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Der russische Präsident Wladimir Putin spricht mit Kreml-Sprecher Dmitri Peskow (Archivbild).

© dpa/GRIGORY SYSOYEV

Ukraine-Invasion, Tag 1390: Wie eine Armee von Ja-Sagern Putins Welt zu einer Echokammer machte

Ukraine-Gespräche in Berlin sind beendet – und Moskau bereitet offenbar schon die systematische Ablehnung der Vorschläge vor. Strack-Zimmermann warnt vor einer deutschen Sonderrolle. Der Überblick am Abend.

Stand:

Russlands Machthaber Wladimir Putin hört laut der „Washington Post“ nur noch bestätigende Stimmen: Generäle versprechen den Sieg, Ökonomen sehen die russische Wirtschaft stabiler als die ukrainische, und selbst Donald Trump erklärt, Russland sei stärker und Kiew habe keine Optionen mehr. Für Putin ergibt sich daraus wenig Anlass für Zugeständnisse in den Friedensverhandlungen – er glaubt, der Krieg laufe nach Plan.

Die Recherche beschreibt, wie Putins Umfeld über 25 Jahre immer monothematischer wurde. Kritische Stimmen verschwanden, während frühere Liberale wie Wladimir Medinsky oder Dmitri Medwedew sich zu entschiedenen Hardlinern wandelten. Ein ehemaliger Diplomat, Boris Bondarew, schildert im Magazin „Foreign Affairs“, wie die staatliche Propaganda schließlich sogar die eigene Führung täuschte: Beamte berichteten irgendwann nur noch das, was Putin hören wollte.

Vor der Invasion 2022 widersprach angeblich nur Putins langjähriger Vertrauter und Ukraine-Chefunterhändler Dmitri Kosak intern den Kriegsplänen – und verschwand danach aus der Öffentlichkeit. Insgesamt entstand ein System, in dem politische Anpassung wichtiger wurde als ehrliche Einschätzungen. „Der Krieg ist ein deutliches Beispiel dafür, wie Entscheidungen, die in Echokammern getroffen werden, nach hinten losgehen können“, schreibt Bondarew.

Russland‑Analysten sehen laut „Washington Post“ verschiedene Schlüsselmomente für den politischen Kurswechsel: Einige nennen Putins Rückkehr als Präsident im Jahr 2012, andere die Krim‑Annexion 2014. Die Journalisten Andrei Soldatow und Irina Borogan argumentieren in „Our Dear Friends in Moscow“, die Entwicklung habe schon früher begonnen, als viele ihrer Freunde privat die Kreml‑Linie übernahmen.

Die „Washington Post“ zieht auch Parallelen zur politischen Entwicklung in den USA unter Donald Trump, dessen zweites Kabinett weit weniger Widerspruch dulde. Einige frühere Kritiker hätten ihre Positionen erstaunlich schnell verändert. Diese Dynamik erinnere Exiljournalisten an Putins Russland: ein politisches Umfeld, in dem Loyalität belohnt und abweichende Meinungen ausgesondert werden.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Die Gespräche zwischen der Ukraine und den USA in Berlin sind beendet. Das teilte das Büro des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit. Ergebnisse der am Sonntag begonnenen Verhandlungen wurden zunächst nicht bekannt. Mehr im Newsblog.
  • Die Ukraine hat nach Angaben aus Verhandlungskreisen bei den Gesprächen in Berlin keinen Verzicht auf die angestrebte Nato-Mitgliedschaft des Landes erklärt. Das sagte ein hochrangiger Insider der Nachrichtenagentur AFP. 
  • Die US-Unterhändler fordern die Ukraine nach Angaben aus Kiew weiter zu einer Aufgabe des Donbass auf. Dies teilte ein hochrangiger Vertreter Kiews, der über die Berliner Gespräche zur Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine informiert wurde, am Montag mit. 
  • Am Sonntagabend zog der US-Sondergesandte Steve Witkoff ein positives Fazit der ersten Gesprächsrunde mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin. Es seien „große Fortschritte“ erreicht worden, erklärte Witkoff nach dem Treffen im Kanzleramt im Onlinedienst X. 
  • Noch bevor sich die Ukraine bei Gesprächen in Berlin mit US-amerikanischen und europäischen Vertretern auf eine neue Fassung eines möglichen Friedensplans im anhaltenden Ukrainekrieg geeinigt hat, bereitet Moskau offenbar schon die systematische Ablehnung der Vorschläge vor. Das geht aus einem Bericht der US-amerikanischen Denkfabrik „The Institute for the Study of War“ (ISW) hervor, der am Sonntag veröffentlicht wurde. Mehr hier.
  • Mehr als fünf Jahre nach ihrer Verhaftung im September 2020 gibt die belarussische Oppositionelle Maria Kolesnikowa Auskunft über ihre Zeit im Gefängnis. Dem ARD-Korrespondenten Vassili Golod gegenüber berichtet sie von gesundheitlichen Problemen in Haft. Mehr hier.
  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Montag offiziell in Berlin empfangen. Vor seinem Amtssitz Schloss Bellevue begrüßte Steinmeier am Mittag den Gast aus Kiew mit Handschlag und Umarmung. Mehr im Newsblog.
  • Die EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas hat die Diskussion um die Nutzung der in Europa eingefrorenen russischen Vermögen als „zunehmend schwieriger“ bezeichnet. „Wir sind noch nicht so weit und es wird zunehmend schwieriger, aber wir arbeiten weiter und haben noch ein paar Tage“ sagte Kallas am Montag.
  • Die russische Zentralbank verklagt den belgischen Finanzdienstleister Euroclear auf Schadenersatz in Höhe von 18,2 Billionen Rubel (rund 195 Milliarden Euro). Dies geht aus Gerichtsunterlagen in Moskau hervor. 
  • Der ukrainische Militärgeheimdienst hat bekannt gegeben, dass Russland die Drohne „Geran-2“ der Serie „E“ mit einer sowjetischen Luft-Luft-Rakete des Typs R-60 ausgerüstet hat. Ziel der Drohne seien ukrainische Hubschrauber und Flugzeuge, die an der Abwehr russischer Drohnen beteiligt sind, heißt es in einer Mitteilung des ukrainischen Militärgeheimdienstes.
  • Die Außenminister der EU-Staaten beschließen Sanktionen gegen Unterstützer der russischen Schattenflotte von Öltankern. Dies sagt ein EU-Vertreter. 
  • Russland hat das kremlkritische Kunstkollektiv „Pussy Riot“ offiziell zur „extremistischen Organisation“ erklärt. Ein Moskauer Gericht habe am Montag nach nicht öffentlicher Verhandlung einem entsprechenden Antrag des Generalstaatsanwalts stattgegeben.
  • Die Ukraine lässt selbst entwickelte Kampfdrohnen in industriellen Stückzahlen in Deutschland bauen. Produziert werde im Auftrag des Kiewer Verteidigungsministeriums, teilten der ukrainische Drohnenbauer Frontline Robotics und die deutsche Rüstungsfirma Quantum Systems mit.

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