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Zerstörte Autos in Bangladesch

© REUTERS/FATIMA TUJ JOHORA

Übergriffe auf Minderheiten in Bangladesch: Hindus suchen angesichts zunehmender Gewalt Schutz in Indien

Im Schatten der Antiregierungsproteste kommt es auch zu Angriffen auf Minderheiten durch die muslimische Mehrheit. Besonders betroffen sind Hindus, die in den 1970er Jahren Opfer eines Genozids in dem Land wurden.

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Hunderte von Hindus aus Bangladesch haben angesichts der gegen sie gerichteten Gewalt die Flucht ins benachbarte Indien versucht. Nach Angaben des Hindu-Buddhistisch-christlichen Einheitsrates von Bangladesch vom Donnerstag wurden in dieser Woche in 45 von 64 Bezirken des Landes Häuser, Geschäfte oder Tempel der religiösen Minderheit angegriffen. Ein Lehrer sei getötet und 45 weitere Menschen verletzt worden, hieß es.

Viele Menschen, die in der Nähe von Indien leben, versuchen deshalb zu fliehen. Sie stoßen dabei aber auf Widerstand von beiden Seiten, wie Einheimische berichten. Beide Länder haben erklärt, dass sie seit den Ausschreitungen die Grenzpatrouillen verstärkt haben. Einem lokalen Regierungsvertreter im nordwestlichen Bezirk Thakurgaon zufolge haben etwa 700 bis 800 Hindus am Mittwochabend versucht, nach Indien zu fliehen. Zuvor seien mehrere ihrer Häuser angegriffen und geplündert worden.

„Sie kehrten nach Hause zurück, nachdem wir ihnen Schutz geboten hatten“, sagte Regierungsvertreter Mohammad Rakibul Hasan der Nachrichtenagentur Reuters. „Grenzschutztruppen patrouillieren in der Gegend. Jetzt ist alles in Ordnung und es gibt keine weiteren Berichte über Gewalt.“ Am frühen Donnerstag hatten sich etwa 300 Bangladescher an einem Grenzpunkt in der Nähe des indischen Distrikts Jalpaiguri versammelt. Die Gruppe löste sich aber später auf.

In den 1970er Jahren gab es einen Genozid an den Hindus Bangladeschs

Hindus machen etwa acht Prozent der 170 Millionen Einwohner des mehrheitlich muslimischen Bangladesch aus. Sie unterstützen traditionell eher die Awami-Liga-Partei der bisherigen Ministerpräsidentin Sheikh Hasina, die am Montag nach Indien geflohen ist.

Während des Bangladesch-Kriegs in den 1970er Jahren begingen Islamisten und das pakistanische Militär einen Völkermord an Hindus und vermeintlichen Unterstützern der Awami-Liga. In zwei Jahren wurden bis zu drei Millionen Menschen umgebracht.

Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus, der am Donnerstag nach Bangladesch zurückkehrte, um eine Übergangsregierung zu leiten, vermutet eine Verschwörung hinter den Angriffen auf Minderheiten. Er sagte aber nicht, wer hinter der Verschwörung stecken könnte. „Unsere Aufgabe ist es, sie alle zu schützen“, sagte er bei seiner Ankunft aus Paris in Dhaka.

Insgesamt wurden 300 Menschen während der Proteste getötet

Indien, das eine hinduistische Mehrheit hat, zeigte sich besorgt. „Es liegt in der Verantwortung jeder Regierung, für das Wohlergehen aller ihrer Bürger zu sorgen“, sagte der Sprecher des indischen Außenministeriums, Randhir Jaiswal. „Wir hoffen auf eine baldige Wiederherstellung von Recht und Ordnung in Bangladesch. Dies liegt sowohl im Interesse des Landes selbst als auch im Interesse der gesamten Region.“

Die von Studenten angeführten regierungsfeindlichen Proteste hatten im Juli begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen Quotenregelungen bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst und hatten sich dann zu einem Protest gegen Hasina ausgeweitet, bei dem es zu den schwersten Ausschreitungen seit der Unabhängigkeit des Landes vor über 50 Jahren kam. Insgesamt wurden dabei etwa 300 Menschen getötet und Tausende verletzt. (Tsp, Reuters)

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