
© imago/Orietta Scardino
Strengere Regeln: EU-Parlament einigt sich auf neue Asylgesetze
Das EU-Parlament hat wesentliche Gesetzesvorschläge eines neuen Migrationspakts angenommen. Kann sich die EU doch noch vor der Europawahl auf eine Migrationsreform einigen?
Stand:
Das Europäische Parlament in Straßburg hat am Donnerstag mit großer Mehrheit ausstehende Gesetzesvorschläge des neuen europäischen Migrationspakt angenommen. Damit können nun die Trialog-Verhandlungen mit Vertretern von Parlament, Kommission und Rat beginnen.
Um die Personenkontrollen an den Grenzen zu verstärken, soll es demnach in Zukunft ein neues Screening-Verfahren geben. Dazu gehören unter anderem die Abnahme von Fingerabdrücken und weitere Sicherheitsprüfungen.
Neu ist außerdem ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus, um die stark betroffenen Mitgliedsländer am Mittelmeer zu entlasten. Das Asyl- und Migrationsmanagement soll insgesamt verbessert und Krisensituationen effektiver bewältigt werden.
So stellen wir in der EU sicher, dass wir stets wissen, wer einreist.
Birgit Sippel, SPD-Politikerin und Europaabgeordnete
Noch vor der Europawahl im kommenden Frühjahr will sich die EU endgültig einigen. Insbesondere die demokratischen Parteien wollen verhindern, dass Migration zu einem Wahlkampfthema wird. Sie befürchten, dass vor allem populistische Parteien am extremen rechten Rand davon profitieren könnten.
Es braucht Solidarität und eine gemeinsame Linie
Juan López Aguilar, der als Vorsitzender des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres maßgeblich an der Ausformulierung der Gesetzesvorschläge beteiligt war, forderte bereits am Mittwoch mehr „Solidarität“ im Umgang mit immer weiter steigenden Flüchtlingszahlen.
Das Problem drängt seit Jahren, regelmäßig machen Meldungen vom tausendfachen Sterben im Mittelmeer die Runde. Dennoch ist die Union weit davon entfernt, eine gemeinsame Linie in Sachen Migration zu finden.
Bereits im September 2020 machte die Europäische Kommission einen Anlauf zur Reform der bis dato kläglich gescheiterten Asyl- und Migrationspolitik, allerdings mit sehr mäßigem Erfolg. Tatsächlich umgesetzt sind bislang nur kleinere Teile, wie ein ausgeweitetes Mandat der EU-Asylagentur.
Das Parlament habe nun aber gezeigt, „dass in der Asyl- und Migrationspolitik ein Kompromiss über politische und geografische Grenzen hinweg möglich ist“, sagte die deutsche Europaabgeordnete Birgit Sippel, die wie López Aguila Mitglied des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten ist.
Uneinigkeit bei der Verteilung von Geflüchteten
In ihren Augen besonders wichtig ist das neue Screening-Verfahren, mit dem sichergestellt werden soll, dass alle irregulär eingereisten Menschen flächendeckend registriert. „So stellen wir in der EU sicher, dass wir stets wissen, wer einreist“, betont Sippel.
Weiterhin schwierig bleibt es, die einzelnen Regierungen zu mehr Solidarität bei derVerteilung der angekommenen Flüchtlinge auf ganz Europa zu bewegen. Über eine verbindliche Quote will in Brüssel ohnehin niemand mehr reden. Die meisten Länder setzen inzwischen auf einen restriktiven Kurs in der Asylpolitik und fordern, dass Zäune an den Außengrenzen aus dem EU-Haushalt bezahlt werden.
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Doch das Europäische Parlament kann sich in diesem Punkt auf keine gemeinsame Linie einigen. Bei den Haushaltsverhandlungen am Mittwoch fand ein Vorschlag für eine gemeinsame Position keine Mehrheit. Dort hieß es, dass Mauern und Grenzzäune auf keinen Fall aus dem EU-Haushalt finanziert werden dürften.
Hintergrund war ein Änderungsantrag der konservativen EVP-Fraktion, in dem unter anderem mehr Geld für die Sicherung der EU-Außengrenzen gefordert worden ist. Zustimmung gab es durch Abgeordnete der ID-Fraktion, einem Zusammenschluss rechtspopulistischer, nationalistischer und rechtsextremer Parteien.
In ganz Europa mache – ohne dass dies offen gesagt werde – das ungarische Beispiel Schule, meinte Constantin Hruschka am Donnerstag auf einer Veranstaltung des Mediendienstes Integration.
Dort fasste der Migrationsexperte und Forscher am Münchner Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik zusammen: „Ungarn hatte im vergangenen Jahr nur noch 46 Asylgesuche. Das hat viele bewogen, sich daran ein Beispiel zu nehmen und zu glauben, man sei im nationalen Alleingang besser aufgestellt.“
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