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Ukraine-Invasion, Tag 1336: „Putin verabscheut das europäische Projekt“
Russische Drohne trifft Kindergarten in Charkiw, Trump will „kein vergeudetes Treffen“ mit Putin. Der Nachrichtenüberblick.
Stand:
das diplomatische Ringen um einen Frieden in der Ukraine gleicht derzeit einem regelrechten Hin und Her und bleibt dramatisch. Während US-Präsident Donald Trump bereits einen neuen Gipfel mit Russlands Machthaber Wladimir Putin angekündigt hatte, reagierte er nun auf Berichte, dass dieser wackele, mit den Worten, er wolle kein „vergeudetes Treffen“. Moskau wiederum betonte, die Vorbereitungen gingen weiter, und der Gipfel sei nicht abgesagt (mehr dazu in unseren Nachrichten des Tages).
Zur gleichen Zeit warnte der frühere ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba auf dem „World In Progress“-Forum in Barcelona erneut eindringlich vor der Gefahr, die von Russland ausgehe. „Der größte Fehler, den die Europäer heute machen können, ist zu glauben, dass ihnen nicht das passieren kann, was uns passiert ist. (...) Putin will das europäische Projekt zerstören“, zitiert die spanische Zeitung „El Pais“ Kuleba (Quelle hier).
„Einige denken, dass Putin die Ukraine hasst, aber keinen Grund hat, andere Europäer zu verachten, und dass er sie nicht angreifen wird“, sagte der frühere Minister demnach weiter. „Er verabscheut jedoch auch das europäische Projekt, weil es alles repräsentiert, gegen das er kämpft.“ Das europäische Projekt müsse aus Sicht Putins zerstört und untergraben werden, um zu beweisen, dass sein autoritäres Regierungsmodell das richtige sei.
Kuleba lobte zwar die Anstrengungen Europas, sagte aber zugleich: „Die Geschichte ist gnadenlos: Sie beurteilt dich nicht danach, was du getan hast, sondern danach, ob du genug getan hast, um der Bedrohung zu begegnen.“ Leider sei die Bedrohung durch Russland immer noch größer als die unternommenen Bemühungen, dem zu begegnen.
Er fand auch deutliche Worte in Bezug auf die USA: „Der Luxus, unter dem Schutzschirm der Vereinigten Staaten zu leben, ist vorbei.“ Derzeit seien weder Washington noch Moskau Europa gegenüber besonders freundlich gesinnt, jeder auf unterschiedliche Weise. Deshalb müsse sich Europa gemeinsam verteidigen. „Ich glaube, wenn Europa und die Ukraine zusammenstehen, kann uns niemand trennen. Weder Putin noch Trump noch beide, wenn sie sich dazu entschließen“, sagte Kuleba.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- US-Präsident Donald Trump möchte sich erst dann mit Kremlchef Wladimir Putin treffen, wenn ein produktiver Gipfel mit dem Russen zu erwarten ist. Medienberichte, denen zufolge das geplante Treffen auf Eis gelegt wurde oder sich zumindest verzögert, bestätigte Trump nicht direkt. Allerdings entgegnete er auf Nachfrage einer Journalistin: „Ich möchte kein vergeudetes Treffen.“ Mehr hier.
- Nach der Lockerung der Ausreisebestimmungen kommen deutlich mehr junge Männer aus der Ukraine nach Deutschland. Wie das Bundesinnenministerium der Nachrichtenagentur AFP bestätigte, stieg die Zahl der eingereisten jungen Ukrainer im Alter von 18 bis 22 Jahren von 19 pro Woche Mitte August auf über 1000 Mitte September an. Im Oktober wuchsen die Zahlen demnach noch weiter. Mehr hier.
- In Rumänien sind in der Nacht zwei F-16-Militärflugzeuge und zwei deutsche Kampfjets des Typs Eurofighter Typhoon alarmiert worden, nachdem Moskau einen Angriff auf die ukrainische Hafeninfrastruktur an der Donau durchgeführt hatte. Laut Verteidigungsministerium registrieren die rumänischen Überwachungssysteme „eine Gruppe von Flugobjekten“ in Richtung des Donaudeltas. Mehr hier.
