteten einst für den russische Inlandsgeheimdienst FSB oder bei militärischen Spezialeinheiten. Die USA setzten Moran 2024 auf ihre Sanktionsliste, da die Firma bewaffnete Sicherheitsdienste für staatliche russische Unternehmen bereitstelle, etwa die Reederei Sovcomflot.

Einige der Männer hätten außerdem zuvor als Söldner gearbeitet, so CNN, darunter auch für die berüchtigte Wagner-Gruppe. Moran-Personal sei häufig die einzige russische Besatzung an Bord der Schiffe.

Schiffskapitäne kontrollieren und Militäranlagen fotografieren

Ihre Aufgaben gehen demnach weit über die Bewachung der Tanker hinaus: Moran-Mitarbeiter sollen militärische Anlagen in Europa fotografiert haben und dafür sorgen, dass die – meist nicht-russischen – Schiffskapitäne entsprechend der Interessen des Kreml agieren.

Der auf den Cookinseln registrierte Öltanker Eagle S wird verdächtigt, die Stromverbindung zwischen Finnland und Estland gestört zu haben

© dpa/VESA MOILANEN

Die Tanker durchfahren unter anderem die Ostsee, wo sie in unmittelbarer Nähe zu Dänemark, Schweden und anderen NATO-Staaten unterwegs sind. Wie CNN berichtet, gehen einige westliche Nachrichtendienste nun davon aus, dass Mitglieder dieser Crews auch in Sabotageaktionen verwickelt waren.

Der frühere dänische Geheimdienstoffizier Jacob Kaarsbo spricht gegenüber CNN von klassischer „plausibler Abstreitbarkeit“: „Jeder, der sich ein wenig auskennt, weiß, dass diese Leute Befehle vom russischen Staat entgegennehmen – aber beweisen lässt es sich kaum“

Zwei Russen an Bord des Tankers Boracay

Besonders im Fokus steht dabei der mehrfach umbenannte russische Tanker Boracay, der russisches Öl nach Indien transportiert hat. Geheimdienstunterlagen zufolge, die CNN einsehen konnte, gingen am 20. September zwei russische Männer in Primorsk in Russland an Bord. Auf der restlichen Besatzungsliste standen demnach Staatsbürger aus China, Myanmar und Bangladesch – die beiden Russen seien lediglich als „Techniker“ geführt worden. Einer soll zuvor bei der Polizei und für Wagner tätig gewesen sein.

Just zu dem Zeitpunkt, als der Tanker Boracay Dänemarks Küste passiert habe, sei es in mehreren Regionen des Landes zu mysteriösen Drohnensichtungen nahe militärischer Einrichtungen und am Flughafen Kopenhagen gekommen. Beweise für einen direkten Zusammenhang gebe es bislang nicht, doch die Indizien seien auffällig und verdächtig. „Unsere Arbeitsthese ist, dass russische Schiffe zumindest an manchen der Drohnenvorfälle in Europa beteiligt waren“, zitiert CNN einen europäischen Geheimdienst-Offiziellen.

Kurz darauf hätten französische Behörden den Tanker vor der Küste der Bretagne kontrolliert, nachdem er keine gültige Nationalitätsdokumentation habe vorweisen können. Erst bei dieser Kontrolle seien die beiden russischen Crewmitglieder entdeckt und befragt worden,

Dänische Seelotsen berichten laut CNN, dass sich auf mehreren Schattenflottenschiffen russische Männer auffallend autoritär verhalten hätten – teils in Uniform, möglicherweise sogar in russischer Marine-Tarnkleidung. Manche hätten unter anderem Brücken fotografiert und sich feindselig gegenüber Inspektoren verhalten. Die schwedische Marine habe zudem von „Antennen und Masten“ berichtet, die auf manchen russischen Tankern gesichtet worden seien – Ausrüstung, die üblicherweise nicht auf Handelsschiffen zu finden ist. (jmi)

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