
© REUTERS/Sofiia Gatilova
Ukraine-Invasion, Tag 1308: Tankstellen als Symbole für den Durchhaltewillen der Ukrainer
Selenskyj zeigt sich überrascht über Trumps Äußerungen zum Kriegsverlauf, viele Fragen nach Drohnenalarm in Kopenhagen offen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
„Um die Auswirkungen des Krieges auf die Ukraine zu verstehen, halten Sie an einer Tankstelle“, überschreibt die „New York Times“ einen ihrer jüngsten Artikel über das Land (Quelle hier). Denn diese seien unverzichtbare Zwischenstopps für Soldaten auf ihrem Weg zur Front und zurück. Und sie seien eine wichtige Stütze bei den Kriegsanstrengungen des Landes, schreibt die Zeitung weiter.
Früher seien die Tankstellen nur zum Tanken und als Raststätten genutzt worden, heute böten sie den Soldaten für einen flüchtigen Moment ein „normales“ Leben. „Man könnte sie als ersten Außenposten der Zivilisation bezeichnen“, sagt etwa Dmytro, ein 25-jähriger Drohnenkommandant, der sich ein paar Chicken-Nuggets auf seinem Weg nach Kiew gönnt, wo er Ausrüstung für seine Männer holt. Die Tankstelle mit ihren Regalen voller Energy-Drinks und den gegrillten Würstchen sei den Soldaten „wie Las Vegas“ vorgekommen, sagt er im Gespräch mit der „NYT“.
Doch die Tankstellen dienen den Soldaten nicht nur dazu, den Krieg kurz hinter sich zu lassen, sondern sie haben auch eine wichtige Funktion übernommen. So sammelt manche Tankstelle mit dem Verkauf von Kaffee Geld für die Front, eine andere mit dem von Benzin. Soldaten wiederum erhalten Getränke und Speisen mitunter kostenlos. Und sie sind oft auch die Orte, an denen Freiwillige ihre Spenden an Soldaten übergeben.
„Die Tankstellen sind eine Metapher für die heutige ukrainische Gesellschaft“, sagt Kateryna Zarembo, eine Politikwissenschaftlerin, die als Sanitäterin in der Armee dient, der Zeitung am Telefon. Während die russischen Truppen vorrückten, seien Tankstellen wichtige Symbole. „Solange die Tankstelle steht, bedeutet das, dass sie noch unter ukrainischer Kontrolle ist“, sagte sie. „Sie ist eine Art Säule der Hoffnung.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Der Kreml hat die Aussage von US-Präsident Donald Trump über Russland als schwachen „Papiertiger“ zurückgewiesen. „Russland ist überhaupt kein Tiger. Bei Russland denkt man eher an einen Bären. Papierbären gibt es nicht. Russland ist ein echter Bär“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem Radiosender RBK. Mehr hier.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich nach der von Trump angekündigten Kehrtwende gegenüber Russland beim US-Präsidenten bedankt. „Mister President versteht die Situation genau und ist über alle Aspekte dieses Krieges gut informiert“, schrieb Selenskyj in der Nacht auf X. „Wir schätzen seine Entschlossenheit sehr, zur Beendigung dieses Krieges beizutragen.“ Mehr hier.
- Nach dem Drohnenalarm am Flughafen Kopenhagen ist weiter unklar, wer hinter dem Vorfall steckt. In dänischen Medien wird über eine mögliche Verantwortung Russlands spekuliert. Experten vermuten, dass die Drohnen von einem Schiff aus gesteuert worden sein könnten – möglicherweise solchen, die zur sogenannten russischen Schattenflotte gezählt werden. Mehr hier.
