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Rede vor Hunderten Generälen: Beschwört Donald Trump einen Krieg im eigenen Land?
Vor den führenden Vertretern der Streitkräfte verschärft US-Präsident Donald Trump seine Rhetorik. Experten befürchten sogar Säuberungsaktionen.
Stand:
Für viele klingen die jüngsten Äußerungen des US-Präsidenten wie die Ankündigung eines Bürgerkriegs. Die USA stünden vor einem „Krieg von innen“, sagte Trump am Dienstag gegenüber führenden Vertretern der Streitkräfte.
Mehrere Hundert US-Generäle und Admirale hatte Verteidigungsminister Pete Hegseth, der sich inzwischen Kriegsminister nennt, zu einer bislang beispiellosen Versammlung auf dem Militärstützpunkt Quantico südlich von Washington einbestellt. Viele von ihnen waren nur für das Treffen aus der ganzen Welt angereist.
Hegseth verordnete den Truppen in seiner Rede eine ideologische Kehrtwende nach „Jahrzehnten des Niedergangs“. Die Parole laute: Weg von „woken“ Vorstellungen hin zu „höchsten männlichen Standards“.
Kein Applaus, starre Gesichter
US-Präsident Donald Trump hatte seinen Auftritt erst kurzfristig angekündigt – und sprach dann 73 Minuten lang. Seine Ermunterungen, zu klatschen oder zu lachen, blieben vom Publikum weitestgehend unbeantwortet. Trump blickte in starre Gesichter.

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So war nicht zu erkennen, was die Generäle dachten, als der US-Präsident sie auf einen Krieg im eigenen Land einzustimmen versuchte. Man müsse den „Feind im Inneren“ bekämpfen, sagte er.
„Gefährliche Städte“ als Übungsplätze für das Militär
Während Trump wieder einmal gegen die angeblich von der „radikalen Linken“ ruinierten Städte wie San Francisco, Chicago, New York oder Los Angeles wetterte, hatte er einen neuen Vorschlag: diese „gefährlichen Städte“ als Übungsplatz für das Militär zu nutzen. Auch hier gab es keine Regung aus dem Publikum. Verständlich, denn das US-Militär ist zu politischer Neutralität verpflichtet.
Trumps Wortwahl sei eine gefährliche Zuspitzung in seiner Rhetorik, meint der Verfassungsrechtler David A. Super, Professor an der Georgetown University in Washington, D. C. „Trump hat schon zuvor Demokraten beschuldigt, Amerika zu hassen. Aber die Formulierung ‚Feind im Inneren‘ in einer Rede an die Streitkräfte ist sehr viel bedrohlicher“, sagt er dem Tagesspiegel.
„Der aktuelle Moment ist ganz gefährlich“, sagt auch William D. Hartung, Senior Research Fellow am Quincy Institute for Responsible Statecraft, dem Tagesspiegel. Trump habe explizit auf Städte mit demokratischen Führungen verwiesen. Das sei ein gewolltes Missverstehen der Aufgaben des Militärs in einer Demokratie. Die Trump-Administration erwarte Loyalität zu einer Person, nicht zur Verfassung.
Ich bin nicht sicher, ob die Truppen, die aktuell entsendet werden, wirklich glücklich über ihre Mission sind.
William D. Hartung, Quincy Institute for Responsible Statecraft und Politikwissenschaftler
Zuletzt hatte Trump zunehmend versucht, Soldaten der Nationalgarde in Städten einzusetzen – oftmals mit Verweis auf Proteste gegen die Einwanderungsbehörde ICE. Erst kürzlich beorderte der Präsident die Nationalgarde nach Portland im Nordwesten der USA. Die Stadt und der Staat Oregon haben dagegen Klage eingereicht.
Hartung sieht Trumps Vorstoß zunächst als politischen Kampf. „Ich bin nicht sicher, ob die Truppen, die aktuell entsendet werden, wirklich glücklich über ihre Mission sind“, sagt Hartung. „Aber sollte wirklich jemand bei solch einem Einsatz sterben, hätten wir eine ganz andere Situation.“
Experten besorgt über eskalierende Rhetorik
Wie ein Kriegsgebiet, wie im Zweiten Weltkrieg sehe es in Portland aus, behauptete Trump und begründete so seine Entscheidung am Dienstag.
Experten betrachten die zunehmend härter werdende Rhetorik mit Sorge. „Unsere Straßen, unsere Schulen und unsere Spielplätze sind keine Kriegsgebiete. Schon der Einsatz von Truppen in amerikanischen Städten war beunruhigend genug – aber diese jüngste Eskalation der Rhetorik ist unfassbar“, schrieb Virginia Burger, leitende Verteidigungsanalystin beim Project on Government Oversight, in einem Statement.
Der Präsident hat dieses Gesetz schon in Kalifornien verletzt, als er Marines nach Los Angeles schickte. Wir müssen damit rechnen, dass er das erneut versucht.
David A. Super, Verfassungsrechtler
Das US-Recht verbietet den Einsatz der regulären Streitkräfte im Inneren, erklärt Verfassungsrechtler David A. Super. Bei der Nationalgarde sei das nicht ganz eindeutig, doch für Armee, Marines und die anderen Streitkräfte auf Bundesebene sei das ganz klar. Die Nationalgarde operiert auf Ebene der Staaten.
„Der Präsident hat dieses Gesetz schon in Kalifornien verletzt, als er Marines nach Los Angeles schickte. Wir müssen damit rechnen, dass er das erneut versucht“, sagt der Experte.
Auch wenn die Reden von Trump und Hegseth zunächst kurios erschienen, warnte die Politikwissenschaftlerin Risa Brooks davor, dass der Präsident das Militär nicht mehr im Dienst des Volkes sieht, sondern in dem einer Partei.
Das Treffen am Dienstag und Trumps Rede seien „Teil eines größeren Projekts, das darauf abzielt, die militärische Führung in parteipolitische Übereinstimmung mit der Regierung zu bringen“, schrieb Brooks auf Bluesky. Wem die Idee von einem politisierten Militär nicht gefalle, könne nur schweigen oder den Dienst quittieren.
Solche Fälle habe es in der Vergangenheit durchaus gegeben, meint Hartung, wo militärisches Personal, etwa nach der Teilnahme an Protesten, den Dienst quittiert habe. „Die Intention der Trump-Regierung ist eine Säuberung“, sagt er. Die Frage sei, ob einige der Generäle sagen werden: Das hier ist nicht mehr meine Auffassung davon, was das Militär bedeutet.
David Super wäre alarmiert, wenn nun viele Offiziere zurückträten. Das sei ein Zeichen, dass von ihnen etwas anderes verlangt werde als Treue zur Verfassung. Ursprünglich, sagt er, hatten Amerikas Gründerväter keine stehende Armee in Friedenszeiten vorgesehen – aus Furcht, dass diese gegen die Republik eingesetzt werden könnte. „Was Trump jetzt tut, weckt die Sorge, dass die ursprünglichen Befürchtungen der Gründerväter berechtigt waren“, sagt Super.
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