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„Wir sind ein souveräner Staat“: Brasiliens Wut ist groß auf Trump – und Bolsonaro
US-Präsident Trump droht seinem Amtskollegen Lula mit 50 Prozent Zöllen, sollte er die juristische „Hexenjagd“ gegen Bolsonaro nicht einstellen. In Brasilien zeigt man sich unbeeindruckt.
Stand:
Diesmal hat Donald Trump wirklich keinen Hehl daraus gemacht, was ihn motiviert. Um seinen Vertrauten, Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro, vor einer möglichen Haftstrafe zu bewahren, droht der US-Präsident Brasilien mit 50 Prozent Strafzöllen.
In einem Brief an Präsident Luiz Inácio Lula da Silva fordert er, die „Hexenjagd“ gegen Bolsonaro sofort einzustellen – sonst werde es ab August teuer.
Brasilianer nennen Bolsonaro einen „Verräter“
Der rechtsextreme Brasilianer steht derzeit vor Gericht, der Vorwurf: Beteiligung an einem Putschversuch und an Mordplänen gegen den amtierenden Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, den Vizepräsidenten Geraldo Alckmin und den Obersten Richter Alexandre de Moraes. Die Beweislast ist hoch, im September oder Oktober könnte Bolsonaro zu einer langen Haftstrafe verurteilt werden. Und das möchte Trump nun verhindern.

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Möglicherweise liegt das nicht nur daran, dass die beiden rechten Politiker stets enge Verbündete waren. Auch die Szenen, als Bolsonaros Anhänger nach dessen Wahlniederlage am 8. Januar 2023 mehrere Regierungsgebäude in Brasilia angriffen, erinnerten stark an den Sturm auf das Kapitol in Washington 2021.
Auf X, eine für die brasilianische Bevölkerung immer noch wichtige Plattform, ist die Empörung über die Strafzölle derweil groß: Bolsonaro, der sich immer als der große Patriot inszeniert, lasse sich jetzt von der USA aus der Patsche helfen – und verkaufe dafür sein eigenes Vaterland. In den Posts kursieren Sätze wie „Brasilien ist souverän“, „Brasilien für die Brasilianer“, „Respekt für Brasilien“. Ihren Ex-Präsidenten dagegen betiteln viele als Vaterlandsverräter.
„Dieser ‚umgekehrte Patriotismus’ der Bolsonaristas wird Brasilien wie viele Arbeitsplätze und wie viele Milliarden kosten?“, schreibt etwa die publizistische Webseite „The Intercept Brasil“. „Jedes Land der Welt kämpft dafür, die Zölle zu senken. Nur diese Streuner kämpfen für das Gegenteil.“
Es soll Jair Bolsonaros Sohn Eduardo gewesen sein, der die Strafzölle mit Trump ausgehandelt hat. Im März legte er sein Abgeordnetenamt nieder und reiste in die USA, um für die Freiheit seines Vaters zu kämpfen. Lulas Partei PT forderte daraufhin Präventivhaft für Eduardo Bolsonaro, weil er gegen die brasilianische Souveränität agiere. Allerdings ohne Erfolg.
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Der Brief, den US-Präsident Trump nun nach Brasilia schickte, scheint Staatschef Lula nicht zu beeindrucken. Er betont die Souveränität seines Landes und die Unabhängigkeit der brasilianischen Justiz: „Das Gerichtsverfahren fällt in ihre Zuständigkeit und unterliegt daher keiner Einmischung oder Bedrohung“, schreibt er am Mittwoch auf X.
Auch Expertin Rose Martins glaubt nicht, dass Trumps Drohung funktioniert. „Für die Familie Bolsonaro ist das eher ein Schuss, der nach hinten losging“, sagt die Ökonomin und politische Analystin der Universidade Federal do Rio de Janeiro dem Tagesspiegel.

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„Sie haben vielleicht gehofft, damit Chaos zu verursachen. Derzeit sieht es aber eher so aus, als würde die Bevölkerung sich für die Verteidigung der brasilianischen Wirtschaft und Souveränität hinter der Regierung vereinen – darunter sogar Bolsonaros Unterstützer.“
So etwa die Agrarindustrie, die Bolsonaro und der extrem Rechten traditionell nahesteht. Zwar hat Brasilien seine Exportwirtschaft in den vergangenen Jahren diversifiziert – knapp ein Drittel der Güter gehen nach China, nur noch elf Prozent in die USA.
Für Bolsonaro und seine Familie dagegen scheint die oberste Priorität darauf zu liegen, dem Gefängnis zu entkommen.
Rose Martins, politische Analystin der Universidade Federal do Rio de Janeiro
Trotzdem werden die Agrarwirte von den 50 Prozent Zöllen empfindlich getroffen. „Ein Großteil des brasilianischen Kaffees zum Beispiel wird in die USA exportiert“, sagt Martins. „Die Unzufriedenheit mit Trump – und Bolsonaro – ist deshalb erst mal groß.“
Alles weist darauf hin, dass es sich bei Trumps Versuch, die Strafverfolgung gegen Bolsonaro zu verhindern, um einen persönlichen Gefallen unter Gleichgesinnten handelt. „Politisch bietet es vor allem für Lula die Möglichkeit, sich zu profilieren“, sagt Rose Martins. „Für Bolsonaro und seine Familie dagegen scheint die oberste Priorität darauf zu liegen, dem Gefängnis zu entkommen.“
Das wiederum zeigt womöglich vor allem eins: dass auch sie inzwischen von einer Verurteilung ausgehen.
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