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Ukraine-Invasion Tag 435: Die erbitterten Kämpfe am Dnipro scheinen endlos
Berliner Polizei ermittelt wegen Geheimnisverrats vor möglichem Selenskyj-Besuch, Russland wirft USA Beteiligung an Drohnenangriff vor. Der Überblick am Abend.
Stand:
In den vergangenen Wochen waren die Blicke im russischen Angriffskrieg vor allem auf zwei Aspekte gerichtet: den zermürbenden Kampf um Bachmut und die erwartete Frühjahrsoffensive der Ukraine. Doch auch in anderen Teilen des Landes gehen die Kämpfe weiter – wenn auch weniger wahrgenommen von der Öffentlichkeit.
So ist es auch am Fluss Dnipro, wo sich seit Monaten russische und ukrainische Soldaten an den Ufern gegenüberstehen. Der Fluss als Frontlinie zwischen ihnen. Der britische „Guardian“ hat sich nun vor Ort umgeschaut und berichtet von erbitternden Kämpfen und einem zermürbenden Katz-und-Maus-Spiel (Quelle hier).
Reporter der Zeitung trafen zum Beispiel Alina Spiridonowa, die im fünften Stock eines Hauses in Cherson lebt. Von ihrem Balkon aus kann sie die russischen Streitkräfte am Ufer des Flusses sehen. Nachts sei es am schlimmsten, heißt es in dem Bericht. „Wir können sehr deutlich hören, was auf dem Fluss passiert. Das ist fast jede Nacht so. Granaten und Maschinengewehrfeuer“, sagte sie der Zeitung.
Die Kämpfe am Dnipro, so schreibt der „Guardian“, würden sich stark von denen an der Ostfront unterscheiden. Denn hier bewegten sich die Soldaten per Schlauchboot fort und führten von dort häufig Angriffe aus. Und genau diese Boote seien für Drohnen sichtbar und anfällig für Geschützfeuer.
Welche Bedeutung die Kämpfe am Dnipro für den Krieg haben, darüber scheint Uneinigkeit zu herrschen. Mancher Experte sieht sie aber auch als möglichen Beginn der ukrainischen Frühjahrsoffensive an. Und dennoch sei jedes kleine Fleckchen Land bitter umkämpft. Dass sich daran in den nächsten Wochen etwas ändert, ist derzeit nicht abzusehen. „Auf der einen Seite ist der Dnipro eine effektive Wasserbarriere gegen die Russen“, sagt Jury Sobolewski, ein stellvertretender Verwaltungschef in Cherson. „Andererseits wird es auch für die Ukrainer kompliziert sein, ihn zu überqueren.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Die Berliner Polizei hat Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats vor einem möglichen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eingeleitet. Hintergrund ist ein Zeitungsartikel, in dem vertrauliche Informationen wiedergegeben worden sein sollen. Mehr dazu erfahren Sie hier und in unseren Leseempfehlungen.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine strafrechtliche Verfolgung Russlands wegen des Aggressionskrieges und Kriegsverbrechen gefordert. Ohne Gerechtigkeit sei kein Friede möglich, sagte Selenskyj am Donnerstag in Den Haag. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Die finnische Zeitung „Helsingin Sanomat“ gehört zu den ausländischen Publikationen, die in Russland nicht mehr abrufbar sind – sie hat nach Angaben ihres Chefredakteurs Antero Mukka aber einen Weg gefunden, trotzdem Informationen in Russland zu verbreiten. Sie nutzt „Counter-Strike“ als Nachrichtenportal. Mehr dazu hier.
- Russland hat den USA vorgeworfen, hinter dem angeblichen Drohnen-Anschlag auf den Kreml zu stecken. „Wir wissen, dass die Entscheidung über solche Handlungen und Terrorakte nicht in Kiew getroffen wird, sondern in Washington. Und Kiew führt aus, was ihnen gesagt wird“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, ohne Beweise vorzulegen. Mehr im Newsblog.
- Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat die Aufnahme von Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen im Ukraine-Krieg gefordert. „Die Position Lateinamerikas ist, dass es ein Friedensabkommen geben soll, weil wir aufgrund des Anstiegs der Lebensmittelpreise eine Zunahme des Hungers erlitten haben“, sagte er im Interview mit „El País“.
- Der Berater des Oberbefehlshabers der ukrainischen Streitkräfte, Valerii Zaluzhnyi, geht davon aus, dass die Gegenoffensive diesen Sommer kriegsentscheidend sein könnte. „Das ukrainische Militär wird von Tag zu Tag stärker, während die Russen schwächer werden“, sagte er im Interview mit der ukrainischen Zeitung „NV“.
- Britische Geheimdienste sehen in Tanklagern nahe der russisch-ukrainischen Grenze eine Schwachstelle der russischen Armee. Seit Beginn des Jahres seien diese immer wieder beschädigt worden, insbesondere jene nahe der Grenze und in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten, hieß es am Donnerstag.
- Laut dem ukrainischen Premierminister Denys Schmyhal wird die EU „umgehend“ Artilleriemunition aus ihren eigenen Beständen im Wert von einer Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Eine weitere Milliarde sei für die Produktion neuer Munition für die Ukraine vorgesehen.
- Der Kreml soll eine Anleitung verteilt haben, die russische Staatsmedien anweist, wie sie über eine bevorstehende ukrainische Gegenoffensive berichten werden soll. Das berichtet die US-Denkfabrik „ISW“. Das könnte darauf hindeuten, dass Moskau den Rahmen für die Informationsübermittlung schafft, sollte die Ukraine erfolgreich sein.
- Die ukrainische Luftabwehr hat nach eigenen Angaben 18 von 24 von Russland vor Morgengrauen gestartete Kamikaze-Drohnen abgeschossen. Auf den Schwarzmeer-Hafen Odessa seien 15 Drohnen des iranischen Typs Schahed abgefeuert worden, von denen zwölf abgefangen worden seien.
- Im Süden Russlands ist zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit ein Großbrand in einem Tanklager nahe der Halbinsel Krim ausgebrochen. Das Feuer sei durch einen Drohnenangriff ausgelöst worden, berichtete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf Rettungskräfte.
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