
© via REUTERS/UKRAINIAN ARMED FORCES
Ukraine-Invasion, Tag 1376: Im Frühjahr traten sie in die Armee ein – heute kämpft keiner von ihnen mehr
Trump sieht „gute Chance“ auf Ukraine-Deal, vier Tote nach russischem Luftangriff auf Dnipro. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Um die Reihen der Soldaten an der Front zu füllen, hatte die Ukraine im Februar ein Programm zur Anwerbung besonders junger Leute gestartet. Die Nachrichtenagentur Reuters hat eine Gruppe der damals unerfahrenen Rekruten getroffen und ihr Schicksal weiterverfolgt. Von den elf Männern kämpft heute keiner mehr (Quelle hier).
Einer von ihnen ist der 20-jährige Pawlo Broschkow. Als er im März in die Armee eintrat, so schreibt Reuters, habe er große Hoffnungen gehabt. Er wollte sein Land verteidigen – und sich von dem Bonus, der ihm angeboten wurde, ein Haus kaufen. Drei Monate später lag er schwer verletzt auf dem Schlachtfeld. „Ich hatte keine Angst vor dem Tod. Ich hatte Angst, meine Frau und mein Kind nie wiederzusehen“, sagt er.
Von den Kameraden, die mit ihm ausgebildet wurden, wurden vier verwundet, drei gelten als vermisst, zwei sind offenbar desertiert, einer ist erkrankt, ein weiterer Rekrut soll sich das Leben genommen haben.
Vermisst wird etwa Broschkows bester Freund, der 25-jährige Jewhen Juschtschenko. „Viele sagen, dass er gestorben ist. Sie erzählen, dass er gestorben ist oder dass er in Gefangenschaft ist“, sagt dessen Schwester Alina. „Ich weigere mich bis zum letzten Moment zu glauben, dass er gestorben ist.“
Auch Jurij Bobryschew, der sich nach seiner Flucht vor der russischen Besatzung in der Region Donezk der Armee angeschlossen hatte, kämpft nicht mehr. Reuters erreichte ihn per Telefon in einem nicht genannten Land. Er sagt, er habe sich mit seinem Kommandanten überworfen. „Ich habe es bereut, den Vertrag unterschrieben zu haben“, sagt er. „Ich dachte, ich probiere es einfach mal aus und verdiene etwas Bonusgeld. Aber das ging nach hinten los.“
Einer der Verletzten ist Kuzma. Er gehörte zu den ersten neuen Rekruten, die eingesetzt wurden. Noch heute wird er von Albträumen über seinen kurzen Einsatz an der Front geplagt. „Es war der Geruch“, berichtet er. „Der Geruch von Schießpulver und Leichen.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- US-Präsident Donald Trump gibt sich nach Gesprächen zwischen Vertretern der Ukraine und seiner Regierung über Wege zur Beendigung des Ukraine-Kriegs optimistisch. Er verwies er zwar auf Probleme der Ukrainer und nannte als Beispiel den Korruptionsskandal in dem Land. Die Nachfrage einer Journalistin, ob das die Friedensgespräche behindere, bejahte er allerdings nicht. Mehr hier.
- Einem Bericht zufolge haben an den jüngsten Friedensverhandlungen in Florida beteiligte US-Unterhändler ein Szenario erörtert, in dem die Ukraine ihr Ziel eines Nato-Beitritts zwar nicht offiziell aufgeben müsste, der Beitritt jedoch faktisch blockiert und damit unmöglich wäre. Das berichtet CNN. Mehr hier.
- Angesichts der jüngsten diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs hat die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas die Bedeutung der nächsten Tage hervorgehoben. „Es könnte eine entscheidende Woche für die Diplomatie sein“, sagte Kallas am Montag vor einem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel. Mehr in unserem Newsblog.
- Trotz des Widerstands Belgiens setzt die Bundesregierung darauf, dass die EU die eingefrorenen russischen Staatsvermögen für einen Kredit von 140 Milliarden Euro an die Ukraine nutzen kann. Man setze auf die Gespräche der EU-Kommission mit Belgien, das Garantien gegen mögliche Klagen fordert.
- In der Nacht zum Montag soll es in der Stadt Kaspijsk in der zu Russland gehörenden Republik Dagestan zu Explosionen gekommen sein. Russischen Behörden zufolge habe der dagestanische Regierungschef Sergej Melikow den Abschuss mehrerer Drohnen bestätigt.
- Vor dem Hintergrund intensiver diplomatischer Anstrengungen hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Paris empfangen. Die beiden Politiker zogen sich anschließend in den Elysée-Palast zurück, wo sie über den US-Plan über ein Ende der Kämpfe in der Ukraine beraten wollten.
- Bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Dnipro sind nach Behördenangaben mindestens vier Menschen getötet worden. Weitere 40 Menschen wurden nach offiziellen ukrainischen Angaben verletzt, elf davon schwer.
- Einem Bericht einer ukrainischen Hackergruppe zufolge plant die russische Armee offenbar verstärkte Angriffe auf kritische Infrastruktureinrichtungen in der Region Cherson im Süden der Ukraine. Den Angaben zufolge habe die ukrainische Hackergruppe „CyberStorm-256“ einen abgefangenen Kampfauftrag an mehrere Journalisten weitergegeben.
- Einem Bericht der ukrainischen Nachrichtenagentur RBK-Ukraine zufolge prüft der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj derzeit sechs potenzielle Kandidaten für die Position des Leiters seines Präsidialamts. In dem Bericht werden vier Namen genannt, die Namen der anderen zwei Kandidaten wurden nicht veröffentlicht.
- Die Niederlande stellen weitere 250 Millionen Euro für den Kauf von Waffen für die Ukraine zur Verfügung. Dies solle im Rahmen der Nato-Initiative erfolgen, sagt Verteidigungsminister Ruben Brekelmans.
Hintergrund und Analyse
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