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Moldaus Präsidentin Maia Sandu hat den Wahlkampf ihrer proeuropäischen Partei angeführt und für einen EU-Beitritt ihres Landes geworben.

© Imago/NurPhoto/Artur Widak

Sie will ihr Land in die EU führen: Wer ist Moldaus Präsidentin Maia Sandu?

Bei der Parlamentswahl am Sonntag in Moldau hat sich die proeuropäische Partei PAS um Präsidentin Maia Sandu durchgesetzt – trotz möglicher Versuche Russlands, Wähler zu beeinflussen.

Stand:

Moldau hat sich entschieden – gegen Russland und für Europa. Maia Sandu, seit 2020 Präsidentin des Landes, hat einen großen Anteil daran.

Unermüdlich hatte die 53-Jährige im Wahlkampf für den proeuropäischen Kurs ihrer Partei PAS geworben, die am Sonntag ihre Mehrheit im Parlament verteidigen konnte.

Nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmen errang PAS 50,2 Prozent, wie die zentrale Wahlkommission in Chișinău am Montagmorgen mitteilte. An zweiter Stelle kam mit 24,2 Prozent der russlandfreundliche Patriotische Block um Ex-Präsident Igor Dodon. Die Wahlbeteiligung wurde mit rund 52 Prozent angegeben und lag damit etwas höher als 2021 (48 Prozent). 

Die Abstimmung galt als richtungsweisend für die Zukunft der ehemaligen Sowjetrepublik mit rund 2,4 Millionen Einwohnern – Sandu und ihre Partei bezeichneten sie sogar als wichtigste Wahl in der Geschichte ihres Landes seit der Unabhängigkeit. Ein Sieg des kremlnahen Blocks um Dodon hätte eine Rückkehr in den russischen Einflussbereich und eine Abkehr von der EU bedeutet.

Kampf gegen russische Einflussnahme

Sandu gilt als scharfe Kremlkritikerin und möchte ihr Land vor dem wachsenden Einfluss Russlands bewahren. Schon 2022 forderte sie ein gemeinsames Vorgehen der EU gegen russische Desinformationskampagnen.

Maia Sandu bei der Stimmabgabe am Sonntag.

© Imago/NurPhoto/Artur Widak

„Wir haben hier einen Informationskrieg“, sagte die prowestliche Staatschefin damals in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Zwar habe das Parlament in Chișinău ein Gesetz gegen Desinformation ausgearbeitet, „aber gegen Netzwerke wie Telegram können kleine Länder wie unseres nicht viel ausrichten“. Selbst Deutschland sei dabei bisher nicht erfolgreich, weshalb es „eine gemeinsame Politik gegen solche Desinformationsquellen“ bräuchte.

Auch vor dieser Wahl warnte sie nachdrücklich vor Propaganda aus Russland: „Es geht hier um die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit unserer Republik. Was wir sehen, ist ein enormer Druck aus Moskau, sich in die Wahlen einzumischen und die Wahlen zu beeinflussen“, sagte sie in einem am Samstag veröffentlichten Gespräch mit dem ZDF.

Moskau gebe „Hunderte von Millionen Euro“ dafür aus, „um politische Parteien zu finanzieren, sogar um Wähler zu bestechen oder junge Leute auszubilden, um Destabilisierungsaktivitäten zu organisieren“.

Moldauische Behörden sprachen ebenfalls von russischem Stimmenkauf, Desinformation in sozialen Netzwerken und Cyberattacken. Zwei russlandfreundliche Parteien waren vergangene Woche wegen des Verdachts auf illegale Wahlkampffinanzierung und Wählerbestechung ausgeschlossen worden.

Seine Sozialistische Partei landete auf dem zweiten Platz: Igor Dodon hielt am Sonntagabend eine Rede vor dem Büro der Wahlkommission und warf der Regierung Wahlmanipulation vor.

© AFP/Daniel Mihailescu

Moskau wiederum warf der moldauischen Führung Manipulation vor. So gab es am Wahltag Beschwerden, dass Bürger aus der abtrünnigen Region Transnistrien wegen einer im Zuge einer angeblichen Bombendrohung gesperrten Brücke nicht nach Moldau zur Abstimmung gelangen konnten.

