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Das Wohngebäude, das von herabfallenden Trümmerteilen getroffen wurde.

© IMAGO/UKRINFORM/IMAGO/Kirill Chubotin

Ukraine-Invasion, Tag 1324: „Vor dem Angriff herrschte völlige Stille, kein Geräusch“

Zwei Millionen Menschen in Kiew ohne Wasserversorgung, 23 Kinder aus russisch besetzten Gebieten in Sicherheit gebracht. Der Nachrichtenüberblick.

Stand:

Gestern hatten wir an dieser Stelle darüber geschrieben, dass Russland seine Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur mit Beginn der kälteren Jahreszeit intensiviert hat. Auch in der Nacht zu Freitag gab es wieder solche massiven Attacken – unter anderem auf die Hauptstadt Kiew. Mehr als 400 Drohnen sollen die Russen dabei eingesetzt haben.

Die Folge: In vielen Haushalten fielen Strom und Wasser aus (mehr dazu in unserem Nachrichtenüberblick), in Kiew wurde zudem ein Wohnhaus durch herabfallende Drohnen-Trümmer beschädigt. Reporter des ukrainischen Online-Portals „Kyiv Independent“ berichteten, dass es um 2:30 Uhr zu lauten Explosionen und Raketenangriffen gekommen sei, eine Stunde später folgten weitere Explosionen (Quelle hier).

Wie aber erlebten die Kiewer diese Nacht? Der „Kyiv Independent“ sprach mit einigen Bewohnern des getroffenen Wohnhauses. „Vor dem Angriff herrschte völlige Stille, kein Geräusch. Dann plötzlich eine Explosion“, sagte einer den Reportern. „Es muss also eine Gleitdrohne oder etwas Ähnliches gewesen sein.“

Serhii Zaboliev lebt im 15. Stock des Gebäudes. Er habe keine Schüsse gehört, aber ein Nachbar habe eine Drohne gesehen, die offenbar in Flammen stand. Die Luftabwehr hatte nach offiziellen Angaben die meisten der russischen Drohnen in der Nacht abschießen können.

Seine Familie sei in Sicherheit, sagte Zaboliev dem „Kyiv Independent“. Der Schaden in seiner Wohnung sei gering, einen Fensterrahmen hätte es ausgehebelt. Vielmehr seien der 6. und 7. Stock des Gebäudes beschädigt worden. „Das Schlimmste war zu sehen, wie Menschen das Gebäude verletzt verließen“, berichtet er weiter. „Frauen in Tränen, weinende Kinder. Das ist das schrecklichste Gefühl.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Die baltischen Staaten bereiten sich mit Plänen für die Evakuierung Hunderttausender Menschen auf einen möglichen russischen Truppenaufmarsch oder Angriff vor. Estland, Lettland und Litauen warnen seit Langem ihre Nato-Verbündeten vor einer russischen Aggression. Mehr hier.
  • Die Bundeswehr plant einem Medienbericht zufolge eine massive Stärkung der Drohnenabwehr. Wie das „Handelsblatt“ unter anderem aus Kreisen des Bundesverteidigungsministeriums erfuhr, will die Bundesregierung noch in diesem Jahr mehr als 600 Flugabwehrpanzer des Typs Skyranger 30 vom Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall bestellen. Mehr hier.
  • Russlands nächtlicher Angriff auf die Infrastruktur in der Ukraine hat nach deren Angaben die Wasserversorgung von zwei Millionen Verbrauchern in Kiew vorübergehend unterbrochen. 4000 Gebäude in der Hauptstadt seien noch immer ohne Wasser, schreibt der stellvertretende ukrainische Ministerpräsident, Olexij Kuleba, auf Telegram. Mehr in unserem Newsblog.
  • Polen bietet seinem Nachbarland Ukraine Hilfe nach dem russischen Angriff auf die dortige Energieinfrastruktur an. Generatoren, zusätzliche Stromversorgung und ein LNG-Terminal stünden der Ukraine zur Verfügung, sagt der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski. 
  • Russland blockiert angeblich zunehmend die Ausreise seiner Bürger ins Ausland. Dafür nutzen die Behörden elektronische Einberufungsbescheide, die über das staatliche Portal „Gosuslugi“ verschickt werden. Laut dem Telegram-Kanal Baza führt der Eintrag einer Vorladung in das Register automatisch zu einer Ausreisesperre.
  • Im September sind in der Ukraine nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 214 Zivilistinnen und Zivilisten getötet und fast 1000 weitere verletzt worden. Damit sei der September ein verheerender Monat für die Zivilbevölkerung gewesen, teilte die UN-Mission zur Menschenrechtsbeobachtung in der Ukraine mit.
  • Der Kreml hat der ukrainischen Führung vorgeworfen, sie habe den Istanbuler Verhandlungsprozess um eine mögliche Friedenslösung unterbrochen. „Er steht auf Pause wegen des Unwillens des Kiewer Regimes, auf irgendeine Weise auf die Fragen zu antworten, die von uns gestellt wurden“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem kremlnahen Korrespondenten des Staatsfernsehens, Pawel Sarubin.
  • Der russische Präsident Wladimir Putin zeigt laut Matthew Whitaker, US-Botschafter bei der Nato, derzeit keine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen. Die internationale Gemeinschaft müsse daher den Druck auf Moskau weiter erhöhen, erklärte Whitaker auf einer Konferenz in Riga.
  • Bei einem russischen Angriff in der Nacht zum Freitag ist nach ukrainischen Angaben ein sieben Jahre alter Junge getötet worden. Der Junge sei bei dem Angriff in der Region Saporischschja im Südosten des Landes verletzt worden und im Krankenhaus gestorben, erklärte der örtliche Gouverneur.
  • Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge 23 Kinder und Jugendliche aus russisch besetzten Gebieten des Landes in von Kiew kontrollierte Territorien gebracht. Die Rettungsaktion sei Teil des Programms „Bring Kids Back UA“ von Präsident Wolodymyr Selenskyj gewesen, teilte Stabschef Andrij Jermak über den Nachrichtendienst Telegram mit. 

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