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Ukraine-Invasion, Tag 1335: Warum einige chinesische Staatsbürger aufseiten der Ukraine kämpfen
Russland will kein Einfrieren der Front, Warschau warnt Putin, durch polnischen Luftraum zu fliegen. Der Nachrichtenüberblick.
Stand:
Rund 8000 Freiwillige aus anderen Ländern sollen aufseiten der Ukraine gegen Russland kämpfen, wie die Ukraine im August bekanntgab. Unter diesen befinden sich auch chinesische Staatsbürger. Der britische „Guardian“ hat mit mehreren von ihnen gesprochen und zeigt auf, was sie zu diesem Schritt bewogen hat (Quelle hier).
Einer von ihnen ist Tim, der nur bei seinem englischen Namen genannt werden möchte. Im Juli 2023 kam er in die Ukraine, zuvor hatte er die Lage in dem Land monatelang – via VPN-Zugang über westliche Medien – verfolgt und Geld über Online-Aktionen gespendet. „Zu dieser Zeit war ich in China arbeitslos. Ich wollte einfach als Freiwilliger in die Ukraine gehen“, etwa um Spenden seiner Freunde zu übergeben.
Für die Armee entschied er sich nach einem verheerenden russischen Angriff im Juli 2024, bei dem auch das Ochmatdyt-Kinderkrankenhaus schwer getroffen wurde. „Als ich die abgetrennten Gliedmaßen sah, von denen einige von Kindern stammten, begann ich zu weinen“, sagt er. „Ich dachte an die Wut, die die Chinesen empfinden können. Wenn sie einmal entfacht ist, ist sie sehr intensiv.“
Auch Fan (dessen Namen die „Guardian“-Redaktion zum Schutz änderte) zog als Freiwilliger in die Ukraine. Die Corona-Pandemie hatte seine geschäftlichen Unternehmungen kaputt gemacht, er war ebenfalls arbeitslos und hatte Schulden angehäuft. „Zu Hause habe ich im Grunde nichts getan“, sagte er den Reportern. „Ich hatte das Gefühl, dass ich so ein unspektakuläres Leben nicht weiterführen konnte.“ Er habe etwas tun wollen, „das sich sinnvoller anfühlte“.
Beiden gemein ist nicht nur Sympathie für die ukrainische Sache, sondern auch die zunehmende Verzweiflung über die politische Richtung, die ihr Heimatland einschlägt. „Vor fünfzehn Jahren konnte man Probleme sehen, frei darüber sprechen, und es gab Menschen, die bereit waren, darüber zu diskutieren“, sagt Tim über China. Aber diese Zeiten seien vorbei.
China selbst gibt immer wieder an, sich neutral im Russland-Ukraine-Konflikt zu verhalten. Auch wenn Peking keine direkte militärische Hilfe an Russland leistet, so ist der Handel zwischen beiden Ländern stark gestiegen, und Experten gehen davon aus, dass aus China Komponenten etwa für Drohnen nach Moskau kommen.
80 Prozent der befragten Chinesen, so zeigt laut „Guardian“ eine Studie der Manchester Metropolitan University, hätten im ersten Kriegsjahr prorussische Ansichten vertreten. Entsprechend schätzen chinesische Freiwillige in der Ukraine, dass es höchstens ein paar Dutzend Kämpfer aus ihrem Land in der ukrainischen Armee gebe.
Was Menschen wie Tim dazu motiviert hat, neben seiner Erfahrung nach dem russischen Angriff? Er wolle sich ein neues Leben in Europa aufbauen und der Welt zeigen, „dass es viele Chinesen wie mich gibt. Ich möchte, dass die Welt China nicht aufgibt.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Nach einem Anruf aus Moskau hatte US-Präsident Donald Trump ein weiteres Treffen mit Wladimir Putin angekündigt. Während die Fronten in der Ukraine weiter brennen, sorgt der geplante Gipfel in Budapest international für Empörung. Mehr hier.
- Das nächste Treffen zwischen dem US-Präsidenten und dem russischen Machthaber soll in Ungarns Hauptstadt stattfinden. Eigentlich ist der EU-Luftraum aber für russische Flugzeuge gesperrt. Aber nun signalisiert das EU-Land Bulgarien, dass es Putin einen Überflug erlauben will. Mehr hier.
- Polen warnte dagegen Putin davor, durch polnischen Luftraum zu reisen. Polen könne sich dann gezwungen sehen, den internationalen Haftbefehl gegen Putin zu vollstrecken, erklärte die Regierung in Warschau am Dienstag.
- Anders als von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen, will Russland die Kämpfe nicht an der aktuellen Frontlinie im Ukraine-Krieg einstellen. „Wenn man einfach so aufhört, bedeutet das, die Ursachen dieses Konflikts zu vergessen“, sagte Außenminister Sergej Lawrow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Mehr in unserem Newsblog.
- Mehrere EU-Staats- und Regierungschefs sowie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatten sich dagegen dafür ausgesprochen, die derzeitige Frontlinie als „Ausgangspunkt“ für Verhandlungen mit Russland zu betrachten. Sie unterstützten „nachdrücklich“ die Position von Trump, „dass die Kämpfe sofort beendet werden sollen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
- Seit Anfang Oktober haben russische Truppen die Zahl ihrer Angriffe im Frontabschnitt bei Pokrowsk offenbar nahezu verdoppelt und damit den Druck auf die Stellungen der ukrainischen Verteidiger enorm erhöht. Das berichtete das 7. Schnellreaktionskorps der ukrainischen Luftsturmtruppen am Dienstag via Facebook. Demnach sei die Situation in dem Frontabschnitt „angespannt“.
- Ukrainische Truppen haben nach eigenen Angaben im Frontabschnitt bei Lyman russische Soldaten gefangengenommen, die kleine Zettel mit Selbstmordbefehlen bei sich trugen. Das berichtete der ukrainische Major Maksym Bilousov in einem Interview mit dem Sender „Suspilne.News“. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben bislang nicht.
- Russland hat die Ukraine in der Nacht erneut mit Angriffen aus der Luft überzogen. In der südukrainischen Stadt Cherson wurden drei Menschen bei Drohnenangriffen verletzt, wie der Gouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, mitteilte. Im Norden des Landes machen der Stadt Tschernihiw wiederholte Angriffe Russlands auf die wichtige Versorgungsinfrastruktur zu schaffen.
- Der US-Nachrichtensender CNN berichtet von Zweifeln an einer baldigen Begegnung zwischen Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin. Unter Berufung auf Kreise des US-Präsidialamts meldet CNN, das erwartete Vorbereitungstreffen von US-Außenminister Marco Rubio und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow werde vorerst nicht stattfinden.
- Der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergej Naryschkin, bezeichnet die weltweite Sicherheit laut einem Medienbericht als so zerbrechlich wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Um einen neuen globalen Konflikt zu vermeiden, sei Kompromissbereitschaft erforderlich, sagt Naryschkin der Nachrichtenagentur RIA zufolge.
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