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Ukraine-Invasion, Tag 901: Ukrainische Pfadfinder werden auf den Krieg vorbereitet
Der Krieg hinterlässt seine Spuren in den ukrainischen Sommerlagern für Kinder, 121.000 Menschen aus russischer Grenzregion evakuiert. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Seit mehr als zwei Jahren prägt der russische Angriffskrieg das Leben der Menschen in der Ukraine. Auch in den Sommercamps, die viele Kinder und Jugendliche traditionell besuchen, hat er seine Spuren hinterlassen. Die Lager, wie sie etwa von der Pfadfinderorganisation Plast veranstaltet werden, sind inzwischen deutlich stärker von Patriotismus geprägt, als das früher der Fall war, wie die „New York Times“ berichtet (Quelle hier).
Während die Pfadfinderinnen und Pfadfinder früher gemeinsam wandern gingen und lernten, wie man ein Lagerfeuer entfacht, sind nun neue Aktivitäten hinzugekommen: Sie nehmen an Erste-Hilfe-Kursen teil und eignen sich erste militärische Fähigkeiten an. Einige Camps, die von rechten Organisationen mit nationalistischer Gesinnung geleitet werden, haben es sich gezielt zur Aufgabe gemacht, die Soldatinnen und Soldaten von morgen zu formen.
Die 20-jährige Olesya Vdovych ist Betreuerin in einem der gemäßigten Pfadfinderlager. Vergangenes Jahr war sie noch selbst Teilnehmerin, jetzt will sie die Kinder und Jugendlichen auf das Schlimmste vorbereiten, mit dem sie selbst schon lange rechnet. „Die Frage ist nicht, ob ich in den Krieg ziehen werde, sondern wann“, sagt sie. Dutzende ehemalige Plast-Pfadfinder sind laut der Organisation freiwillig an die Front gegangen, mindestens 58 von ihnen kamen ums Leben.
„Ich verstehe, dass viele Menschen hoffen, dass der Krieg bald endet“, sagt Olesya Vdovych. „Aber man muss für alles gewappnet sein.“ Diese Lektion habe sie im Wald, wo die Pfadfinder auf sich selbst gestellt seien, gelernt – genauso wie die Einstellung: „Wir können nur auf uns selbst zählen.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Angesichts der ukrainischen Offensive in der russischen Grenzregion Kursk hat Russland die Evakuierung von Teilen benachbarter Regionen angeordnet. Die „regionale Kommandozentrale“ habe beschlossen, die Bewohner von Belowski zu evakuieren, erklärte Gouverneur Alexej Smirnow in Onlinenetzwerken. Wie die Nachrichtenagentur AFP mit Bezug auf russische Quellen berichtet, wurden bisher 121.000 Menschen evakuiert. Mehr hier.
- Das unter russischer Kontrolle stehende ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist bei einem Brand schwer beschädigt worden und muss repariert werden. Der Chef des russischen Atomkonzerns Rosatom, Alexej Lichatschew, habe erklärt, das dreistündige Feuer habe sehr schwere Schäden an Kühltürmen verursacht, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax. Mehr hier.
- Unbekannte haben in Russland die litauische Botschaft in Moskau mit roter Farbe beschmiert. Nach Angaben des Außenministeriums in Vilnius wurde der Eingang der Vertretung des baltischen EU- und Nato-Landes am Montagmorgen von vier maskierten Personen verunstaltet. Im Internet veröffentlichte Videoaufnahmen zeigen rote Handabdrücke auf dem Botschaftsschild und zwei größere Farblachen vor den Türen. Mehr hier.
- Ein ranghoher Regierungsvertreter ist in der Ukraine wegen des Verdachts auf Korruption festgenommen worden. Wie der Geheimdienst SBU am Montag mitteilte, wird der Energie-Staatssekretär verdächtigt, eine halbe Million Dollar (rund 460.000 Euro) Bestechungsgeld angenommen zu haben. Nach Angaben des Fernsehsenders „Suspilne“ soll es sich dabei um den stellvertretenden Energieminister Oleksandr Hale handeln. Mehr im Newsblog.
- Immer mehr Kinder werden nach Hilfswerksangaben Opfer des Krieges in der Ukraine. Allein im vergangenen Monat seien mindestens 71 Kinder getötet oder verletzt worden, womit das der bislang tödlichste Monat des Krieges sei, erklärte Save the Children. Die Gesamtzahl der Kinder, die Opfer des Kriegs geworden seien, habe sich seit Jahresbeginn um 40 Prozent erhöht und liege derzeit bei rund 2200.
- Italien und die Schweiz wollen sich für einen zweiten Friedensgipfel zum Ukraine-Krieg einsetzen, an dem auch Russland teilnehmen soll. Der italienische Außenminister Antonio Tajani und dessen Schweizer Amtskollege Ignazio Cassis unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung, in der sie vereinbarten, die „bestmöglichen Bedingungen für einen zweiten Friedensgipfel zu schaffen, an dem alle Parteien, einschließlich Russlands, und alle relevanten globalen Akteure teilnehmen“.
- Die Zahl der russischen Angriffe mit Lenkbomben auf die Region Charkiw im Nordosten der Ukraine ist nach Angaben des dortigen Gouverneurs in den vergangenen Tagen deutlich zurückgegangen. „In unserem Grenzgebiet gab es 30 bis 60 Angriffe mit Lenkbomben pro Tag“, sagt Gouverneur Oleh Synjehubow im Fernsehen. „Jetzt sind es nicht mehr als zehn.“
- Die Bundesregierung hält sich bei einer Bewertung des ukrainischen Vorrückens auf russischem Gebiet bedeckt. Die Operation laufe „offenbar sehr geheim und ohne Rückkoppelung“, sagt der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin. „Alles sieht bisher nach einem räumlich begrenzten Einsatz aus, es wäre deswegen unklug, sich auf dieser Grundlage öffentlich zu äußern.“
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