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Manfred Weber aus Deutschland, Vorsitzender der Fraktion der Europäischen Volkspartei, spricht im Europäischen Parlament.

© dpa/Jean-Francois Badias

„Sie werden nicht in Haft genommen“: Europapolitiker Weber verteidigt Pläne zur Überprüfung von Kindern an EU-Grenzen

Dem EU-Asylkompromiss zufolge sollen auch Familien mit kleinen Kindern an Europas Außengrenzen festgehalten werden. EVP-Fraktionschef Weber verteidigt die Reform gegen Kritik.

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Der Vorsitzende der größten Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, hat die Überprüfung auch von Kindern an den EU-Außengrenzen gegen massive Kritik verteidigt. „Wenn wir in das Gesetz reinschreiben, dass alle Zwölfjährigen automatisch nach Europa kommen dürfen, dann werden die Flüchtlingsboote voll sein mit Zwölfjährigen“, sagte der CSU-Politiker in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Die Schlepperbanden werden genau diese Konsequenz ziehen.“

Vertreter der 27 EU-Staaten, des Europaparlaments und der Europäischen Kommission hatten sich im Dezember auf eine Reform der Asylpolitik verständigt. Künftig soll jeder Flüchtling an den EU-Außengrenzen strikt kontrolliert werden. Wer nur geringe Aussicht auf Schutz in der EU hat, muss ein Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen. Kirchen, Menschenrechtsgruppen und Hilfsorganisationen kritisieren das Vorhaben, auch Familien mit kleinen Kindern unter haftähnlichen Bedingungen an den EU-Außengrenzen festzuhalten.

Weber, der dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken angehört, hält dagegen: „Sie werden nicht in Haft genommen. Sie werden in Einrichtungen gebracht, in denen geprüft wird, ob sie eine Einreiseberechtigung haben.“ Wer politisch oder aufgrund von Religion oder Rasse verfolgt werde, könne einreisen, ebenso Menschen aus Kriegs- oder Bürgerkriegsgebieten. „Diese humanitären Prinzipien wackeln für uns nicht.“ Klar sei aber auch, „dass 60 Prozent der Menschen, die in Deutschland ankommen, keinen Anspruch auf Asyl haben.“

Die Humanität sei mit den neuen Regeln gewährleistet, betonte der Vorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei in Brüssel. „Wir haben klar im Gesetz verankert, dass für Minderjährige ein besonderer Umgang notwendig ist.“ Er habe Vertrauen in die Behörden, die an der Außengrenze tätig sind: „Die Beamten von Frontex, die ich erlebe, das sind Europäer wie wir. Die haben ein Herz, eine Familie, die kümmern sich, wenn Kinder ankommen.“

Kein Kontinent tue derzeit so viel für Menschen in Not wie Europa, wenn es um Flüchtlingsfragen gehe, sagte Weber. „Der Vorwurf, Europa werde zu einer Festung, ist mit den Zahlen überhaupt nicht begründbar.“

Weber fordert mehr Geld für Rüstung

Die EU muss nach Überzeugung des Europapolitikers außerdem mehr Geld in Rüstung stecken. „Europa muss sich leider wieder mehr bewaffnen, Europa muss verteidigungsfähig sein“, sagte der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Brüssel. Er plädierte für eine größere militärische Unabhängigkeit und für eine gemeinsame EU-Armee.

Es gelte, „das größte Versprechen Europas zu halten, nämlich Friede“, sagte Weber. „Das wird nur gelingen, wenn wir abwehrbereit sind, wenn auch Abschreckung wieder ein Thema ist.“ Zur Europäischen Union als Friedensprojekt sagte Weber, an den Anfängen habe 1952 die Idee einer Verteidigungsgemeinschaft gestanden. Mit einer gemeinsamen Rüstungspolitik komme man also „eigentlich zurück zu den Wurzeln“.

Weber offen für europäische Armee

Weber sprach sich für den „Aufbau eines gemeinsamen europäischen Verteidigungspfeilers“ mit dem Nicht-EU-Staat Norwegen und mit Großbritannien aus, das zu den weltgrößten Waffenexporteuren zählt. Eine Rückkehr in die EU nach dem Brexit sei kein Thema, aber man müsse den Briten die Hand reichen und sie in die Schaffung eines gemeinsamen Marktes für Rüstungsgüter einbeziehen. „Jetzt ist die Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen“, sagte Weber.

Für mehr Koordination im Verteidigungssektor verwies er auf den EU-Binnenmarkt als Vorbild: „Wie wir im Rahmen des Binnenmarkts für alle möglichen Güter einheitliche Standards definiert haben, müssen wir das jetzt auch bei Rüstungsgütern machen, um effizienter zu arbeiten.“

Der Chef der Europäischen Volkspartei betonte: „Wenn die Europäer ihre Verteidigung gemeinsam in die Hand nehmen oder irgendwann miteinander eine Armee haben, können wir, wenn es nötig ist, unsere Werte auch robust vertreten in den Konflikten dieser Welt.“ Die EU dürfe aber nie eine Militärmacht werden mit dem Ziel, Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen. (KNA)

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