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Russische Soldaten demonstrieren Schulkindern ein Starlink-Terminal in der Region Donezk am 11. April 2025.

© REUTERS/ALEXANDER ERMOCHENKO

Vorbereitung auf Putins künftige Kriege?: Russische Schüler lernen Umgang mit Kalaschnikows und Drohnen

Geschichtspropaganda bereits für die Kleinen und Waffenkunde für die Älteren: An Russlands Schulen werden die Soldaten von morgen ausgebildet, berichtet das „Wall Street Journal“.

Stand:

Die Invasion in der Ukraine wird in Russland offiziell „militärische Spezialoperation“ genannt und mit Soldaten durchgeführt, die zu einem großen Teil aus armen Regionen stammen. Das Regime von Wladimir Putin ist also darauf bedacht, die Gesellschaft nicht zu stark mit dem Krieg zu konfrontieren. Doch zum Bild gehört auch, dass die Scharfmacher des Kremls andererseits auf allen medialen Kanälen gegen die Ukraine und den Westen hetzen – und offenbar auch die Jüngsten schon in der Schule militarisiert werden.

Diese Erziehung zum Krieg passiert nicht nur in Jugendorganisationen und nicht nur in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine, wie das „Wall Street Journal“ (WSJ) berichtet. Die US-Zeitung beschreibt ein landesweites System der Indoktrinierung an Russlands Schulen, das im jungen Alter beginnt.

Besuch von der Front im Klassenzimmer

Demnach üben schon Grundschulkinder zwischen sechs und acht Jahren den militärischen Drill, wenn Soldaten – die in der Ukraine gekämpft haben – in die Klassen kommen und ihnen das Strammstehen beibringen, bevor der eigentliche Unterricht beginnt. Teilweise finden „körperliche Übungen in Armeeuniform“ demnach bereits in der Vorschule statt.

Die Regierung plane außerdem, dass die Schulkinder bald neue Bücher bekommen. Dort werde der Westen als Feind und die Ukraine als dessen Handlanger dargestellt. Schon jetzt lernten Vorschüler in ihrem Lehrmaterial: „Leben bedeutet, deinem Vaterland zu dienen“.

Achtklässler mit Kalaschnikows in der Hand

Sind die Schülerinnen und Schüler dann etwas älter, bekommen sie dem Bericht nach sogar Waffen ausgehändigt. In der achten Klasse sei das Waffentraining obligatorisch. Den Jugendlichen werde militärische Disziplin, Militärgeschichte und der Umgang mit Kalaschnikows und Drohnen beigebracht – mit dem klassischen russischen Sturmgewehr also genauso wie mit den neuen, unbemannten Flugkörpern, die den Krieg auf russischer wie auf ukrainischer Seite prägen. Auch panzerbrechende Granatwerfer und Scharfschützengewehre stünden auf dem Lehrplan.

Die Jugendlichen lernen die Waffen offenbar aus erster Hand kennen: Ein Schlüsselelement der Kampagne sei wiederum die Involvierung von russischen Soldaten im aktiven Dienst.

Was bezweckt die russische Führung mit dieser Umgestaltung des Bildungswesens, das 2014 nach der Annexion der Krim begonnen und 2022 nach der Invasion deutlich an Fahrt aufgenommen habe? „Wenn man Kinder im schulpflichtigen Alter nimmt und sie richtig indoktriniert, werden sie zu billigeren und effizienteren Soldaten für jede Art von Krieg, den man in Zukunft planen mag“, sagte die Politikwissenschaftlerin Jekaterina Schulmann dem „WSJ“.

Putins Zugriff auf die Schulen

Dahinter steckt offenbar ein größerer, längerer Plan. Putin habe dem Bericht zufolge schon lange Schulen im Visier, die eine andere als die staatlich favorisierte Geschichtsauffassung lehrten. Auch diese Schulen stehen nun offenbar unter Regierungskontrolle.

„Die Absicht war es, alle Mittel einzusetzen, die der Regierung zur Verfügung stehen, um Kinder ideologisch, psychologisch und zumindest in gewissem Maße auch in Bezug auf grundlegende militärische Fähigkeiten auf den Krieg vorzubereiten“, sagte Ian Garner, Autor eines Buches über die Jugend in Russland.

Wann könnte dieser Krieg ausbrechen? Mehrfach haben Nato-Politiker und westliche Militärvertreter vor einer möglichen direkten Konfrontation zwischen dem Verteidigungsbündnis und Russland gewarnt. Ein Szenario, das vor allem dann wahrscheinlicher erscheint, wenn die russische Armee nicht mehr mit Angriffen in der Ukraine beschäftigt ist. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte dagegen jüngst behauptet, dass von den russischen Streitkräften keine Gefahr für die Nato ausgehe.

Faktisch jedoch führt Russland bereits jetzt einen hybriden Krieg gegen westliche Länder mit Cyberangriffen, Sabotage und Desinformationskampagnen. Entlang der finnischen Grenze – das Land ist 2023 der Nato beigetreten – wurden Kasernen, Munitionsdepots und Feldwerkstätten aufgebaut. Zudem hat Russland seine hauptsächlich aus dem Geschäft mit Öl und Gas finanzierten Militärausgaben in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert. Sie liegen zwischen sieben und acht Prozent des Bruttoinlandproduktes, was laut Stiftung Wissenschaft und Politik ein Rekord in der postsowjetischen Geschichte Russlands ist. (TMA)

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