
© AFP/-
Pekings Reformpläne: Kommt China so wieder auf einen starken Wachstumskurs?
Am Donnerstag ging das Dritte Plenum in Peking zu Ende – das wichtigste politische Treffen des Landes in diesem Jahr. Drei China-Experten ordnen die Beschlüsse ein.
- Johnny Erling
- Doris Fischer
- Max Zenglein
Stand:
In Peking haben sich diese Woche die wichtigsten Parteikader des Landes getroffen: Beim sogenannten Dritten Plenum nicken sie Wirtschaftspläne ab, die die Parteispitze unter Xi Jinping zuvor beschlossen hat. Ein strauchelnder Immobilienmarkt, schwankende Regionalbanken, ungerechte Löhne und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit – die Volksrepublik steht vor vielen Herausforderungen.
Wird sie sie nun lösen können? Das erklären drei Experten. Alle Folgen des Formats „Drei auf eins“ lesen Sie hier.
Viele Floskeln, wenig Inhalt
Chinas „Drittes Plenum“ – das wichtigste politische Treffen des Jahres, das letzte Woche in Peking stattfand – wird diejenigen enttäuschen, die hiervon starke Impulse für Veränderungen der chinesischen Politik erwartet haben. Das Abschlussdokument der Plenarsitzung gibt dafür wenig Hinweise.
Das Dokument verkündet, dass das Plenum einen Beschluss gefasst habe, dass „die Reformen umfassend weiter vertieft und die Modernisierung mit chinesischem Charakter vorangebracht“ werden solle. Dieser Beschluss liegt noch nicht vor. Das Abschlussdokument behandelt kurz, viele Politikbereiche, bleibt deswegen auch vage. Über weite Teile werden stehende Floskeln des Parteijargons verwendet, die für den ungeübten Leser Worthülsen sind, in China aber durchaus für Politikkonzepte stehen.
Im Spiegel dessen, was an Reformen erhofft worden war, enttäuscht das Dokument. Eine Reform des Fiskalsystems durch eine Neuverteilung von Steuereinnahmen zugunsten der Lokalregierungen steht zum Beispiel nicht auf der Agenda, wohl aber wird eine Stärkung der zentralstaatlichen Steuerungskapazität angestrebt.
Das Plenum wurde begleitet durch Texte in staatlichen Medien, welche die Rolle Xi Jinpings für alle Reformen der Vergangenheit betonten. Auch wurde an das chinesische Selbstbewusstsein appelliert. Das Ausland habe China nicht zu belehren. Damit war schon vor Veröffentlichung des Abschlussdokuments klar, dass das Plenum eher auf Kontinuität und Stabilität setzen würde als auf weitreichende neue Impulse.
Der Einfluss von Xi Jinping auf die Wirtschaft wächst
Chinas Wirtschaftspolitik bleibt darauf ausgerichtet, ein neues Wachstumsmodell zu etablieren, das Innovation und Industrie priorisiert. Das Dritte Plenum trägt die deutliche Handschrift von Xi Jinping und signalisiert, dass der Einfluss der Kommunistischen Partei auf die Wirtschaft weiter zunehmen wird.
Daher müssen Xi Jinpings bestehende Bekenntnisse zu marktwirtschaftlichen Reformen und Liberalisierung im Kontext des wachsenden Einflusses der Partei auf die Wirtschaft gesehen werden. Das Dritte Plenum festigt die strategische Neuausrichtung des chinesischen Wirtschaftsmodells mit dem Ziel, China in den nächsten Dekaden als weltweit führende Wirtschaftsmacht und Technologieführer zu etablieren.
Daher stehen Konjunkturprogramme, die den strauchelnden Binnenkonsum oder Immobiliensektor ankurbeln würden, um das kurzfristige Wachstum zu stützten, nicht im Vordergrund. Auch wenn in dieser Phase des Umbruchs das Wirtschaftswachstum ins Stocken geraten ist, hält die Regierung unbeirrt an ihrem Kurs fest. Das Dritte Plenum verdeutlicht, dass sich die Führung um Xi Jinping trotz der derzeitigen wirtschaftlichen Spannungen auf dem richtigen Pfad sieht.
Erstmals Informationen über verschwundenen Minister
Vier Seiten umfasst das Kommuniqué, das das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei (KP) in dieser Woche zum Dritten Plenum veröffentlicht hat – lang ist das nicht. Konkrete Maßnahmen oder gar weitreichende Reformen sind darin nicht zu finden. Das Papier ist ein Versuch von Xi Jinping und seiner Partei, sich zu rechtfertigen, dass sie trotz aller Schwierigkeiten, die China hat, trotzdem auf dem richtigen Kurs sind.
Die konkreten Maßnahmen hierzu werden aber wohl erst in der kommenden Woche bekannt. Bis zum Jahr 2029 setzt die Partei erstmals einen Termin, bis wann die aktuellen Reformpläne umgesetzt werden sein sollen. Das zeigt, dass Xi Jinping mindestens bis dahin an der Macht bleiben will.
Fast interessanter als die Wirtschaftsabsichten sind beinahe die Personalien: Zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren gibt es offizielle Informationen über das Schicksal des plötzlich abgesetzten Außenministers Qin Gang.
Er, einst enger Vertrauter von Xi Jinping, wird weiterhin als „Genosse“ bezeichnet, der auf angeblich „eigenen Wunsch“ aus dem ZK zurückgetreten sei. Das deutet darauf hin, dass er später möglicherweise noch eine Position in der Partei bekommen könnte und ihm kein Prozess droht. All das zeigt: Die KP ist mit sich selbst beschäftigt, wagt aber keine überraschenden Wirtschaftsreformen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false