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Dezember 2023: Saluschnyj gestikuliert auf einer Pressekonferenz in Kiew.

© IMAGO/Ukrinform

Ukraine-Botschafter warnt: Der Krieg mit Russland könnte noch rund zehn Jahre dauern

Ein Ende der russischen Invasion ist derzeit nicht in Sicht. Der ukrainische Diplomat und General Walerij Saluschnyj hat eine besonders pessimistische Einschätzung geteilt.

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Die dritte Verhandlungsrunde zwischen der Ukraine und Russland in Istanbul endete diese Woche – wie erwartet – ohne großes Ergebnis. Tag für Tag geht das Töten an der Front und auch in den von Moskau angegriffenen Städten weiter. Zu einer Waffenruhe hat sich der Kreml bisher nicht bereiterklärt. Selbst wenn, wäre das allein noch kein Grund zur Hoffnung, meint Walerij Saluschnyj.

Er war bis 2024 Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, in seine Amtszeit also fielen die russische Invasion im Februar 2022 und die Zurückdrängung der feindlichen Armee in die östlichen Regionen. Mittlerweile ist Saluschnyj Botschafter im Vereinigten Königreich.

Im Gespräch mit dem ukrainischen Medium „LB.ua“ sagte Saluschnyj nun laut Übersetzung von „kyivindependent.com“: „Wenn wir versuchen, eine Waffenruhe zu erreichen, ohne unsere zukünftige Verteidigung aufzubauen, wird der Krieg noch viele Jahre andauern. Er begann 2014 – so Gott will, wird er 2034 enden.

Das wären 20 Jahre Krieg, seit Russland im Jahr 2014 die Krim annektierte. Kurz danach begann die Unterstützung prorussischer Milizen, die im Osten der Ukraine – im Donbass – gegen ukrainische Soldaten kämpften. Die Invasion im Februar 2022 ist also nicht der Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine, wie sie im Westen häufig gesehen wird, sondern eine weitere Eskalation.

Momentan geht es an der Frontlinie vor allem ums Töten

Walerij Saluschnyj, ukrainischer Botschafter im Vereinigten Königreich

Abnutzunkskrieg: Russland stellt Taktik um

Im Gespräch ging Saluschnyj auch auf die veränderte Taktik der russischen Armee ein. Direkte Angriffe sind demnach einem Zermürbungskrieg gegen ukrainische Soldaten und die Zivilbevölkerung gewichen. „Momentan geht es an der Frontlinie vor allem ums Töten. 2022 fuhren Panzer vorneweg und dahinter kamen die Bodentruppen, jetzt wurden die Plätze getauscht“, sagte Saluschnyj.

Die Ukraine müsse ihre Verteidigungsstrategie und ihr Mobilisierungskonzept überarbeiten, damit Russland die demografischen und wirtschaftlichen Schwächen nicht ausnutzt, meint der ehemalige Armeechef. Ukrainer können ab 25 Jahren zur Armee eingezogen werden. Unter anderem aus den USA wurde Kiew gedrängt, dieses Alter weiter zu senken.

Daten des britischen Magazins „The Economist“ stützen Saluschnyjs Einschätzung zum Kriegsgeschehen. Sie legen nahe, dass Russland das Tempo seiner Eroberung jüngst zwar steigern konnte. Dennoch werden den Daten nach täglich nur etwa 15 Quadratkilometer Land besetzt – zum Preis von etwa 31.000 getöteten russischen Soldaten seit dem Beginn der aktuellen Offensive im Mai.

Anzeichen, wonach Russland bald Soldaten oder Material ausgehen, gibt es keine – zumal auch Moskau längst auf den massenweisen Einsatz vergleichsweise günstiger Kampfdrohnen setzt. (TMA)

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