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Premierminister hatte Einwanderung kritisiert: Französische Sicherheitskräfte sollen Migrantenboote gerammt haben
Französische Polizisten sollen vor Mayotte gezielt Flüchtlingsboote rammen oder durch Wellenschlag zum Kentern bringen. Bei Kollisionen starben mindestens 24 Personen – oder gelten als vermisst.
Stand:
Französische Sicherheitskräfte setzen vor der Insel Mayotte offenbar lebensgefährliche Methoden gegen Migranten ein, das berichtet der „Spiegel“ nach einer gemeinsamen Recherche mit der investigativen Rechercheorganisation „Lighthouse Reports“ und weiteren Medienpartnern. Demnach würden französische Polizisten gezielt Flüchtlingsboote rammen oder durch Wellenschlag zum Kentern bringen.
20 Migranten versicherten dem „Spiegel“ und ihren Partnern demnach übereinstimmend, dass es solche Attacken gab. Ihre Schilderungen decken sich mit offiziellen Zahlen: Fünf tödliche Kollisionen dokumentierten französische Behörden in den vergangenen Jahren nahe Mayotte. Mindestens 24 Menschen starben dabei oder gelten als vermisst – die tatsächliche Zahl könnte höher liegen.
Auch französische Beamte sollen die Vorwürfe bestätigt haben – allerdings nur anonym. Ein hochrangiger Grenzschützer beschreibt das Vorgehen gegenüber dem „Spiegel“: Man schneide den Migranten „den Weg ab“. Hielten die Boote nicht an, werde der Bug gerammt. Ein anderer Beamter schildert eine weitere Taktik: Durch S-förmige Fahrmanöver schwappt Wasser in die Migrantenboote.
Die französischen Behörden schweigen zu den Vorwürfen. Einzig François-Xavier Bieuville, Präfekt von Mayotte, wies sie zurück. Seiner Darstellung zufolge führt man auf See nur Rettungseinsätze durch. Die Migranten selbst würden in die Boote der Beamten fahren.
Ex-Premier löste Debatte aus
Mayotte liegt im Indischen Ozean zwischen Mosambik und Madagaskar. Auf der französischen Inselgruppe leben etwa 310.000 Menschen, ihr Durchschnittsalter beträgt nur 23 Jahre. Die Insel kämpft mit den Folgen des Wirbelsturms „Chido“, der Ende 2024 mit Windgeschwindigkeiten von über 220 Kilometern pro Stunde über das Land fegte. Offiziell starben mehr als 30 Menschen, mehr als 5600 wurden verletzt. Zudem ist die Insel Ziel vieler Migranten – ein Thema, das auch die französische Politik beschäftigt.
Der damalige Premierminister François Bayrou löste Anfang 2025 mit Äußerungen über ein „Gefühl der Überflutung“ mit Blick auf Eingewanderte eine heftige Debatte aus. Ausländische Einflüsse seien positiv, „sobald sie einen bestimmten Anteil nicht überschreiten“, sagte Bayrou. Andernfalls entstehe Ablehnung. Der linke Flügel des Regierungslagers sowie die linke Opposition konterten mit heftiger Kritik.
In der Nationalversammlung verteidigte Bayrou daraufhin seine Wortwahl und verwies direkt auf Mayotte. Dort machten „Wellen illegaler Einwanderung“ 25 Prozent der Bevölkerung aus. „Das Wort ‚Überflutung’ ist das passende Wort“, erklärte er. (Tsp/dpa/AFP)
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