zum Hauptinhalt
Soldaten der Ukraine an der Front (Symbolfoto).

© REUTERS/Serhii Korovainyi

Ukraine-Invasion, Tag 1252: „Warum sollten nur die Jüngeren Granaten schleppen?“

Russland bombardiert Gefängnis bei Saporischschja, Putin gehen offenbar die Sowjetpanzer aus. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Die Rekrutierungsprobleme der Ukraine machen sich schon seit Langem an der Front bemerkbar. Viele Soldaten sind erschöpft von den immer länger andauernden Einsätzen, zudem ist der Altersdurchschnitt enorm hoch. Das „Wall Street Journal“ hat sich mit einigen älteren Soldaten getroffen und mit ihnen über die Besonderheiten gesprochen, die ein Kriegseinsatz in höherem Alter mit sich bringt (Quelle hier).

Einer von ihnen ist Andriy Kukhar, der in der Nähe von Tschassiw Jar im Einsatz war, als die Reporter ihn trafen. Er sei zwar schon älter, sagte der 46-Jährige diesen, aber zu Hause herumsitzen, das sei nichts für ihn. „Warum sollten nur die Jüngeren Granaten schleppen, während ich mich zurücklehne und nichts tue?“, fragt er. Dennoch sei er dafür, dass auch die Jüngeren, die noch nicht eingezogen wurden, ihren Dienst an der Front leisten sollten. Sie müssten verstehen, „dass wir nicht aus Stahl sind. Wir verschleißen.“

Mykola Mykolajowytsch Yarko ist 59 Jahre alt und der älteste Soldat, den das „Wall Street Journal“ traf. Er sagt, seine Reaktionszeit sei nicht mehr so gut wie früher, aber er mache weiter. Er glaubt, der Vorteil der älteren Generation sei, dass diese psychologisch stabiler sei: „Junge Menschen sind geistig schneller erschöpft. Sie haben einfach noch nicht genug Lebenserfahrung.“

Die körperlichen Probleme, die ältere Soldaten haben, kennt auch Mykhailo Mendeluk, 52 Jahre alt. „Ich komme außer Atem, ich kann nicht mehr rennen, ich schaffe es nicht mehr“, sagt er. „Und mein Gedächtnis. Ich vergesse ständig Ding, wahrscheinlich wegen all der Explosionen.“ Er sagt, Krieg sei nichts für alte Männer, die Jungen sollten kämpfen.

Das sieht der 53-jährige Mykola Voskres anders. „Ich glaube nicht, dass wir 18-jährige Jungen mobilisieren müssen“, sagt er. „Unsere Generation ist in der Lage, diesen Krieg zu gewinnen. Wir brauchen nur mehr Ausrüstung und Munition.“ Die jüngere Generation solle sich darauf konzentrieren, ihr Leben und das Land nach dem Krieg wieder aufzubauen.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Eine Analyse der Kyiv School of Economics legt nahe, dass Russlands Vorrat an altem Kampfgerät, wie etwa alten Sowjetpanzern, schrumpft. Doch die Invasionsarmee verliert deswegen nicht automatisch an Schlagkraft, meint ein Experte. Mehr dazu hier.
  • Der deutsche Historiker und Essayist Karl Schlögel erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Als einer der Ersten habe der Osteuropa-Kenner vor der aggressiven Expansionspolitik Wladimir Putins gewarnt, so die Jury. Mehr hier.
  • Ukrainische Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 63 Jahren sollten in Deutschland kein Bürgergeld mehr beziehen, wenn es nach Stephan Mayer, dem außenpolitischen Experten der CSU, geht. Das sagte er im Gespräch mit der „Bild“-Zeitung. Demnach würde dies mehr als 150.000 Ukrainer betreffen. Mehr hier.
  • Durch einen russischen Luftangriff sind nach ukrainischen Behördenangaben 16 Häftlinge in einem Gefängnis bei Saporischschja getötet worden. 35 Häftlinge seien verletzt worden, teilte Militärgouverneur Iwan Fedorow auf Telegram mit. Mehr in unserem Newsblog.
  • Belarus treibt die Rüstungsproduktion für Russland offenbar massiv voran. Der Grund: Angesichts neuer Sanktionen sucht der Kreml dringend nach alternativen Lieferquellen für Komponenten von Drohnen, Raketen und anderen Hightech-Waffen, berichtet der ukrainische Auslandsgeheimdienst.
  • Bei einem russischen Angriff auf die Region Charkiw im Nordosten der Ukraine sind nach ukrainischen Angaben fünf Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Ein Dorf in der Region sei „mutmaßlich mit einem Mehrfachraketenwerfer“ der russischen Streitkräfte angegriffen worden, hieß es.
  • Nach Erkenntnissen von Polens Geheimdienst soll ein in Tschechien inhaftierter Kolumbianer im Auftrag russischer Geheimdienste zwei Brände im Land gelegt haben. Der 27-Jährige sei verantwortlich für die Feuer, die im Frühsommer 2024 in zwei Baustofflagern in Warschau und Radom ausgebrochen waren, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Verletzt wurde dabei niemand.
  • Die russische Regierung erklärt zu der von US-Präsident Donald Trump verkürzten Frist für greifbare Fortschritte zur Beendigung des Krieges, dieses habe man zur Kenntnis genommen. Russland werde den „militärische Spezialoperation“ genannten Krieg fortsetzen, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
  • Die EU hat Kiew über diplomatische Kanäle vor den Folgen gewarnt, sollte das Parlament nicht für die Aufhebung des Gesetzes zur Einschränkung der Unabhängigkeit der Antikorruptionsbehörden stimmen. Dies teilten mehrere Quellen der Website „Ukrainska Prawda“ aus der Regierung, dem Parlament und EU-Strukturen mit.
  • Der ukrainische Sicherheitsdienst hat eigenen Angaben zufolge einen Mord an Serhij Filimonow, Kommandeur des 108. separaten Bataillons der ukrainischen Streitkräfte „Wölfe Da Vinci“, vereitelt. Der Auftrag soll vom russischen Geheimdienst FSB geplant worden sein, wie die Pressestelle des SBU mitteilte. 
  • Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hat den von US-Präsident Donald Trump mit einem neuen Zollultimatum verschärften Druck auf Russland als wichtigen Schritt zum Frieden gelobt. Russland tue alles, um den Krieg zu verlängern und der Ukraine zu schaden, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })