
© AFP/Roman Pilipey
Ukraine-Invasion, Tag 1143 : Wie die Ukraine den Kampf um die besten Drohnen-Start-ups gewinnt
Der US-Sondergesandte Steve Witkoff ist für ein Treffen mit Wladimir Putin nach Moskau gereist. Russland schaltet offenbar systematisch Werbung für Söldner in China. Der Überblick am Abend.
Stand:
Für konventionelle Waffen ist die Ukraine nach wie vor von ihren internationalen Partnern abhängig. Erst heute haben sich die rund 50 Länder der Ramstein-Gruppe auf neue Militärhilfen im Wert von 21 Milliarden Euro verständigt. Doch bei Drohnen sieht die Sache anders aus: da entwickelt sich die Ukraine zur führenden Start-up-Nation, schreibt der Innovations-Redakteur der „Financial Times“, John Thornhill.
500 Drohnenhersteller gebe es inzwischen in der Ukraine, zitiert er Giorgi Tskhakaia, Berater im Ministerium für digitale Transformation – 2022 waren es noch vier. Natürlich sei die Ukraine Russland militärisch unterlegen, schreibt Thornhill. Aber: „Die technologisch-industrielle Struktur der Ukraine könnte sich als ihr größter militärischer Trumpf erweisen. Dieses Beispiel sollten andere europäische Länder, die jetzt dringend aufrüsten müssen, genau studieren.“
Ein großer Vorteil der Ukraine: ihr anpassungsfähiges Netz heimischer Hersteller, die von unmittelbarem Feedback der Streitkräfte an der Front, dem intelligenten Einsatz von KI-Software und lokalen Lieferketten profitieren.
Die Regierung in Kiew hat Genehmigungsverfahren für Waffen beschleunigt und wirtschaftliche und steuerliche Anreize für Investoren geschaffen, die private Drohnen-Start-ups unterstützen. Einheiten an der Front können direkt mit Herstellern verhandeln, wodurch Innovation und Lieferung beschleunigt werden. Start-ups, Risikokapital, Universitäten, die Regierung und Rüstungsunternehmen sind im Drohnen-Sektor eng verzahnt.
Dank dieses Systems kann die Ukraine derzeit über 100 Drohnentypen einsetzen. Dazu gehören unbemannte Luftfahrzeuge, die über unzerstörbare Glasfaserkabel gesteuert werden, autonome Bodenfahrzeuge zur Versorgung der Truppen an der Front und Kamikaze-Drohnen mit einer Reichweite von mehr als 1000 km, die Angriffe auf Moskau ermöglichen. Drohnen seien für 60 bis 70 Prozent aller Schäden auf russischer Seite verantwortlich.
Ukrainische Experten glauben, dass Militärdrohnen aus den USA oder Europa bei einem neuen Konflikt innerhalb weniger Wochen veraltet sein könnten, schreibt Thornhill. Nur wenige Militärführungen verstünden, dass die Technologie ständig angepasst werden muss – oder seien dazu in der Lage: „Europäische Rüstungsunternehmen müssen ganz schnell lernen.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Der US-Sondergesandte Steve Witkoff ist laut russischen Staatsmedien nach Moskau gereist. Dort werde er voraussichtlich den russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen, berichtete die US-Nachrichtenseite „Axios“ unter Berufung auf eine Quelle, die mit dem Thema vertraut sei, sowie das Tracking-Portal Flightradar. Mehr dazu hier.
- Deutschland und etliche andere Länder haben der Ukraine weitere Militärhilfen in Milliardenhöhe für den Abwehrkampf gegen Russland zugesagt. Der geschäftsführende Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte bei einem Treffen der sogenannten Ramstein-Gruppe in Brüssel unter anderem die kurzfristige Lieferung von Flugabwehrraketensysteme vom Typ Iris-T sowie von Kampfpanzern, Artilleriesystemen und Aufklärungsdrohnen an. Mehr dazu im Newsblog.
- Ein internes Protokoll der Bundeswehr, über das zuerst ein Rechercheteam von WDR, NDR und SZ berichtete, dokumentiert die Performance deutscher Waffen im Kriegseinsatz. In dem als Verschlusssache eingestuften Papier zieht ein hochrangiger Militärattaché der Deutschen Botschaft in Kiew gegenüber Offiziersanwärtern eine in weiten Teilen ernüchternde Bilanz der ukrainischen Erfahrungen mit deutschem Gerät. Mehr dazu hier.
- Estland hat in der Ostsee einen Öltanker festgesetzt, der zur sogenannten russischen Schattenflotte gehören soll. Nach Angaben der Marine des baltischen EU- und Nato-Landes wurde das Schiff „Kiwala“ in estnischen Hoheitsgewässern aufgehalten, um dessen rechtlichen Status und Dokumente zu überprüfen. Mehr dazu hier.
- Offiziellen Angaben aus Kiew zufolge haben russische Soldaten vier ukrainische Kriegsgefangene erschossen. Auf einem Video sei zu sehen, wie fünf in Gefangenschaft geratene Ukrainer von den Russen erschossen würden, schrieb der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez auf Telegram und X. Mehr dazu hier.
- Russlands Präsident Wladimir Putin hat Milliardeninvestitionen für die Aufrüstung der Kriegsflotte seines Landes angekündigt. „Im nächsten Jahrzehnt sind 8,4 Billionen Rubel (umgerechnet derzeit etwa 87 Milliarden Euro) für den Bau neuer Boote und Schiffe der Kriegsflotte vorgesehen“, sagte Putin russischen Nachrichtenagenturen zufolge auf einer Sitzung zur Entwicklung der Kriegsflotte in St. Petersburg. Mehr dazu im Newsblog.
- Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hält eine Debatte über eine mögliche künftige Rückkehr zu Gasimporten aus Russland für überflüssig. „Einstweilen habe ich überhaupt nicht den leisesten Anlass, darüber auch nur zu diskutieren“, sagte der SPD-Politiker am Freitag im TV-Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Weil verwies darauf, dass in der Ukraine durch den russischen Angriff weiter ein Krieg tobe.
- Die US-Botschafterin in der Ukraine, Bridget Brink, räumt ihren Posten. „Botschafterin Brink wird zurücktreten. Sie war dort drei Jahre lang Botschafterin – das ist eine lange Zeit in einem Kriegsgebiet“, schreibt das Außenministerium in einer E-Mail-Antwort an die Nachrichtenagentur Reuters, die zuvor berichtet hatte, Brink erwäge einen Rückzug.
- Großbritannien erwägt einem Medienbericht zufolge die Entsendung von Truppen in die Ukraine für fünf Jahre. Außerdem werde die Ukraine wird neue militärische Unterstützung im Wert von 450 Millionen Pfund (520 Millionen Euro) erhalten, wie das britische Verteidigungsministerium am Freitag mitteilte.
- Das russische Verteidigungsministerium erklärt, dass seine Streitkräfte das Dorf Zhuravka in der nördlichen Grenzregion Sumy eingenommen haben. Die Ukraine berichtete von verstärkten russischen Militäraktivitäten auf ihrer Seite der Grenze, bestätigte jedoch nicht, dass Zhuravka in russische Hände gefallen war.
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