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Demonstranten auf der Anti-Kriegs-Demo in Berlin.

© dpa/Fabian Sommer

Ukraine-Invasion Tag 365: Russlands Angriff auf die Ukraine begann vor einem Jahr

Zwischen 30.000 und 40.000 Zivilisten sollen umgekommen sein, mehr als acht Millionen Menschen seien geflüchtet, circa 30 Prozent der Ukraine seien vermint. Der Überblick am Abend.

Stand:

Es ist genau ein Jahr her, dass Russlands Invasion der Ukraine begann. Überall in Europa oder auch den USA wird an diesem Tag der Opfer des Krieges gedacht und die Solidarität mit der Ukraine beschworen.

In Berlin sagt der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev einen einprägsamen Satz: „Der Frieden fällt nicht vom Himmel. Vom Himmel fallen in der Ukraine üblicherweise russische Marschflugkörper und Kamikaze-Drohnen. Der gerechte und dauernde Frieden muss erkämpft werden.“ 

Es ist ein Tag, an dem wir zurückblicken wollen darauf, welche Folgen dieser Krieg hatte und hat – mit einem Blick auf nackte Zahlen, zusammengestellt von der Nachrichtenagentur AFP.

  • 180.000 russische Soldaten sollen nach jüngsten Schätzungen aus Norwegen bei den Kämpfen getötet oder verletzt worden sein, 100.000 auf ukrainischer Seite. Andere Schätzungen gehen von 150.000 auf jeder Seite aus. Zum Vergleich: Während des Afghanistan-Kriegs von 1979 bis 1989 kamen auf russischer Seite rund 15.000 Soldaten ums Leben.
  • Zwischen 30.000 und 40.000 Zivilisten sollen in einem Jahr Krieg westlichen Quellen zufolge ums Leben gekommen sein, die meisten durch Bombardierungen. Ende Januar schätzten die UN, dass mindestens 18.000 Zivilisten getötet oder verwundet wurden. Die Ukraine spricht zudem von mindestens 400 getöteten Kindern.
  • 30 Prozent des Gebietes der Ukraine sind nach Angaben aus Kiew inzwischen vermint.
  • Von rund 65.000 registrierten mutmaßlichen Kriegsverbrechen spricht der EU-Justizkommissar Didier Reydners.
  • Mehr als 16.000 Kinder sollen – so lautet der Vorwurf der Ukraine – nach Russland oder in die von den Separatisten kontrollierten Gebiete verschleppt worden sein.
  • Die „aktive Front“ in diesem Krieg verläuft nach Angaben des Oberbefehlshabers der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, von Nord nach Süd auf 1500 Kilometern.
  • Ein Fünftel der Ukraine wird nach Angaben des US-Think-Tanks „Institute for the Study of War“ durch Russland kontrolliert. Laut Saluschnyj haben die Ukrainer 40 Prozent des Gebietes zurückerobert, dass Russland zu Beginn der Invasion besetzt hatte.
  • Im Jahr 2022 ist die Wirtschaft der Ukraine nach einer Weltbankschätzung vom Oktober um 35 Prozent geschrumpft. In der Landwirtschaft liegen die wirtschaftlichen Verluste nach Schätzungen der Kyiv School of Economics bei 34 Milliarden Dollar.
  • Die Kosten für den Wiederaufbau der Ukraine schätzen EU und Weltbank auf rund 350 Milliarden Dollar.
  • Mehr als acht Millionen Flüchtlinge sind laut UNHCR seit Kriegsbeginn geflüchtet, 1,5 Millionen davon nach Polen, 1,1 Millionen nach Deutschland. Mehr als 130.000 Geflüchtete kehrten zurück. Mehr als fünf Millionen Ukrainer wurden laut UNHCR innerhalb des Landes vertrieben.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick: 

