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Alberto Núñez Feijóo könnte der nächste Ministerpräsident Spaniens sein.

© afp/Josep Lago

Parlamentswahlen in Spanien: Der „Moderate“, der bald mit den Rechten regieren könnte

Alberto Núñez Feijóo hat bei den kommenden Parlamentswahlen gute Chancen, Spaniens Ministerpräsident zu werden. Doch er braucht die Unterstützung der Rechtspopulisten.

Von Juan F. Álvarez Moreno

Stand:

„Ich wollte nicht in die Politik“, sagt Alberto Núñez Feijóo in einem Wahlkampfvideo für die spanischen Parlamentswahlen. Feijóo, der konservative Kandidat, läuft durch sein nordspanisches Heimatdorf und erzählt von seinem Leben.

Immer wieder fällt dabei das Wort „seriös“. Er präsentiert sich als Moderater, als Aufsteiger aus einfachen Verhältnissen, der am Ende aus Verantwortung doch in die Politik ging. Bei den Parlamentswahlen am 23. Juli könnte er ganz oben ankommen: Laut Umfragen hat Feijóo gute Chancen, gegen den regierenden Sozialdemokraten Pedro Sánchez zu gewinnen und Spaniens Ministerpräsident zu werden.

Der 61-jährige Feijóo ist seit 30 Jahren in der Politik. 2009 wurde er Ministerpräsident der nordwestlichen Region Galicien, wo er vier Wahlen mit absoluter Mehrheit gewann. Vor einem Jahr wählte die damals zerstrittene konservative Volkspartei (PP) Feijóo zu ihrem Parteichef und führt seitdem in den Umfragen.

„Feijóo wird als ein moderater Politiker mit viel politischer Erfahrung wahrgenommen“, sagt Fernando Vallespín, Politikprofessor an der Universidad Autónoma in Madrid, dem Tagesspiegel. „Er hat einen ruhigen politischen Ton eingeführt, den sich die Spanier offenbar gewünscht hatten.“

Als Ministerpräsident Sánchez die Regionalwahlen Ende Mai zu einer Abstimmung über sich selbst machte, verloren seine Sozialdemokraten klar gegen die PP. Nach der Wahlklatsche rief Sánchez vorgezogene Parlamentswahlen aus.

Die Unbeliebtheit des Ministerpräsidenten ist nun Feijóos Chance: „Er wird die Wahl nicht wirklich gewinnen, eher wird Sánchez sie verlieren“, sagt Vallespín. So groß sei der Hass gegen Sánchez bei vielen Spaniern.

Sánchez gilt vielen Menschen im Land als arrogant, unberechenbar und zu allem fähig. Laut einer Umfrage wollen fast 40 Prozent der sozialdemokratischen Wähler eine andere Person an der Macht sehen. Das ist nun Feijóos Chance.

Feijóos PP verspricht den Wählern Steuersenkungen und das Ende der Ära Sánchez, des „Sanchismus“. In einigen Aspekten wie Rentenerhöhungen oder dem Schutz von Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt klingt das Parteiprogramm fast sozialdemokratisch.

Feijóos moderate Strategie trifft allerdings auf harte Realität: Seine Partei kann laut Umfragen nur regieren, wenn sie mit der aktuell starken rechtspopulistischen Partei Vox paktiert.

In einigen Regionen ist die PP in den vergangenen Wochen Koalitionen mit Vox eingegangen, in anderen unterstützt Vox Minderheitsregierungen der Konservativen. Minderheitsregierungen sind in Spanien üblich, Koalitionen von Parteien aus verschiedenen politischen Lagern ein politisches No-Go.

Vox wirbt in ihrem Programm mit neuen Einschränkungen bei Abtreibungen und will das Gesetz zum Schutz queerer Menschen abschaffen. Mit einer Seeblockade sollen Marineschiffe die spanische Küste gegen die „massive Ankunft illegaler Migranten“ schützen. Zudem will Vox Parteien verbieten, die die Unabhängigkeit ihrer Regionen von Spanien anstreben.

Feijóo will nicht mit Vox paktieren. Er steht vor einem schwierigen Dilemma.

Fernando Vallespín, Politikprofessor an der Universidad Autónoma in Madrid

„Feijóo will nicht mit Vox paktieren“, sagt Politikprofessor Vallespín. „Er steht vor einem schwierigen Dilemma.“ Der Konservative werde bei einem guten Ergebnis – „etwa 150 von 350 Abgeordneten“ – eine Minderheitsregierung ohne die Rechtspopulisten anstreben. Einzelne Gesetze würde er dann im Parlament mit Vox und kleineren Parteien verhandeln müssen.

Gewinnt die PP die Wahl weniger deutlich, wird sie wohl eine Koalition mit Vox eingehen, wie Feijóo in einem Interview Anfang Juli zugab. Käme es dazu, dann glaubt Vallespín trotzdem nicht, dass sich Vox mit ihren „radikalen Vorhaben“ durchsetzen würde. Einige verstießen gegen die Verfassung und bei Themen wie Migration und Klimawandel könne sich Feijóo auf EU-Entscheidungen berufen.

Lediglich bei „Kulturkampf-Themen“ wie der sexuellen Aufklärung in den Schulen könnte Feijóo nachgeben. Doch Vallespín sagt auch: „Die spanische Gesellschaft wird keine großen Rückschritte tolerieren.“

Für Feijóo geht es bei den Parlamentswahlen in zwei Wochen um alles oder nichts: „Er weiß, dass seine politische Karriere zu Ende ist, wenn er nicht regieren kann“, sagt Politikprofessor Vallespín. Der Konservative, ein stolzer Mann, sei Wahlsiege gewohnt. Er werde mit aller Kraft versuchen, keine großen Zugeständnisse an die Rechtspopulisten zu machen, so Vallespín. „Er ist nicht zu allem bereit, um an die Macht zu kommen.“

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