zum Hauptinhalt
Ein ukrainischer Soldat springt am Ufer des Dnipro-Flusses an der Frontlinie nahe Cherson aus dem Boot (Symbolfoto).

© dpa/Mstyslav Chernov

Tag 660 der Ukraine-Invasion: Ukrainische Rekrutierer sollen immer aggressiver gegen Kriegsdienstverweigerer vorgehen

Orban verhindert EU-Hilfen für Ukraine, Nawalny offenbar an unbekannten Ort gebracht. Der Nachrichtenüberblick zur Ukraine-Invasion.

Im Spätsommer war bekannt geworden, dass sich manche Ukrainer der Einberufung an der Front entzogen haben – mitunter durch Zahlung von Bestechungsgeldern. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte daraufhin alle Chefs der regionalen Rekrutierungsbüros entlassen. Für die Ukraine ist das angesichts des immer noch andauernden, blutigen Krieges natürlich ein Problem. Denn während sich zu Beginn des Konflikts noch viele Männer freiwillig meldeten, werden es jetzt immer weniger – und auch Kiew hat reichlich Verluste an der Front zu verkraften.

Nun berichtet die „New York Times“, dass die Rekrutierer in der Ukraine immer aggressivere Methoden einsetzen, um die Lücken in den Reihen der Soldaten zu füllen (Quelle hier). Die Zeitung hat mit Dutzenden Anwälten, Aktivisten, Soldaten, Wehrpflichtigen und ihren Angehörigen über die Thematik gesprochen.

So sollen sie in einigen Fällen Männer direkt von der Straße geholt und sie durch Einschüchterung oder auch unter Anwendung von physischer Gewalt in die Rekrutierungszentren gezwungen haben. Die Zeitung berichtet, dass die Rekrutierer etwa Pässe beschlagnahmt oder auch Menschen direkt vom Arbeitsplatz abgeholt hätten. 

Dabei würde das Vorgehen nicht nur Kriegsdienstverweigerer treffen, sondern auch Menschen, die eigentlich vom Kriegsdienst befreit seien. Aufgrund dessen sei es im Herbst zu mehreren Prozessen gegen unrechtmäßige Einberufungsbescheide gekommen, heißt es in dem Bericht weiter. So habe es allein im November 226 Gerichtsentscheidungen in diesem Zusammenhang gegeben. Anwälte berichteten zudem über einen spürbaren Anstieg der Beschwerden.

Dass die Entlassung der regionalen Rekrutierungschefs etwas geändert haben könnte, lassen Anwälte und Aktivisten nicht gelten. Sie sagen, das Problem sei nach wie vor nicht gelöst, weil die Beamten in den Positionen darunter weiterhin dieselben seien.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Der in Russland inhaftierte Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben seiner Unterstützer aus dem Gefängnis nahe Moskau an einen unbekannten Ort gebracht worden. Ein Gericht habe Nawalnys Anwalt mitgeteilt, dass der Kreml-Kritiker „die Region Wladimir verlassen“ habe, in der er inhaftiert gewesen sei, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmisch auf X mit. Mehr hier.
  • Ein Video soll zeigen, wie russische Soldaten Gefangene als menschliche Schutzschilde missbrauchen. „Radio Liberty“ liegt das etwa 19-minütige Drohnenvideo vor, das der US-finanzierte Sender in Teilen veröffentlicht hat. Es soll in der Region Saporischschja zu einem unbekannten Zeitpunkt aufgenommen worden sein. Mehr im Newsblog.
  • Ein ukrainischer Gemeinderat hat im Westen des Landes während einer Sitzung Handgranaten gezündet. 26 Menschen wurden verletzt, wie die Polizei am Freitag mitteilte. Der Vorfall ereignete sich demnach am Morgen bei einer Gemeinderatssitzung im Ort Kerezky in der westlichen Region Transkarpatien.
  • Mehrere Tage nach einem schweren Cyberangriff hat der größte ukrainische Mobilfunkanbieter seine Dienste weitgehend wiederhergestellt. Am Freitag war auch in der Hauptstadt Kiew wieder mobiles Internet über Kyivstar verfügbar, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort bestätigte. 
  • Mit der Lieferung von Stromgeneratoren, Heizgeräten und weiterer Ausrüstung setzt die Bundesregierung ihre Unterstützung der Ukraine fort. Das Land erlebe den zweiten Winter inmitten des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs, hieß es in einer Mitteilung von Bundesinnenministerium und Außenministerium. „Ziel ist es, den Städten und Gemeinden insbesondere in den frontnahen Gebieten zu helfen“.
  • Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben alle 14 Drohnen abgefangen, die russische Streitkräfte in der Nacht zu Freitag auf die Ukraine abgefeuert haben. Sie seien in den Regionen Mykolajiw, Cherson, Chmelnyzkyj und Poltawa abgeschossen worden, erklärt die Luftwaffe auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Über weiten Teilen der Süd- und Westukraine herrschte Luftalarm. 
  • SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat mehr diplomatische Bemühungen im Ukraine-Krieg gefordert und dem Land weitere Unterstützung zugesichert. „Die Bundesregierung sollte 2024 eine neue diplomatische Initiative ergreifen und noch viel stärker als bislang Gespräche mit China und Ländern des globalen Südens führen“, sagte Mützenich der „Rheinischen Post“. 
  • Die EU-Staats- und Regierungschefs haben den Weg für ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland frei gemacht. Die 27 Gipfelteilnehmer gaben am Donnerstagabend in Brüssel grünes Licht für das zwölfte Sanktionspaket. Darin enthalten sind unter anderem Importbeschränkungen für Diamanten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false