- Die Region Poltawa tief im Zentrum der Ukraine soll erstmals mit einer modifizierten russischen Langstrecken-Gleitbombe angegriffen worden sein. Das berichten ukrainische Medien wie etwa die „Kyiv Post“ unter Berufung auf Angaben der ukrainischen Luftwaffe und der Beobachtungs- und Militäranalysegruppe „Monitorwar“. Mehr hier.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zu einem Besuch in Oslo eingetroffen. Selenskyj werde zu Gesprächen mit Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Störe zusammentreffen, teilte das Büro des Ministerpräsidenten mit. Demnach findet das Treffen auf dem militärischen Teil des Flughafens Oslo statt. Mehr in unserem Newsblog.
- Präsident Wladimir Putin hat nach Angaben des Kreml einen Test der russischen Atomstreitkräfte zu Land, zu Wasser und in der Luft beaufsichtigt. Dabei wurden dem Präsidialamt zufolge eine landgestützte Interkontinentalrakete, eine Rakete von einem Atom-U-Boot in der Barentssee sowie Raketen von strategischen Bombern aus gestartet.
- Der Hauptnachrichtendienst der Ukraine (HUR) hat einen Funkmitschnitt veröffentlicht. Er soll belegen, dass ein russischer Kommandeur seinen Einheiten den Befehl gegeben hat, auf Zivilisten zu schießen, die versuchen, die umkämpfte Stadt Pokrowsk in der Region Donezk zu verlassen.
- Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben eine Waffen- und Munitionsfabrik in der russischen Republik Mordwinien und eine Ölraffinerie in Dagestan angegriffen. Ziel sei es, die militärischen und wirtschaftlichen Kapazitäten Russlands zu schwächen, teilt der ukrainische Generalstab auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt an diesem Donnerstag als Gast am Oktober-Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-Länder teil. Es werde eine Freude sein, Selenskyj beim Europäischen Rat zu begrüßen, teilte Ratschef António Costa mit.
- Die Ukraine beziffert das Ausmaß des russischen Angriffs in der Nacht. Russland habe mit 405 Drohnen sowie 28 Raketen angegriffen und damit vor allem die Energieinfrastruktur ins Visier genommen, teilt die Luftwaffe mit. Das ukrainische Militär habe 333 Drohnen und 16 Raketen unschädlich machen können.
- Nach Angaben aus Moskau ist das Gipfeltreffen zwischen Putin und Trump trotz der indirekten Absage des US-Präsidenten weiter in Vorbereitung. „Wir sagen, dass die Vorbereitungen für einen Gipfel andauern“, sagte Russlands stellvertretender Außenminister Sergej Rjabkow lau staatlicher russischer Nachrichtenagentur Tass.
- Einem Bericht zufolge soll ein Ausschuss des US-Senats am Mittwoch über drei Gesetzesentwürfe beraten, um den Druck auf Russland in Form von Sanktionen weiter zu erhöhen. Wie die Nachrichtenwebseite „Axios“ berichtet, soll einer der Entwürfe die Einstufung Russlands als „staatlichen Unterstützer des Terrorismus“ vorsehen.
- Am frühen Mittwochmorgen soll eine russische Rakete einen privaten Kindergarten in der ukrainischen Stadt Charkiw getroffen haben (siehe Foto). Das teilte der Bürgermeister Ihor Terechow auf seinem Telegram-Kanal mit. Demnach habe es nach dem Einschlag im Stadtteil Choloknohirskyi mehrere verletzte Kinder gegeben, eines von ihnen liege derzeit schwer verletzt auf der Intensivstation.
- Die Slowakei signalisiert ihre Zustimmung zu dem 19. Sanktionspaket der Europäischen Union gegen Russland. Sollten die von der Slowakei gestellten Bedingungen bei dem EU-Gipfel diese Woche erfüllt werden, könnte sein Land grünes Licht geben, sagte Ministerpräsident Robert Fico.
- Die Zahl der Todesopfer nach den jüngsten russischen Luftangriffen vor allem auf die Region Kiew steigt weiter. Den Behörden zufolge wurden sechs Menschen getötet. Zwei Personen seien in der Hauptstadt direkt ums Leben gekommen, teilen die Rettungskräfte mit.
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