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September 2022: Gasmasken aus der Sowjetzeit liegen auf dem Boden im Korridor der Schule Nr. 2, die als russische Militärbasis und Folterstätte in Isjum genutzt wurde. Solche von den Russen zurückgelassene Sachen sammelt das Heimatmuseum für ein „Museum der Besatzung“.

© dpa/Evgeniy Maloletka

Ukraine-Invasion, Tag 1237: Wie das „Geistermuseum“ von Isjum versucht, das Erbe der Stadt zu bewahren

Trump kündigt Patriot-Lieferung für die Ukraine an, US-Sondergesandter Kellog zu Besuch in Kiew. Der Nachrichtenüberblick.

Stand:

Mehr als 134.000 Exponate hat Russland seit Beginn des russischen Angriffskrieges bereits aus ukrainischen Museen entwendet, erst kürzlich hatten wir darüber berichtet (hier nachzulesen). Wie aber gehen die Museen selbst mit der Kriegssituation um? Der britische „Guardian“ hat sich in zwei dieser – wie die Zeitung schreibt – „Geistermuseen“ umgeschaut (Quelle hier).

Eines davon ist das Heimatmuseum in Isjum in der Oblast Charkiw. Zu Beginn des Krieges trafen gleich zwei Raketen das Haus, das Dach stürzte ein, es gab Überschwemmungen. Als die Region dann besetzt war, hatte das Museum im Gegensatz zu anderen Häusern Glück: Die Sammlung wurde nicht abtransportiert, und ein seltener Band mit Evangelien aus dem frühen 18. Jahrhundert wurde rechtzeitig vor den Besatzern versteckt.

Die Gefahr neuer Schäden durch Raketenangriffe und die Angst vor einer neuen Besatzung ist geblieben. Also wurde ein Großteil der Sammlung in Sicherheit gebracht. Was macht man aber mit einem Museum, das eigentlich leer ist? Dessen Türen für die Öffentlichkeit geschlossen sind? Ganz aufhören wollten die Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter jedenfalls nicht.

Sie bieten heute zum Beispiel Führungen durch zerstörte historische Gebäude der Stadt an und zeigen in den beschädigten Räumen Wechselausstellungen. Zu sehen sind Gemälde lokaler Künstler oder Fotografien von in Isjum stationierten Soldaten. „Wir versuchen, Erinnerungen zu bewahren“, sagte Museumsdirektorin Halyna Iwanowa dem „Guardian“. „Wir wollen den Menschen zeigen, wie die Stadt vor dem Krieg aussah, was aus ihr geworden ist und wie sie heute aussieht.“

Auch ein „Museum der Besatzung“ haben sie demnach aufgebaut. Es zeigt Gegenstände, die die Russen in der Stadt zurückgelassen haben. „So gibt es Beweise für ihre Anwesenheit hier und Beweise für die Verbrechen, die sie begangen haben“, erklärt die Direktorin. Ihrer Ansicht nach besteht die Aufgabe des Museums darin, „die Stadt auf irgendeine Art und Weise zu retten“ – und sei es lediglich in der Erinnerung der Menschen.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • US-Präsident Donald Trump will nach eigenen Angaben Patriot-Waffensysteme an die Europäische Union verkaufen, damit diese an die Ukraine geliefert werden können. „Für uns wird das ein Geschäft sein, und wir werden ihnen Patriots senden, die sie dringend brauchen“, sagte er am Sonntag (Ortszeit) vor Reportern. Mehr hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko mit der Leitung der Regierung beauftragt. Der Staatschef teilte nach einem Gespräch mit ihr bei Telegram mit, sie solle die Regierung umbilden. Den bisherigen Regierungschef Denys Schmyhal hatte Selenskyj bereits 2020 ernannt. Mehr im Newsblog.
  • Bei russischen Angriffen sind nach Angaben ukrainischer Behörden drei Menschen getötet worden. In der Region Sumy im Nordosten der Ukraine seien bei mehreren Angriffen zwei Männer getötet und zehn Menschen verletzt worden. In der Region Charkiw sei bei einer Attacke ebenfalls ein Mann getötet worden. Außerdem gab es demnach sieben Verletzte.
  • Der US-Sondergesandte Keith Kellogg ist zu seinem Besuch in Kiew eingetroffen. „Wir begrüßen den US-Sondergesandten in der Ukraine“, erklärte der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak via Telegram. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtete später auf X, er habe mit Kellogg über eine Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung und über die Lieferung von Verteidigungswaffen in Kooperation mit Europa gesprochen.
  • Russische Truppen haben nach eigener Darstellung die Ortschaft Myrne in der ostukrainischen Region Donezk eingenommen. Das russische Verteidigungsministerium schrieb in seiner Meldung dazu von der Ortschaft Karl Marx – so wurde die Siedlung früher genannt.  
  • Nach den Angriffen der Ukraine auf russische Flugplätze hat Moskau mit dem Bau von Schutzunterständen für die Luftwaffe begonnen, heißt es in einem Bericht des Instituts für Kriegsforschung (ISW). Satellitenbilder würden etwa den Bau von mindestens zehn Erdschutzwällen, zwölf Betonunterständen und acht Hangars auf der Basis Chalin in der Region Kursk zeigen.
  • Russland wirft der Ukraine einen Drohnenangriff auf ein Ausbildungszentrum des besetzten Kernkraftwerks Saporischschja vor. Die Ukraine habe bei dem Angriff am Sonntagabend drei Drohnen eingesetzt, teilt die russische Besatzungsverwaltung des Kraftwerks mit. Es sei allerdings „kein kritischer“ Schaden entstanden. 
  • China und Russland haben nach einem Treffen ihrer Außenminister ihre Zusammenarbeit bekräftigt. Der enge Kontakt solle „die Entwicklung und Wiederbelebung des jeweils anderen Landes fördern und gemeinsam auf die Herausforderungen einer turbulenten und sich verändernden Welt reagieren“, teilte das chinesische Außenministerium mit. 

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