zum Hauptinhalt
Feuerwehrleute suchen mit Spezialwerkzeugen nach Menschen unter den Trümmern eines fünfstöckigen Wohnhauses, das bei einem russichen Angriff mit einer Einwegdrohnen Typ Shahed zerstört wurde.

© picture alliance/dpa/https://photonew.ukrinform.com/ Ukrinform/--

Ukraine-Invasion, Tag 915: Wie sich eine Ukrainerin für ein neues Gedenken an die Kriegstoten einsetzte

Die Ukraine meldet „einen der schwersten Angriffe“ durch Moskau + Russland will ukrainische Truppen an Kursk-Front angegriffen haben + Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine fordert Tag für Tag Dutzende Todesopfer. Doch wie wird ein Land dem Gedenken an diese Menschen gerecht? Dieser Frage hat sich seit Beginn der Kämpfe eine Sanitäterin gewidmet und sich für ein Umdenken eingesetzt – auch für ihre eigene Beerdigung hinterließ sie genaue Anweisungen. Die „New York Times“ hat ihre Geschichte aufgeschrieben (Quelle hier).

Iryna Tsybukh waren die üblichen großen Gedenkstätten für die Kriegstoten im sowjetischen Stil, wie sie in der Ukraine üblich sind, ein Dorn im Auge. Sie plädierte für einen menschlicheren Ansatz, um der Toten zu gedenken. Die Denkmäler bezeichnete sie als unpersönlich und gebaut, um die Macht eines totalitären Staates zu feiern und nicht die Leistungen seiner Bürger, insbesondere der ukrainischen Bauern. Dies stünde in starkem Gegensatz zu den Werten der Ukraine.

Die Ukrainer müssten verstehen, dass ihr tägliches Leben weitergehe, weil andere zu ihrem Schutz gestorben sind, sagte sie nur wenige Wochen, bevor sie selbst starb. Tsybukh kam im Mai, wenige Tage vor ihrem 26. Geburtstag, an der Front in der Nähe von Charkiw ums Leben.

Ihre eigene Beerdigung hatte sie bis ins Detail geplant. Die Trauernden sollten ein traditionelles besticktes Hemd tragen, sagte sie in einer Videobotschaft, die sie für den Fall, dass sie fallen würde, einem Freund hinterlassen hatte. Jeder sollte zehn „bedeutungsvolle“ ukrainische Lieder lernen, um sie an ihrem Sarg zu singen. „Jeder wird singen und etwas lernen“, sagte sie in ihrer Botschaft und lächelte. „Kurzum, meine Beerdigung wird nicht umsonst sein.“

Und genau dafür hatte sie sich auch für den Rest des Landes in Interviews und in den sozialen Medien eingesetzt. Sie hatte die Regierung aufgefordert, die verschiedenen neuen Methoden des Gedenkens in der Ukraine zu prüfen und die besten davon zu fördern, statt auf Denkmäler für unbekannte Soldaten zu setzen. „Wir sind anders. Wir kennen jeden, der für die Ukraine gestorben ist“, sagte sie in einem Interview auf Youtube. „Deshalb kann es auch kein Denkmal für einen unbekannten Soldaten im ukrainischen Format geben.“

An der zweitägigen Trauerfeier für sie selbst nahmen übrigens Tausende Menschen teil. Und sie sangen und ehrten sie an einem Lagerfeuer, genauso wie sie es sich gewünscht hatte. „Wenn wir am Leben bleiben, übernehmen wir unbewusst die Verantwortung für die Toten, wir müssen darüber sprechen und uns an das Geschehene erinnern“, hatte sie einst in einem Interview gesagt. „Das ist der Weg, um mit uns selbst im Reinen zu sein.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Russland hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten am Montag „einen der schwersten Angriffe“ seit Beginn des Krieges durchgeführt. Der Feind habe mehr als 100 Raketen und beinahe 100 Drohnen eingesetzt, sagte Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft. Mehr hier.
  • Hinter der vorübergehenden Anhebung der Sicherheitsstufe auf dem Nato-Stützpunkt Geilenkirchen steckten Geheimdiensterkenntnisse zu einer möglichen Bedrohung durch einen russischen Sabotageakt. Es habe einen ernstzunehmenden Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes gegeben, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus deutschen Sicherheitskreisen. Mehr hier.
  • Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat als „wichtigen Bestandteil der Kriegsvorbereitung“ zur Entwicklung und Produktion weiterer Kamikaze-Drohnen aufgerufen. Das sagte er einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA zufolge bei einem Test heimisch entwickelter Drohnen. Mehr hier.
  • Die russischen Truppen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau die ukrainischen Soldaten an mehr als einem Dutzend Stellen an der Front in der russischen Oblast Kursk angegriffen. Zudem seien an sieben weiteren Orten in Kursk ukrainische Angriffe abgewehrt worden. Außerdem seien an 16 Orten die ukrainischen Streitkräfte in der Region Sumy beschossen worden. Mehr im Newsblog.
  • Der Generaldirektor der internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, leitet selbst die Inspektion des Atomkraftwerkes Kursk in der gleichnamigen russischen Oblast, in die ukrainische Truppen eingerückt sind. Grund dafür sei die ernste Lage, teilt Grossi auf X mit. „Ich betone noch einmal: Die Sicherheit nuklearer Anlagen darf unter keinen Umständen gefährdet werden.“ 
  • Nach den massiven russischen Luftangriffen auf die Ukraine hat Polen eine Verletzung seines Luftraumes durch ein „Flugobjekt“ gemeldet. „Wir haben es wahrscheinlich mit dem Eintritt eines Flugobjektes in polnisches Gebiet zu tun“, sagte der Chef der polnischen Einsatzkräfte, Maciej Klisz, am Montag vor Journalisten. Das Objekt, vermutlich eine Drohne, sei von „mindestens drei Radarstationen bestätigt“ worden.
  • Verhandlungen mit der Ukraine über einen Waffenstillstand haben nach Ansicht Russland nahezu an Bedeutung verloren. Der Einmarsch der Ukraine in das russische Grenzgebiet Kursk könne nicht toleriert werden, sagt der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow. 
  • Ein in Russland festgehaltener französischen Staatsbürger, der Informationen über das russische Militär gesammelt haben soll, muss sich Anfang September vor Gericht verantworten: Der Prozess gegen Laurent Vinatier solle am 3. September beginnen, teilte das zuständige Gericht in Moskau mit.
  • In der russischen Region Saratow sind nach Angaben des zuständigen Gouverneurs mehrere Häuser durch Trümmerteile abgeschossener ukrainischer Drohnen beschädigt worden. Betroffen seien die Städte Saratow und Engels, teilte Gouverneur Roman Busargin über Telegram mit. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })