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Trump schickt das Militär nach Portland: „Er will die rechtlichen Grenzen austesten“
Der US-Präsident kündigt Maßnahmen gegen angebliche „inländische Terroristen“ an, Demokraten werfen ihm Machtmissbrauch vor. Was steckt hinter dem Vorgehen gegen die nächste Metropole?
Stand:
Seit Anfang des Sommers sitzen sie jeden Tag auf der anderen Straßenseite. Sie haben Campingstühle, Kostüme, manche auch selbst gebastelte Schilder, auf denen zum Beispiel „schämt euch“ steht. Sie – das sind meist nur ein paar Dutzend Demonstranten, die in Portland gegen das Vorgehen der US-Immigrationsbehörde ICE protestieren.
In den vergangenen Monaten haben sie auf dem Gehweg vor einem Sportwagen-Ersatzteilhändler Position bezogen, immer mit Blick auf das ICE-Gebäude gegenüber und auf die ein- und auskehrenden Beamten. Nun lässt US-Präsident Donald Trump schweres Geschütz auffahren, im wahrsten Sinne des Wortes.
Am Wochenende verkündete er in den sozialen Medien, das Militär in die Metropole im Bundesstaat Oregon im Nordwesten der USA entsendet zu haben. Die Truppen sollen dort ICE-Einrichtungen schützen. Er habe sie ermächtigt, „wenn nötig, mit voller Härte“ vorzugehen.

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In der vergangenen Woche hatte Trump die linke Antifa-Bewegung als Terror-Organisation eingestuft, obwohl es weder eine klare Führung, noch klare Strukturen gibt. In seiner Portland-Ankündigung bezieht sich der Präsident nun erstmals darauf und begründet den Schritt mit dem Kampf gegen „inländische Terroristen“.
Das US-Verteidigungsministerium, neuerdings Kriegsministerium, bestätigte, man stehe bereit, auf Anweisung des Präsidenten zu handeln. Unklar blieb zunächst, ob es sich um die Nationalgarde oder reguläre Truppen handelt.
Portland ist die neueste in einer Reihe von Städten, in die Trump bereits militärische Kräfte entsandt oder die Entsendung angekündigt hat. „Wir sehen hier ganz klar ein Muster“, sagt Ian Lesser, geschäftsführender Direktor des Brüsseler Büros des German Marshall Fund, dem Tagesspiegel.
Trump wolle „Stärke beweisen, wenn es um das Thema Einwanderung geht“, sagt Lesser. „Gleichzeitig will er den Druck auf die aus seiner Sicht radikale Linke hochhalten.“
Bislang haben diese Maßnahmen ausschließlich demokratisch geführte Städte getroffen. Auch in Portland und im Bundesstaat Oregon regieren die Demokraten. Gouverneurin Tina Kotek kritisierte Trump und wies seine Aussagen zurück. „Es gibt keinen Aufstand, keine Bedrohung der nationalen Sicherheit und keinen Grund für den Einsatz von Militär in unserer größten Stadt“, sagte Kotek. Jeder Einsatz von US-Soldaten wäre „Machtmissbrauch“. Mögliche Gegenmaßnahmen würden geprüft.

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Der demokratische US-Senator Ron Wyden aus Oregon, kritisierte auf X, dass Trump eine „autoritäre Übernahme von Portland“ starte. Und Kaliforniens demokratischer Gouverneur Gavin Newsom schrieb: „Donald Trump führt Krieg gegen amerikanische Städte.“
Mit zunehmender Gewalt in Portland lässt sich die Anordnung des Präsidenten zumindest nicht begründen. Laut der offiziellen Statistik ist die Gewaltkriminalität in Portland in den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 zurückgegangen, die Zahl der Tötungsdelikte sank um 51 Prozent.
Auch die Proteste vor der ICE-Behörde in Portland blieben meist friedlich. Einige hätten jedoch auch mit einem Einsatz von Tränengas geendet und die Einrichtung sei im Sommer für mehrere Tage geschlossen worden, berichtete etwa der Sender CNN.
Landesweit wird die Behörde häufiger Ziel von Protesten. ICE steht symbolhaft für die verschärfte Einwanderungspolitik und führt unter anderem Razzien durch, um illegale Migranten festzunehmen. Kürzlich wurde bei einer Schießerei auf eine ICE-Einrichtung in Dallas ein Mensch getötet.

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Doch der Konflikt zwischen Portland und der Trump-Regierung schwelt schon länger als seit diesem Sommer. Bereits in seiner ersten Amtszeit entsendete der Präsident Bundesbeamte in die Stadt.
2020 hatte es in Folge des Mordes an George Floyd durch einen Polizisten monatelange Proteste und Straßenschlachten gegeben. Kritikern zufolge haben Trumps Maßnahmen die Lage damals eher angeheizt als beruhigt.
Zudem bezeichnet sich die Stadt selbst als „Sanctuary City“. Der Begriff wird für Städte verwendet, die sich auf unterschiedliche Weise weigern, mit ICE zu kooperieren.
Wir haben das Ende noch nicht erreicht.
Ian Lesser, geschäftsführender Direktor des Brüsseler Büros des German Marshall Fund
Vergangene Woche schließlich hatten die örtlichen Behörden angekündigt, untersuchen zu wollen, ob eine ICE-Einrichtung in Portland gegen Vorschriften verstößt. So seien womöglich Menschen über Nacht oder länger als zwölf Stunden festgehalten worden – obwohl das nicht erlaubt sei.
Experte Ian Lesser vermutet hinter dem Vorgehen Trumps noch ein anderes Motiv als angebliche Gewalt oder Terroristen: „Es geht ihm darum, die rechtlichen Grenzen auszutesten. Zu sehen, wie weit er auch gegen den Widerstand lokaler Gruppen gehen kann.“
Und dieses Austesten seiner Macht werde weitergehen, glaubt Lesser. „Wir haben das Ende noch nicht erreicht.“ (mit Agenturen)
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