- Nach einem Angriff eines russisch sprechenden Duos auf einen Bundeswehr-Soldaten in der Oberpfalz ermittelt der Staatsschutz der Polizei. Laut einer Polizeisprecherin vermuten die Ermittler, dass das Motiv für den Angriff im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine steht. Mehr hier.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor den UN vor weiteren russischen Aggressionen gewarnt und dem russischen Staatschef Wladimir Putin vorgeworfen, den Krieg gegen sein Land ausweiten zu wollen. Die Republik Moldau verteidige sich gerade gegen russische Übergriffe, sagte Selenskyj. Die Antwort der internationalen Gemeinschaft darauf sei aber nicht ausreichend. Mehr im Newsblog.
- Ex-Armeechef Walerij Saluschnyj hat nachträglich den inzwischen gescheiterten ukrainischen Vorstoß ins russische Grenzgebiet Kursk wegen der hohen Verluste kritisiert. „Der Preis dieser Handlungen ist mir unbekannt, doch offensichtlich ist, dass er zu hoch war“, schrieb der Militär, der aktuell als ukrainischer Botschafter in London dient, in einem Artikel für das Onlineportal „Dserkalo Tyschnja“.
- Ein russisches Militärflugzeug hat nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius in der Ostsee eine Fregatte der Deutschen Marine überflogen. Der SPD-Politiker stellte den Vorfall im Bundestag in eine Reihe mit dem Eindringen von russischen Drohnen und Kampfflugzeugen in den polnischen und estnischen Luftraum.
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will höhere Zölle auf die noch verbleibenden russischen Ölimporte in die Europäische Union verhängen lassen. Ein Sprecher sagte in Brüssel, weitere Details zu dem Plan würden zu gegebener Zeit vorgelegt.
- Die Bundesregierung hat die mögliche Kurskorrektur von US-Präsident Donald Trump in der Ukraine-Politik begrüßt. Die Äußerungen Trumps „geben uns Anlass zur Hoffnung, dass wir intensiviert jetzt nochmal über das Thema sprechen können“, sagte Regierungssprecher Steffen Kornelius am Mittwoch in Berlin.
- Italien wird in Reaktion auf die jüngsten Luftraumverletzungen durch Russland ein in Estland stationiertes Luftabwehrsystem länger als bisher vorgesehen in dem baltischen EU- und Nato-Land belassen. Dies gab der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto einem estnischen Rundfunkbericht zufolge bei einem Besuch auf dem Luftwaffenstützpunkt Ämari bekannt.
- Bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf den russischen Flottenstützpunkt Noworossijsk am Schwarzen Meer sind nach offiziellen Angaben mindestens zwei Zivilisten getötet worden. Drei weitere Personen hätten Verletzungen erlitten, teilte Gouverneur Wenjamin Kondratjew auf Telegram mit.
- Ein spanisches Militärflugzeug hat nach Angaben des Madrider Verteidigungsministeriums nahe der russischen Exklave Kaliningrad eine GPS-Störung verzeichnet. An Bord habe sich unter anderem Verteidigungsministerin Margarita Robles befunden.
- Der ukrainische Militärgeheimdienst ist in die Server der russischen Besatzungsbehörden auf der Krim eingedrungen. Dabei erbeuteten die Hacker über 100 Terabyte an internen Daten, wie die ukrainische Nachrichtenseite Fakty.com.ua berichtet. Besonders brisant sind Informationen über verschleppte Minderjährige.
- Russland will zur Finanzierung seiner Rüstungsausgaben die Mehrwertsteuer anheben. Das Finanzministerium in Moskau schlägt vor, den Satz ab 2026 von 20 auf 22 Prozent zu erhöhen. Die Steuererhöhungen seien „in erster Linie auf die Finanzierung von Verteidigung und Sicherheit ausgerichtet“, erklärt das Ministerium weiter.
- Russland verlegt zunehmend Truppen in die Nähe des Dorfes Datschi am Ostufer des Dnipro. Ziel ist es offenbar, die strategisch wichtigen Stellungen rund um die Antoniwka-Brücke einzunehmen. Das erklärte Wladyslaw Woloschyn, Sprecher der ukrainischen Südverteidigung, im ukrainischen Fernsehen.
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