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Peking fordert Brüssel zum Umdenken auf: EU-Kommission droht mit hohen Strafzöllen auf E-Autos aus China
Auf betroffene Hersteller könnten Zölle von bis zu 38,1 Prozent zukommen. Peking hatte zuvor erklärt, das nicht hinnehmen zu wollen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will verhandeln.
Stand:
China fordert die Europäische Union (EU) auf, die Zölle auf chinesische Elektroautos ernsthaft zu überdenken. In einem Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua hieß es am Donnerstag, es sei zu hoffen, dass die EU ihre Position nochmals überprüfe, da es für beide Seiten von Vorteil sei, in wichtigen Wirtschafts- und Handelsfragen zusammenzuarbeiten.
Die EU-Kommission droht mit hohen vorläufigen Strafzöllen auf E-Autos aus China. Das teilte die Behörde am Mittwoch mit. Ob Hersteller die Zölle von bis zu 38,1 Prozent tatsächlich zahlen müssen, hängt den Angaben zufolge davon ab, ob mit China eine andere Lösung gefunden werden kann. Gelinge das nicht, würden die Abgaben in bestimmten Fällen rückwirkend vom 4. Juli an einbehalten werden.
Zuvor schon hatte Chinas Außenministerium erklärt, höhere Zölle der EU nicht hinnehmen zu wollen. Das Ministerium in Peking teilte am Mittwoch mit, alle Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, um entschieden die eigenen Interessen zu verteidigen. Sonderzölle der Europäischen Union auf Elektroautos würden Marktregeln verletzen. Sie wären auch gegen die Interessen der EU.
Die Brüsseler Behörde wirft der Volksrepublik vor, mit Subventionen für E-Autobauer den Wettbewerb zu verzerren. Insbesondere die deutschen Autobauer sind stark vom Absatz in China abhängig – und fürchten daher Vergeltungsmaßnahmen aus Peking. Die USA haben bereits Strafzölle auf chinesische E-Autos und andere Produkte aus der Volksrepublik verhängt.
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck setzt auf Verhandlungen mit China - und warnt zugleich vor einem „Zollwettlauf“. „Entscheidend ist, dass jetzt gesprochen wird“, sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch am Rande einer Veranstaltung des Wirtschaftsrats der CDU in Berlin. „Zölle sind als politisches Mittel immer nur Ultima Ratio und häufig der schlechteste Weg.“
Habeck sagte, die Kommission habe ein differenziertes Gutachten vorgelegt. Dies sei eine Chance für China, sich auf dieses Gutachten einzulassen und im Gespräch mit der Kommission zu belegen, dass man die Missstände abschaffe, dass sie falsch bewertet seien, dass man an anderer Stelle Kompensation schaffe. „Also das Falsche wäre jetzt ein Selbstlauf der Schuldzuweisungen. Entscheidend ist das Gespräch“, so Habeck.
Wissing warnt vor Handelskrieg mit China
Deutschland sei ein handels- und exportorientiertes Land, das den offenen Markt und gleiche Wettbewerbsbedingungen brauche. Verstöße müssten im Zweifelsfall sanktioniert werden. Es gebe aber die Chance, dass man versuche, eine drohende Spirale zu unterbinden. „Denn das wäre wirklich schlecht, wenn Zölle als protektionistisches Mittel eingesetzt werden, wenn wir in einen Zollwettlauf mit China einsteigen, dann wäre das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“, so Habeck weiter
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte: „Es wäre aus unserer Sicht sehr wünschenswert, wenn man zu einer einvernehmlichen Lösung kommen kann. Wir brauchen nicht weitere Handelshürden, sondern wir müssen den Welthandel erleichtern.“
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat vor einem Handelskrieg gewarnt. „Durch mehr Wettbewerb, offene Märkte und erheblich bessere Standortbedingungen in der EU müssen Fahrzeuge preiswerter werden, nicht durch Handelskrieg und Marktabschottung“, schrieb Wissing am Mittwoch im Kurznachrichtendienst X. Die Strafzölle der EU-Kommission würden deutsche Unternehmen und ihre Spitzenprodukte treffen.
Die EU muss aufpassen, nicht zwischen die geopolitischen Mühlen zu geraten.
Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer
Der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Volker Treier, sagte, die Entscheidung der EU-Kommission werde für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft nicht ohne Folgen bleiben. Während die Zölle auch deutsche Autobauer in China betreffen, würden sich mit den bereits angekündigten Gegenmaßnahmen Chinas weitere Handelshemmnisse für die deutsche Wirtschaft anbahnen.
Zwar seien Wettbewerbsverzerrungen ein Problem, das Europa angehen sollte. Doch: „Die EU muss aufpassen, nicht zwischen die geopolitischen Mühlen seiner zwei wichtigsten Handelspartner zu geraten.“
„Die beste Antwort sind aber eigene gute Standortbedingungen und das Streben nach offenen Märkten und Wettbewerb, zum Beispiel durch einen umfassenden Bürokratieabbau und durch neue Handelsabkommen, die den Marktzugang etwa im Indopazifik und Lateinamerika spürbar verbessern“, sagte Trier weiter. Weitere Handelskonflikte müssten vermieden werden, ebenso wie eine stärkere Abschottung Europas.
Die deutsche Autoindustrie kritisierte die Brüsseler Entscheidung ebenfalls scharf. Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, sprach von einem „weiteren Schritt weg von globaler Zusammenarbeit“. Das Risiko eines globalen Handelskonfliktes nehme dadurch zu. Höhere Importzölle würden auch nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie stärken.
China zeigt sich schockiert
„Es liegt auch an China, mit konstruktiven Vorschlägen auf Europa zuzugehen, wettbewerbsverzerrendes Verhalten konsequent und schnell zu stoppen, um so eine Ausweitung von Handelskonflikten zu vermeiden“, sagte Müller. Man brauche China etwa auch, um die Klimakrise erfolgreich zu bewältigen.
Die chinesische Außenhandelskammer in der EU (CCCEU) zeigte sich „schockiert“ und „ernsthaft enttäuscht“. Die EU-Kommission setze auf protektionistische Handelspolitik.
Die Überzeugung in der veröffentlichten Bekanntgabe entbehre jeder sachlichen und rechtlichen Grundlage, hieß es vom chinesischen Handelsministerium. Die EU zeige protektionistisches Verhalten, das Spannungen im Handel hervorrufe und verstärke, hieß es.
Das Ministerium warf der EU weiter vor, die globale Lieferkette der Autoindustrie zu stören. „Die Europäische Kommission hält mit einer Hand das Banner der grünen Entwicklung hoch und schwenkt mit der anderen einen protektionistischen Knüppel“, sagte der Sprecher. China fordere die EU auf, ihre fehlerhaften Praktiken zu korrigieren und mit den wirtschaftlichen Spannungen im Handel durch Dialog angemessen umzugehen. (dpa, Reuters, AFP)
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