zum Hauptinhalt
Donald Trump (Bildmitte) besuchte während seines Wahlkampfs im Februar 2024 auch die Grenze zu Mexiko.

© dpa/AP/Eric Gay

Zurück zur Grenzmauer?: Was ein Sieg Donald Trumps für Mexiko bedeuten würde

Im US-Wahlkampf droht Donald Trump mit Massenabschiebungen von Migranten. Als Präsident will er das US-Militär nach Mexiko schicken. Dort reagiert man besorgt auf die Pläne des Kandidaten.

Ein Gastbeitrag von Diana Luna

Stand:

Während sich der Wahlkampf in den USA dem Ende zuneigt, blickt auch Mexiko gebannt auf den großen Nachbarn – mit gemischten Gefühlen. Denn während die Kandidatur von Kamala Harris verhaltene Hoffnungen weckt, stößt der Gedanke an eine Rückkehr Donald Trumps ins Präsidentenamt auf Besorgnis.

Die US-Politik hat direkte Auswirkungen auf den größten Handelspartner und südlichen Nachbarn. Trumps radikale Parolen – „Zölle von 200 bis 500 Prozent auf Autos aus Mexiko“, die „größte Abschiebungsaktion in der US-Geschichte“ und ein „Krieg“ gegen Drogenkartelle – mögen teils unrealistisch sein. Für Unruhe und Zweifel sorgen sie trotzdem.

Mexiko profitierte zuletzt stark vom Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie vom Freihandelsabkommen USMCA (USA-Mexiko-Kanada-Abkommen) und dem „Nearshoring“-Trend. 2023 führte das in Mexiko zu Rekordinvestitionen von 36 Milliarden US-Dollar.

Doch dieser Wirtschaftsboom scheint nun gefährdet: Beide US-Präsidentschaftskandidaten, Trump und Harris, verfolgen eine protektionistische Linie und sind skeptisch gegenüber einem Freihandel mit Mexiko. So wollen etwa beide das USMCA überprüfen.

Allerdings ist Trumps Rhetorik eine andere. Er drohte US-Unternehmen mit hohen Zöllen, falls Produktionsanteile nach Mexiko verlagert werden, und warnt, dass China Mexiko als „Hintertür“ nutzt.

4
Prozent des mexikanischen Bruttoinlandsprodukts sind Geldüberweisungen von in den USA lebenden Mexikanern an ihre Familien.

Die mexikanische Regierung unter Führung der neuen Präsidentin Claudia Sheinbaum muss vor diesem Hintergrund ihre Standortvorteile betonen und gleichzeitig interne Herausforderungen wie Energieversorgung, Infrastruktur und Kriminalität bewältigen.

Abschiebeaktionen als Wahlkampfversprechen

Die Grenzmauer, die Trump in seinem ersten Wahlkampf 2016 oft in den Mittelpunkt stellte, hat heute einen symbolischen Charakter. Mexiko hat nicht, wie damals von Trump gefordert, für die Mauer bezahlt, führt aber fortlaufend Migranten von der US-Grenze Richtung Süden zurück. Die mexikanischen Behörden sind mit der hohen Zahl schon jetzt überfordert.

Im Wahlkampf verspricht Trump nun die größte Abschiebeaktion der US-Geschichte. Um seine Ankündigung, eine Million Migranten ausweisen zu wollen, umzusetzen, wäre er in jedem Fall auf Mexikos Unterstützung angewiesen.

Die mexikanische Regierung aber lehnt die Wiedereinführung des „Remain in Mexico“-Programms („Bleib in Mexiko“) klar ab, das Migranten an der Grenze abweist.

Auch wenn Rückkehrer als Arbeitskräfte durchaus willkommen wären, würde eine Abschiebungswelle für Mexiko trotzdem teuer werden: Rund vier Millionen der zwölf Millionen irregulären Einwanderer in den USA stammen aus Mexiko, sie unterstützen ihre Familien mit Geldsendungen. Insgesamt machen diese etwa vier Prozent des mexikanischen Bruttoinlandsproduktes aus.

Migranten rasten vor einer Lackiererei in Tapachula, Mexiko.

