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Wie geht es jetzt weiter?: Moskaus Forderungsliste ist noch lang
Zwei Stunden lang telefonierte der US-Präsident mit dem Russlands – doch am Ende konnte er den Kremlchef nur zu einer partiellen Feuerpause bewegen. Wie geht es jetzt weiter?
Stand:
Erstmal ließ Russlands Präsident Wladimir Putin seinen US-amerikanischen Amtskollegen Donald Trump rund eine Stunde lang warten. Um 14.00 Uhr deutscher Zeit hätte das Telefonat der beiden Staatschefs am Dienstag beginnen sollen – so war es zumindest vom Kreml angekündigt worden.
Stattdessen trat Putin zu diesem Zeitpunkt bei einem Wirtschafts- und Industrietreffen in Moskau auf. Erst um 14.52 Uhr meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass, dass der Kremlchef sich auf den Weg zu seinem Arbeitsplatz gemacht habe.
Der US-Seite dürfte diese kleine Demütigung nicht entgangen sein – doch sie ließ sich nichts anmerken. Es laufe „gut“, teilte der stellvertretende Stabschef im Weißen Haus, Dan Scavino, mit, während das Gespräch noch lief. Am Ende dauerte es rund zwei Stunden.
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Auf eine generelle 30-tägige Waffenruhe – die Washington vorschlug und zu der Kiew sich bereit erklärte – konnten die beiden Präsidenten sich allerdings nicht einigen. Das ging aus Mitteilungen beider Seiten hervor.
Russland fordert Waffenliefer-Stopp an Ukraine
Es scheiterte an Russland: Putin bestehe darauf, dass dafür westliche Waffenlieferungen an die Ukraine komplett gestoppt werden müssten, teilte der Kreml mit. Stattdessen lasse man sich vorerst nur darauf ein, die Angriffe auf ukrainische Energieanlagen und andere kritische Infrastruktur für einen Monat einzustellen. Im Gegenzug sollen auch Kiews Truppen auf entsprechende Attacken verzichten. Zudem sollen am Mittwoch insgesamt 350 ukrainische und russische Kriegsgefangene ausgetauscht werden.
Nach Kreml-Angaben gab Putin seinem Militär den Befehl zu einem Stopp der Angriffe auf ukrainische Energieanlagen. Doch ab wann die partielle Feuerpause überhaupt gelten soll, war zunächst unklar. Eine Reaktion Kiews stand ebenfalls noch aus.
Auch die Mitteilung der US-Seite, die sich deutlich kürzer las, gab darauf keine Antwort. Sie verwies stattdessen noch auf „technische Verhandlungen“, die „unverzüglich“ über eine maritime Feuerpause im Schwarzen Meer aufgenommen werden sollten. Und: „Beide Staatschefs sind sich einig, dass dieser Konflikt mit einem dauerhaften Frieden enden muss.“
Zuletzt viel Druck auf Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte die Teil-Einigung als „ersten wichtigen Schritt“ auf dem Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine. „Der nächste Schritt muss ein vollständiger Waffenstillstand für die Ukraine sein – und das möglichst schnell“, sagte er am Abend nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Berlin.

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Doch davon ist man derzeit noch weit entfernt. Stattdessen war Putins und Trumps Telefonat wohl in erster Linie eine weitere Etappe im Bemühen des US-Präsidenten um ein schnelles Kriegsende, das einige Beobachter mittlerweile vor allem als Verrat an der Ukraine und als Appeasement gegenüber Aggressor Russland beschreiben. Davon, dass die USA einst der wichtigste Verbündete Kiews waren, ist mittlerweile kaum noch etwas zu spüren.
Vor knapp fünf Wochen hatten Putin und Trump das erste Mal miteinander telefoniert – und damit den Beginn dieser aufsehenerregenden und teils bizarren Verhandlungen eingeläutet. Als „lange und produktiv“ beschrieb Trump das Gespräch damals, er betonte Putins vermeintliche Friedensabsichten und den Willen, mit Russland in Zukunft wieder zusammenzuarbeiten.
Im Anschluss übte er massiven Druck auf die ukrainische Seite aus, sich nach mehr als drei Jahren russischer Vollinvasion zumindest teilweise dem Druck des großen Nachbarn zu beugen. Als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj es vor zweieinhalb Wochen wagte, bei einem Besuch in Washington auf Russlands Gräueltaten hinzuweisen und eigene Forderungen zu stellen, schmiss Trump ihn aus dem Weißen Haus.

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Anschließend stoppte er vorübergehend US-Militärhilfe sowie die Weitergabe von Geheimdienstinformationen, um das angegriffene Land gefügig zu machen. Es funktionierte: In der vergangenen Woche ließ die Ukraine sich – ohne dafür konkrete Sicherheitszusagen zu bekommen – auf den US-Vorschlag der 30-tägigen Waffenruhe ein.
Putin hingegen spielte auf Zeit, stellte eigene Bedingungen – und stieß damit bei der US-Seite auf offene Ohren.
Moskaus Forderungsliste ist noch lang
Trump dürfte die russische Zustimmung zur partiellen Feuerpause nun immerhin als kleinen Teilerfolg verkaufen können. Putin wiederum dürfte sich bestärkt darin fühlen, dass er der US-Seite noch vor dem Beginn offizieller Verhandlungen eigene Bedingungen diktieren kann und diese ernst genommen werden. Auch dass die US-Seite in den vergangenen Wochen stets Druck auf Kiew ausübte, aber nie auf Moskau, sendet eindeutige Signale.
Und Russlands Forderungsliste ist noch lang. So beharrt der Kreml weiter auf all seinen Kriegszielen, zu denen neben der vollständigen Eroberung aller annektierten ukrainischen Gebiete auch eine Auswechslung der politischen Führung in Kiew zählt.
Darüber hinaus will Putin unbedingt eine handlungsfähige Ukraine-Schutztruppe verhindern, die das Nachbarland verlässlich vor erneuten russischen Angriffen schützen würde. Kiew wiederum pocht genau darauf. Doch ob es sich am Ende durchsetzen kann, wird immer fraglicher.
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