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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

© picture alliance/dpa/AP/Julia Demaree Nikhinson

Verhandlungen über Ende des Ukrainekriegs: Selenskyj bleiben kaum noch Möglichkeiten

Europas Zaudern und der Druck aus den USA werden immer mehr zu Russlands Vorteil: Die Ukraine steht mit dem Rücken zur Wand. Welche Optionen hat Selenskyj überhaupt noch?

Eine Kolumne von Nicole Deitelhoff

Stand:

Selenskyj hat kaum eine Wahl: Er muss jetzt verhandeln. Der 28-Punkte-Plan, offenbar zwischen den beiden Sondergesandten Steve Witkoff und Kirill Dmitrijew ausgehandelt, kam für ihn zur Unzeit.

Militärisch steht die Ukraine unter Druck: Die strategisch bedeutsame Stadt Pokrowsk ist so gut wie verloren, und das Land kommt nicht aus der Defensive. Zugleich steigen Kriegsmüdigkeit und die Zahl der Deserteure. Politisch ist der Präsident durch den Korruptionsskandal angeschlagen, dem er gerade seinen engsten Vertrauten, Andrij Jermak, opfern musste.

Selenskyjs Verhandlungsposition ist also ohnehin geschwächt. Die Punkte, die vor allem russische Interessen bedienen, machten zudem deutlich, dass die Verbindung zwischen Moskau und Washington immer noch stark ist: Die europäischen Verbündeten wussten von den 28 Punkten zunächst nichts.

Ohne die Kluft innerhalb der Trump-Administration zwischen JD Vance und Marco Rubio wäre es den Europäern wohl nicht einmal gelungen, so zügig eine Revision der 28 Punkte zu bewirken. Aber auch die neuen 19+ Punkte dürften sehr schmerzhaft für die Ukraine sein.

Sie werden wohl mit territorialen Zugeständnissen versehen sein, die von der Ukraine bislang kategorisch ausgeschlossen wurden. Dennoch hat Selenskyj kaum eine Wahl, als diese Verhandlungsgrundlage zu akzeptieren.

Selenskyj muss also dieses ungünstige Verhandlungsangebot nehmen und versuchen, das Beste für die Ukraine herauszuholen.

Nicole Deitelhoff

Die Alternative, sie zurückzuweisen, würde heißen, sich allein auf die Europäer verlassen zu müssen. Bisherige Erfahrungen, die die Ukraine damit gemacht hat, sind gemischt: Zwischen Wollen und Handeln bleibt eine große Kluft in Europa.

Die Folge wäre ein jahrelanger, weiterer Abnutzungskampf, der die Ukraine mehr schwächen dürfte als die Russen. Mit anderen Worten: Das nächste Verhandlungsangebot wird eher noch schlechter sein.

Selenskyj muss also dieses ungünstige Verhandlungsangebot nehmen und versuchen, das Beste für die Ukraine herauszuholen. Das heißt, zu versuchen, die Kluft in der Trump-Administration geschickt zu nutzen und die Europäer zu stärkeren Sicherheitsleistungen zu treiben.

Hierfür kann er mit einem Pfund wuchern: Die neue nationale Sicherheitsstrategie der USA dürfte Europa klargemacht haben, dass diese USA nicht mehr an seiner Seite stehen. Auch die Europäer haben also in der Ukraine viel zu verlieren.

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