
© REUTERS/Viacheslav Ratynskyi
Ukraine-Invasion, Tag 1265: Eine minutiöse Rekonstruktion der Kursk-Offensive
Merz will am Mittwoch mit Trump und Selenskyj beraten – und was von Trumps Treffen mit Putin am Freitag zu erwarten ist. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Vor gut einem Jahr begann die Ukraine ihre Offensive in der russischen Region Kursk. Rund 1300 Quadratkilometer brachte Kiew damals unter seine Kontrolle – Land, das es angesichts des von US-Präsident Donald Trump vage angekündigten „Gebietsaustauschs“ mit Russland gut gebrauchen könnte. Doch ein Jahr später bleiben von den ursprünglichen Eroberungen nur noch zehn Quadratkilometer übrig.
Die „Washington Post“ hat „die wagemutigste Bodenoffensive Kiews“ minutiös rekonstruiert (Quelle hier). Im Juni 2024 erhielt Dmytro Woloschin, Kommandeur der 82. Luftangriffsbrigade, vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte Oleksandr Syrsky den Befehl, einen Angriffsplan zu entwickeln – und dachte, die Armeeführung sei „verrückt geworden“, wie er der Zeitung sagte.
Doch über die nächsten sechs Wochen habe er seine Meinung geändert. Unter strengster Geheimhaltung studierten eine Handvoll Militärs Videomaterial aus der Region Kursk, identifizierten Schwachstellen und planten Routen aus der ukrainischen Region Sumy. Die Ukraine informierte keine ihrer internationalen Partner von dem Vorhaben, und auch innerhalb des Landes wussten außer dem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nur wenige von dem Plan. „Siege lieben Stille“, sagte Syrsky der „Washington Post“.
So habe Syrsky Tausende von Soldaten zu Übungsplätzen geschickt, wo sie Angriffsmanöver trainierten, ohne zu wissen, wo sie eingesetzt werden würden. Als diese Soldaten schließlich nach Sumy zogen, glaubten sie, sie würden sich auf die Verteidigung des ukrainischen Territoriums vorbereiten.
Land als Faustpfand zu gewinnen, war von Anfang an das Ziel. „Wir hatten ursprünglich eher überfallartige Aktionen geplant, aber dann habe ich diese Idee verworfen, weil mir klar wurde, dass wir dieses Gebiet brauchten“, sagte Syrsky in einem Interview mit der „Washington Post“. „Wir würden es für eine lange Zeit brauchen.“
Doch obwohl die Ukraine die Gebiete nach einem zermürbenden einjährigen Rückzug nicht mehr hält, hält Syrsky die Operation immer noch für einen Erfolg. Schließlich habe die Offensive russische Truppen und Ausrüstung gebunden, die sonst für Angriffe gegen die Ukraine eingesetzt worden wären – und habe so ukrainische Leben gerettet.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will nach deutschen Regierungsangaben am Mittwoch mit US-Präsident Donald Trump, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und europäischen Regierungschefs zum Ukraine-Krieg beraten. Trump will dann am Freitag in Alaska mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über ein Ende des Kriegs in der Ukraine verhandeln. Mehr im Newsblog.
- In Russland ist die Freude über das Gipfeltreffen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump groß – weil es in Alaska stattfindet. Der russische Sonderwirtschaftsbeauftragte Kirill Dmitrijew, ein wichtiger Vermittler zwischen dem Kreml und der Trump-Regierung, nannte die Entscheidung für Alaska als Tagungsort symbolisch wichtig für die Partnerschaft zwischen den USA und Russland. Mehr hier.
- Nach Ansicht von Nato-Generalsekretär Mark Rutte wird sich bei künftigen Verhandlungen über eine Friedenslösung im Ukraine-Krieg kaum vermeiden lassen, auch über die Zukunft der von Russland kontrollierten ukrainischen Gebiete zu sprechen. „Wir müssen im Moment zur Kenntnis nehmen, dass Russland einen Teil des ukrainischen Territoriums kontrolliert“, sagte Rutte dem US-Sender ABC News. Mehr im Newsblog.
- Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat den Menschen in der Ukraine eine große Kriegsmüdigkeit attestiert und die Notwendigkeit für Verhandlungen mit Russland betont. Klitschko plädierte im Interview mit der „Bild“ für eine „diplomatische Lösung“ mit Russland, bei der Gebietsabtretungen nicht ausgeschlossen wurden. Mehr hier.
- US-Vizepräsident JD Vance hat bekräftigt, dass sich die Vereinigten Staaten finanziell aus der Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland zurückziehen wollen. US-Präsident Donald Trump und er seien der Auffassung, „dass die USA mit der Finanzierung des Ukraine-Kriegsgeschäfts durch sind“, sagte Vance dem Sender Fox News in einem Interview, das am Freitag aufgezeichnet und am Sonntag ausgestrahlt wurde. Mehr hier.
- Drei Besatzungsmitglieder des Tankers „Eagle S“ werden in Finnland wegen des Verdachtes angeklagt, Ende 2024 mehrere Unterseekabel in der Ostsee beschädigt zu haben. Das Schiff wird verdächtigt, im finnischen Meerbusen fünf Unterseekabel durchtrennt zu haben, indem sie ihren Anker etwa 90 km lang über den Meeresboden schleifte. Mehr hier.
- Aus Gewinnen von eingefrorenem Staatsvermögen Russlands in der EU können weitere 1,6 Milliarden Euro zur Unterstützung der Ukraine genutzt werden. Die Zinserträge seien an die EU ausgezahlt worden und sollen nun als Finanzhilfe für die Ukraine verwendet werden, wie die EU-Kommission mitteilte. Mehr im Newsblog.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben ein langes Gespräch mit dem indischen Regierungschef Narendra Modi geführt und dabei auch über Sanktionen gegen russisches Öl diskutiert. Man habe ein persönliches Treffen im September vereinbart, erklärt Selenskyj.
- Ukrainische Angriffe auf die logistische Infrastruktur Russlands sollen derzeit neue Angriffspläne des Landes erschweren. Das berichtete der ukrainische Militärexperte Michail Schirochow in einem Interview mit dem Radiosender „Radio NV“.
- Die deutschen Ausfuhren in die Ukraine sind im ersten Halbjahr um knapp ein Drittel gestiegen. Sie wuchsen um 30,2 Prozent auf mehr als 4,6 Milliarden Euro, wie aus vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.
Hintergrund und Analyse
- Donald Trump
- Friedrich Merz
- Krieg in der Ukraine
- Kursk
- Russland
- Ukraine
- USA
- Vitali Klitschko
- Wladimir Putin
- Wolodymyr Selenskyj
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: