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Auf Moskaus Andenkenmärkten sind die Machtverhältnisse klar: Wladimir Putin dominiert Donald Trump.

© AFP/OLESYA KURPYAYEVA

Danke, Wladimir!: Trumps Absage des Gipfels mit Putin ist eine gute Nachricht

Europa und die Ukraine haben Glück, dass das Treffen in Budapest vorerst nicht stattfindet. Klar ist: Die gefährliche Einigung auf einen falschen Frieden scheitert weiter an Moskaus Forderungen.

Christoph von Marschall
Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Stand:

Man darf Wladimir Putin geradezu dankbar sein. Donald Trump hat das Gipfeltreffen in Budapest mit dem Kreml-Chef abgesagt – vorerst jedenfalls. Aus Ärger darüber, dass Putin auf seinen Maximalforderungen beharrt und dem US-Präsidenten nicht einmal den Hauch einer Chance gibt, zu einer oberflächlichen Einigung zu kommen.

Das ist eine gute Nachricht. Denn der Deal, der Trump vorschwebt, würde keinen haltbaren Frieden bringen: Die Ukraine soll die von Russland besetzten Gebiete abgeben und würde im Gegenzug keine verlässliche Sicherheitsgarantie bekommen. Ein solcher Waffenstillstand mündet früher oder später in einen größeren Krieg an der Nato-Ostflanke.

Seit Trumps Amtsantritt hat sich die Lage für die Ukraine und für Europa gefährlich zugespitzt. Trump hat kein Interesse an einer belastbaren Ordnung für die Region an der neuen Frontlinie zwischen West und Ost. Er will einfach nur Ruhe in Europa haben und sich in der Illusion sonnen, er habe einen Frieden vermittelt, für den ihm der Friedensnobelpreis gebühre.

Putin will den alten Machtbereich zurück

Natürlich wünschen sich alle, die ein Herz haben, dass der Krieg endet und das Sterben aufhört. Eine nüchterne Analyse der Lage zwingt jedoch zu der Einsicht, dass bei einem falschen Ende das Morden und Sterben bald weitergeht, womöglich in größerem Umfang.

Putin sagt seit Jahren unmissverständlich, was sein Ziel ist: die Unterwerfung der Ukraine und das Ende ihrer souveränen Eigenstaatlichkeit. Und er will weit mehr: die Wiederherstellung des russischen Einflussbereiches in Mitteleuropa wie zu Sowjetzeiten. Das schließt Georgien, Moldau und die baltischen Staaten mit ein – auch wenn Estland, Lettland und Litauen heute Mitglieder der EU und der Nato sind.

Deutschland und Europa sind darauf angewiesen, dass die Ukraine weiterkämpft.

Christoph von Marschall

Putin hat die militärischen Mittel, dieses Ziel zu verfolgen – unter einer Bedingung: dass seine Truppen nicht mehr durch den Krieg in der Ukraine gebunden sind und er sie anderswo zum Angriff nutzen kann.

Dann wird es gefährlich, gerade auch für Deutschland und seine Bundeswehr. Die führt nämlich die Schutztruppe der Nato in Litauen an. Doch was das Bündnis dort bisher plant, wird Putin nicht abschrecken: Die Bundeswehr will bis 2027 eine Litauen-Brigade mit 5000 Mann aufstellen, die litauische Armee hat weniger als 20.000 Soldaten. Hinzu kommen ein paar Hundert aus anderen Nato-Staaten, um klarzumachen: Wer Litauen angreift, greift die ganze Nato an.

Doch das früher einmal verlässliche Versprechen, dass das Bündnis bei einem Angriff auf ein Mitglied mit seiner gesamten Kraft zur Verteidigung kommt, hat Trump aufgeweicht. Putin fürchtet die europäischen Nato-Staaten nicht. Das zeigen die Attacken und Provokationen gegen Estland, Polen, Dänemark.

Putin fürchtet die US-Militärmacht, nicht Europa

Respekt hätte Putin nur vor der US-Militärmacht. Doch ob die Europäer auf deren Beistand noch zählen können, ist ungewiss. Das wirkt auf Putin wie eine Einladung, es zu testen.

Auf sich gestellt sind Deutschland und die übrigen europäischen Nato-Staaten heute nicht fähig, das Bündnisgebiet zu verteidigen. Weil auch Putin das weiß, können sie ihn auch nicht von einem Angriff abschrecken.

So schrecklich es klingt: Wegen dieser selbst verschuldeten Lage sind Deutschland und Europa darauf angewiesen, dass die Ukraine weiterkämpft – und ihnen die Zeit schenkt, ihre vernachlässigten Fähigkeiten zu Verteidigung und Abschreckung wieder aufzubauen. Denn solange die Ukraine kämpft und Putins Truppen bindet, kann der schwerlich eine zweite Front eröffnen.

Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass das Gipfeltreffen Trump-Putin in Budapest nicht zustande kommt. Ein falscher „Frieden“ führt nur zum nächsten Krieg.

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