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Von Trump bis Höcke: Bonhoeffer-Familie beklagt Vereinnahmung des NS-Widerstandskämpfers durch Rechte
Die Familie des NS-Widerstandskämpfers kritisiert eine missbräuchliche Vereinnahmung des Theologen. Dies geschah zuletzt durch rechtsextreme Anhänger des US-Präsidentschaftskandidaten Trump.
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In einem offenen Brief warnt die Familie des NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) vor einem Missbrauch des Vermächtnisses des Theologen durch rechte Kreise im Lager von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump.
„Mit Entsetzen verfolgen wir, wie das Vermächtnis von Dietrich Bonhoeffer zunehmend von rechtsextremen Antidemokraten, Fremdenfeinden und religiösen Hetzern verfälscht und missbraucht wird“, heißt es in einem offenen Brief, der den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagsausgaben) vorlag. Der Appell ist demnach von 86 der 100 erwachsenen Nachkommen von Bonhoeffers Geschwistern unterzeichnet.
Zitate werden zu frommen Sprüchen degradiert
Die Familie beklagt in ihrem Brief, dass Bonhoeffer-Zitate aus dem Zusammenhang gerissen, zu frommen Sprüchen und Widerstandspathos degradiert würden. Mit diesen Versatzstücken würden sich inzwischen viele schmücken, deren Absichten Bonhoeffers Denken und Handeln widersprächen - vom „Project 2025“, einem von Ultrakonservativen und ehemaligen Mitarbeitern Trumps entwickelten Konzept für den kompletten Umbau des Regierungsapparats - bis zum deutschen Rechtsextremisten Björn Höcke.
Niemals hätte er sich in der Nähe rechtsextremer, gewalttätiger Bewegungen gesehen, die heute versuchen, ihn zu vereinnahmen.
Die Nachfahren des NS-Widerstandskämpfers in einem offenen Brief
„Als direkte Nachfahren der sieben Geschwister des Theologen und von den Nazis hingerichteten Widerstandskämpfers können wir aufgrund der Familienüberlieferung bezeugen: er war ein friedliebender, freiheitlich gesinnter Menschenfreund“, hieß es dort weiter.
„Niemals hätte er sich in der Nähe rechtsextremer, gewalttätiger Bewegungen gesehen, die heute versuchen, ihn zu vereinnahmen.“ Genau diese Haltungen hätte Bonhoeffer kritisiert, schreiben die Nachfahren.
Nach Angaben der Funke-Zeitungen hatten deutsche und amerikanische Theologen bereits Mitte der Woche ebenfalls in einem offenen Brief gegen die Vereinnahmung des NS-Widerstandskämpfers protestiert. Christliche Nationalisten beriefen sich in der aufgeheizten Stimmung in den USA immer häufiger auf Bonhoeffer, hieß es demnach. Sein Leben und Werk würden in diesem Milieu zunehmend dazu benutzt, politische Gewalt zu legitimieren.
An Attentatsplänen gegen Hitler beteiligt
Dietrich Bonhoeffer war ein deutscher evangelischer Theologe und Mitglied des militärischen und zivilen Widerstands gegen das NS-Regime. Als früher Gegner des Nationalsozialismus setzte er sich gegen die Verfolgung von Juden ein und war an den Attentatsplänen des 20. Juli 1944 gegen Adolf Hitler beteiligt.
Bonhoeffer wurde schon 1943 verhaftet und 1945 wenige Tage vor Kriegsende im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Sein theologisches Werk umfasst akademische Schriften wie seine „Ethik“, aber auch Briefe und Gedichte über seine Haftzeit. Viele Menschen kennen sein Gedicht „Von guten Mächten“. (AFP, epd)
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