  • Mit weiteren Sanktionen, verschärften Exportbestimmungen und Zollerhöhungen will die US-Regierung Russland den Geldhahn zur Finanzierung seines Krieges weiter zudrehen. Das neue Maßnahmenpaket beinhaltet Sanktionen gegen mehr als 200 Personen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Zum Jahrestag des Kriegs haben Aktivisten als Zeichen des Protests einen zerstörten russischen Panzer vor der russischen Botschaft in Berlin aufgestellt. Der Panzer kam nachts in Berlin an. Bald soll er auch in anderen Städten gezeigt werden. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Die deutsche OSZE-Sonderbeauftragte für Osteuropa, Daniela de Ridder, warnt vor einem Friedensvertrag mit dem Kreml zu den Bedingungen Russlands. Auf der Generalversammlung der OSZE in Wien sagte sie: „Einen Diktatfrieden des russischen Imperialismus darf es nicht geben.“ Mehr dazu hier.
  • Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat eine gerechtere Verteilung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in der EU angemahnt. Sollte der Krieg zu weiteren großen Fluchtbewegungen aus der Ukraine führen, „wird eine gerechtere Verteilung in Europa unausweichlich sein“, sagte sie der Funke Mediengruppe. Mehr hier.
  • Zum Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine hat die Weltgemeinschaft Präsident Wladimir Putin erneut mit großer Mehrheit zum Rückzug seiner Truppen aufgefordert. 141 der 193 Mitgliedstaaten der UN-Vollversammlung stimmten für eine entsprechende Resolution. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Widerstand seiner Landsleute gewürdigt und sich erneut siegessicher gezeigt. „Es war ein Jahr des Schmerzes, der Sorgen, des Glaubens und der Einheit“, teilte der 45-Jährige am Freitag mit. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • China hat zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg aufgerufen. In einem mit Spannung erwarteten 12-Punkte-Papier, das vom Außenministerium in Peking veröffentlicht wurde, wird auch eine sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gefordert. Mehr dazu hier.
  • Deutschland liefert vier weitere Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A6 aus Bundeswehrbeständen in die Ukraine. „Deutschland erhöht damit seine Abgabeanzahl von 14 auf 18 Panzer“, teilte das Verteidigungsministerium mit. Mehr in unserem Newsblog.
  • Polen hat die ersten vier Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine geliefert. „Ich bin heute nicht nur mit Worten der Unterstützung hierher gekommen, sondern auch in dem Wissen, dass es notwendig ist, auf diese barbarische Aggression mit Gewalt zu antworten“, sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki in Kiew. 
  • China will die Beziehungen zum russischen Verbündeten Belarus ausbauen. Wie das Außenministerium mitteilt, erklärte Außenminister Qin Gang in einem Telefonat mit seinem belarussischen Amtskollegen Sergej Aleinik die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, um das gegenseitige politische Vertrauen zu vertiefen.
  • Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat ukrainischen Flüchtlingen in ihrem Land Schutz versprochen, solange sie ihn benötigen. „Wir können euch nicht im Stich lassen und wir werden euch nie im Stich lassen“, sagte sie bei einem Gottesdienst anlässlich des Jahrestags des Kriegsbeginns.
  • Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Aufrufe aus Teilen der Gesellschaft gegen Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert. „Diese so leicht dahergesagten Appelle, keine Waffen mehr zu liefern an die Ukraine, das sind doch keine Friedensappelle – das wäre Unterwerfung“, sagte sie.
  • US-Außenminister Antony Blinken dem ukrainischen Volk großen Respekt gezollt und einmal mehr den Beistand der USA versichert. „Der Kampf der Ukraine und die Entschlossenheit und Widerstandsfähigkeit ihres Volkes haben die Welt inspiriert und gezeigt, dass sie sich nicht einschüchtern lassen“, sagte er. 
  • Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak bekräftigt Kiews Position, wonach der Krieg nur dann enden kann, wenn sich Russlands Truppen so weit zurückziehen, dass wieder die Grenzen von 1991 eingehalten werden. Damit müsste Russland auch auf die Halbinsel Krim verzichten.
  • Die britische Regierung und das Parlament in London haben zum ersten Jahrestag des Kriegsbeginnseine Schweigeminute abgehalten. Premierminister Rishi Sunak stand um 11 Uhr Ortszeit (12 Uhr MEZ) gemeinsam mit seiner Frau Akshata Murty schweigend vor seinem Amtssitz in der Downing Street. 
  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der Ukraine weiterhin Solidarität und Unterstützung zugesagt. „Deutschland ist heute, auch militärisch, der größte Unterstützer der Ukraine auf dem europäischen Kontinent. Und bei allen kontroversen, manchmal schrillen Debatten bin ich sicher: Wir werden es weiterhin sein“, sagte er bei einer Gedenkstunde in Berlin. 
  • Die 30 Nato-Staaten haben ihre Unterstützung für die Ukraine betont. „Wir als Verbündete bekräftigen unsere Solidarität mit der Regierung und dem Volk der Ukraine bei der heldenhaften Verteidigung ihrer Nation, ihres Landes und unserer gemeinsamen Werte“, hieß es in einer Erklärung.
  • Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko hat von einem „tragischen und psychisch erschöpfenden“ Jahr gesprochen. „Aber wir kämpfen, wir glauben an uns selbst und an unser Land. Deshalb werden wir alles überstehen und gewinnen“, schrieb er in seinem Telegram-Kanal und veröffentlichte dazu eine Videobotschaft. 
  • Der chinesische Drohnenhersteller „Xi’an Bingo Intelligent Aviation Technology“ führt offenbar Gespräche über die Massenproduktion von Kamikazedrohnen für das russische Militär. Laut einem Bericht von „Spiegel Online“ liegt bereits eine Vereinbarung für die Lieferung von 100 Drohnen des Prototyps ZT-180 bis April vor. 
  • Bundeskanzler Olaf Scholz würdigt die Entschlossenheit der Ukrainer und verteidigt die Linie der Bundesregierung. „Russland führt einen unerbittlichen Angriffskrieg gegen die Ukraine“, sagt er in einer Videoansprache. Deutschland unterstütze die Ukrainer so stark und solange wie nötig.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi bezeichnet die Lage im Osten und Süden der Ukraine als schwierig und gefährlich. „Im Osten ist die Lage sehr schwierig und schmerzhaft. Aber wir tun alles, um dem zu widerstehen“, sagt er in einer Videoansprache am frühen Morgen. 

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