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„Verteidigung zusammengebrochen“: Russische Truppen machen offenbar rasche Fortschritte im Donbass
Moskaus Armee ist laut russischen Medien an der Ostfront auf dem Vormarsch. Momentan konzentrieren sich die Kämpfe auf die Kohlestadt Selydowe. Kiew meldet eine „schwierige Lage“.
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Die russischen Streitkräfte sind nach Darstellung russischer Medien und Militärblogger in der Ostukraine zuletzt rasch vorgerückt. „Die Verteidigung des Feindes ist plötzlich zusammengebrochen“, erklärte am Donnerstag Juri Podoljaka, ein prominenter prorussischer Blogger.
Schnelle Geländegewinne würden insbesondere aus der Kohlestadt Selydowe im Donbass gemeldet, hieß es weiter in russischen Medien und bei anderen Bloggern. Demnach hat Russland einige Teile des Ortes eingenommen, der vor dem Krieg gut 20.000 Einwohner zählte.
Der Zeitung „Komsomolets“ zufolge rückten russische Soldaten nun auf das Stadtzentrum vor. Russische Telegramkanäle zeigten Bilder von der Fahne Russlands, die auf einem Hochhaus in Selydowe wehte.
Die Nachrichtenagentur Reuters konnte die Angaben zunächst nicht überprüfen. Allerdings haben russische Truppen in den letzten Tagen in und um Selydowe „bedeutende taktische Fortschritte“ gemacht, wie das Institute for the Study of War (ISW) berichtet. Den Analysten zufolge könnte Russland die Stadt in den kommenden Tagen einnehmen.
Lage in Selydowe offenbar sehr angespannt
Der ukrainische Generalstab erklärte in seinem Morgenbericht, dass die Lage in der Region Selydowe sehr angespannt sei. „Die größte Konzentration von feindlichen Angriffen war in der Nähe von Selydowe. Russland setze aktiv Bomber und Angriffsflugzeuge ein, um das Gebiet anzugreifen.“
Ob die russischen Streitkräfte sich in der Stadt Selydowe befanden und ob die ukrainischen Verteidiger sich zurückgezogen haben, wurde nicht mitgeteilt. Insgesamt befinde man sich an der Ostfront in einer „schwierigen Lage“, teilte der Generalstab mit. Die russische Armee nutze ihre Überlegenheit an Soldaten und Material für pausenlose Angriffe.
Den öffentlich verfügbaren Informationen zufolge sind die russischen Streitkräfte im September so schnell vorgerückt wie seit der Invasion im Februar 2022 nicht mehr. Die Ukraine hat ihrerseits Teile der russischen Oblast Kursk eingenommen.
Die Einnahme von Selydowe würde den Weg freimachen für einen russischen Vorstoß auf Pokrowsk etwa 20 Kilometer nördlich, ein für die Ukraine wichtiges Logistikzentrum. Ebenfalls stark gefährdet ist die Stadt Kurachiwka einige Kilometer weiter südlich.
Ukrainer bei Kupjansk angeblich ohne Versorgung
Bei dem Eisenbahnknotenpunkt Kupjansk-Wuslowyj im Gebiet Charkiw zerstörte die russische Armee nach Militärangaben in Moskau eine Versorgungslinie über den Fluss Oskil. Diese Information war nicht unabhängig überprüfbar. Sie würde aber bedeuten, dass die ukrainischen Truppen auf der Ostseite des Flusses kaum mehr versorgt werden können.
Die Ukraine wehrt sich seit mehr als zweieinhalb Jahren gegen eine großangelegte russische Invasion. Russland kontrolliert gegenwärtig etwa ein Fünftel der Ukraine, darin eingerechnet die 2014 annektierte Halbinsel Krim.
Insbesondere haben die russischen Streitkräfte etwa 80 Prozent der Kohle- und Stahlregion des Donbass eingenommen, der sich über die Regionen Donezk und Luhansk erstreckt. Auch Saporischschja und Cherson sind zu etwa 70 Prozent in russischer Hand. Präsident Wladimir Putin erklärte am Donnerstag im Zuge des Treffens der Brics-Staaten, es werde versucht, Russland in der Ukraine eine strategische Niederlage zuzufügen. Dies werde scheitern. (sem/Reuters/dpa)
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