An diesem Montag wird eine erste Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwartet, die in Moldau mit unabhängigen Wahlbeobachtern im Einsatz ist.

Studium in den USA

Sandu wurde 1972 als Kind eines Arztes und einer Lehrerin in der kleinen Gemeinde Risipeni im Verwaltungsgebiet Rajon Fălești an der rumänischen Grenze geboren. Nach dem Schulabschluss studierte sie Betriebswirtschaftslehre und diplomatische Beziehungen in Moldau.

2010 folgte ein Masterstudium im Fach „Öffentliche Verwaltung“ an der US-Elite-Universität Harvard. Im Anschluss arbeitete sie als Ökonomin bei der Weltbank, bis sie in die moldauische Politik wechselte und dort 2012 Bildungsministerin wurde.

Gründung ihrer Partei

Im Jahr 2015 sollte sie von der proeuropäischen Regierungskoalition erstmals für das Amt der Premierministerin nominiert werden, was jedoch scheiterte: Als Voraussetzung für ihre Kandidatur hatte sie den Rücktritt des Chefs der moldauischen Nationalbank und eines Staatsanwalts gefordert.

Stattdessen gründete Sandu ihre eigene Partei „Partidul Acțiune și Solidaritate“ (kurz: PAS, deutsch: Aktion und Solidarität) und erlangte bei der Präsidentschaftswahl 2016 in beiden Wahlgängen den zweiten Platz hinter dem prorussischen Politiker Dodon.

Wir haben in den vergangenen drei Jahren große Fortschritte gemacht. Ich glaube wirklich, dass die Republik Moldau bis zum Ende des Jahrzehnts EU-Mitglied sein kann.

Maia Sandu, Moldaus Präsidentin

Sandu war dann 2019 gut fünf Monate lang Ministerpräsidentin, bevor ihre Regierung an einem Streit um den Posten des Generalstaatsanwalts zerbrach.

Bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 konnte sie sich mit 57,75 Prozent der Stimmen gegen den damaligen Amtsinhaber Dodon durchsetzen. Sie erhielt dabei die Rekordzahl von 942.694 Stimmen.

„Wir werden das Land aufräumen. Die Diebe werden im Gefängnis sitzen und nicht in Führungspositionen des Landes“, versprach sie in ihrer Antrittsrede.

Eine Haltung, die sie nach eigenen Angaben während ihrer Zeit im Ausland fand: Erst dort habe sie verstanden, dass Dinge nur besser werden könnten, wenn verantwortungsbewusste Politiker „die Menschen mehr lieben als ihre eigene Tasche“, sagte sie einmal.

Bis heute ist die Korruptionsbekämpfung in Moldau eines von Sandus Hauptzielen. Doch dieser Prozess und angekündigte Justizreformen, die große Hoffnungen ausgelöst hatten, sind noch längst nicht abgeschlossen.

Zudem zählt das Land trotz Unterstützung aus dem Westen weiterhin zu den ärmsten Ländern Europas. Viele Moldauer haben ihr Land wegen mangelnder Perspektiven verlassen und arbeiten in der EU. 

Der Erfolg Sandus und ihrer Partei PAS wird also auch an einem möglichen Aufschwung gemessen werden. Hier setzt die Wirtschaftsexpertin auf eine rasche Annäherung an die EU.

Moldau ist seit 2020 Beitrittskandidat – ein Schritt, zu dem sich das Land zwischen der Ukraine und dem EU-Mitglied Rumänien nach Beginn der russischen Vollinvasion im Nachbarland entschieden hatte. Im Juni 2024 begannen zwar die Beitrittsverhandlungen, doch diese können sich erfahrungsgemäß über Jahre oder gar Jahrzehnte hinziehen.

Dennoch sieht sich Sandu auf einem guten Weg, dem ZDF sagte sie: „Wir haben in den vergangenen drei Jahren große Fortschritte gemacht. Ich glaube wirklich, dass die Republik Moldau bis zum Ende des Jahrzehnts EU-Mitglied sein kann.“ (vib, AFP, dpa, Reuters)

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