© dpa/AP/Matias Delacroix

Trotzdem hat die mexikanische Nationalgarde in den ersten sechs Monaten dieses Jahres eine halbe Million irreguläre Einwanderer auf dem Weg in die USA abgefangen. Denn das Land profitiert vom Migrationsdeal mit den USA – wie genau, ist allerdings nicht bekannt.

Anfang des Jahres nannte der damalige mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador zumindest entsprechende Forderungen: die Bereitstellung von 20 Milliarden Dollar zur Bekämpfung von Fluchtursachen, die Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba und aller Sanktionen gegen Venezuela sowie das Recht auf legalen Aufenthalt für zehn Millionen Latinos, die derzeit in den USA leben.

Harte Hand gegen die Kartelle

Eine andere, plakative Ankündigung Trumps: Er möchte einen „Krieg“ gegen die Kartelle in Mexiko führen. US-Medien zufolge soll er etwa Pläne haben, Fentanyl-Labore zu bombardieren und Spezialeinheiten zur Ermordung von Drogenbossen nach Mexiko zu entsenden. Das ist unrealistisch und kontraproduktiv, es erinnert an einen gescheiterten Ansatz der mexikanischen Regierung aus dem Jahr 2006, der die Macht der Drogenbosse lediglich zersplitterte und zur Diversifizierung ihrer Einkommensquellen führte.

Trump dürfte damit kaum Erfolg haben – Mexiko würde solche Pläne nicht zulassen. Ex-Präsident López Obrador sagte vor ein paar Monaten bezogen auf Trumps Ankündigung eines Kriegs gegen die Kartelle: „Mexiko ist kein Protektorat der USA und wird keine ausländische Einmischung bewaffneter Kräfte akzeptieren.“ López Obradors Nachfolgerin und Zögling Claudia Sheinbaum dürfte das ähnlich sehen.

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum steht ideologisch deutlich weiter links als Trump – ist aber auch für ihren Pragmatismus bekannt.

© AFP/Mexican Presidency/Handout

Sollte Trump seinen Vorschlag dennoch vorantreiben, wird die mexikanische Regierung vermutlich eine Gegenkampagne starten, um Latinos gegen die Republikaner zu mobilisieren.

Als ehemalige Generalstaatsanwältin Kaliforniens baut Harris hingegen auf eine Zusammenarbeit mit Mexiko, um gegen mexikanische Kartelle und die Rauschmittelkrise in den USA vorzugehen: bei der Informationsbeschaffung, dem Einfrieren von Vermögenswerten und der Strafverfolgung.

Beide Länder suchen Pragmatismus. Sie brauchen einander zu sehr.

Diana Luna,Lateinamerika-Expertin der Friedrich-Naumann-Stiftung, über die USA und Mexiko

Das passt eher zur neuen Sicherheitsstrategie der Regierung Sheinbaums, die stärker auf den Nachrichtendienst setzen will. Damit diese Strategie Erfolg bringt, braucht sie wiederum die USA: Die dortige Nachfrage nach Drogen darf nicht weiter ansteigen. Hier haben Harris und Trump nur eingeschränkte Strategien.

Mit Harris teilt Sheinbaum, die aus der linken Partei Morena kommt, einen progressiveren Ansatz. Mit Trump würden dagegen zwei Ideologien aufeinanderprallen. Seine erste Amtszeit zeigte allerdings, dass ideologische Differenzen nicht zwangsläufig zum Scheitern führen. Beide Länder suchen Pragmatismus. Sie brauchen einander zu sehr.

Die größte Herausforderung für Mexiko wird sein, einer „America First“-Politik unter einem möglichen US-Präsidenten Trump entgegenzuwirken. Das Worst-Case-Szenario wäre, wenn die USA unter Trump die Grenze für längere Zeit dichtmachten und nach der Überprüfung der Freihandelsvereinbarung USMCA keine Einigung mit Mexiko erzielen könnten.

Das könnte Mexiko in eine wirtschaftliche Rezession stürzen. Doch auch für US-Verbraucher, vor allem in den Südstaaten, würde das Leben teurer werden. Ihre Autos, Kühlschränke und Lebensmittel kommen aus Mexiko.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })