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Schriftsteller und Literaturförderer: Alfred Kolleritsch (1931 - 2020).

© dpa

Alfred Kolleritsch gestorben: Felsen zu Erde

Handkes Mentor: Zum Tod des österreichischen Dichters und Herausgebers Alfred Kolleritsch.

Wer einmal ein paar Tage im südösterreichischen Graz zugebracht hat, weiß um die große Verehrung, die hier dem umstrittenen Literaturnobelpreisträger des vergangenen Jahres, Peter Handke, entgegengebracht wird; obwohl dieser in der Stadt nur Anfang bis Mitte der sechziger zum Studium der Rechtswissenschaft war. 

Der viel größere, gewissermaßen genuine Grazer Autor war aber der 1931 in der Südsteiermark als Sohn eines Försters geborene Alfred Kolleritsch, der 1963 eben auch Peter Handke in der von ihm ein paar Jahre zuvor gegründeten Literaturzeitschrift „Manuskripte“ und in seiner „Grazer Gruppe“ frühe Texte veröffentlichen ließ.

Die Literaturzeitschrift genießt bis heute einen herausragenden Ruf, und Alfred Kolleritschs eigenes literarisches Schaffen stand zunächst etwas in deren Schatten.

"Der Pfirsichtöter" war Kolleritschs Romandebüt

Von 1958 an mehrere Jahrzehnte im Grazer Schuldienst beschäftigt, debütierte Kolleritsch Anfang der siebziger Jahre mit dem Gedichtband „Erinnerter Zorn“ und dem Roman „Der Pfirsichtöter“, der mit seiner postmodernen Unzugänglichkeit, philosophischen Sprache und Zeichengeschichte auf wenig Resonanz stieß. Das änderte sich 1974 mit dem nachfolgenden, stark autobiografisch eingefärbten Roman „Die grüne Seite“, vor allem aber mit dem Gedichtband „Einübung in das Unvermeidbare“, für den der Grazer 1978 den Petrarca-Preis verliehen bekam (sein Freund und Zögling Handke saß in dessen Jury); später bekam er für sein lyrisches Gesamtwerk auch den Georg-Trakl-Preis.

Wie seine Prosa sind Kolleritschs Gedichte häufig rätselhaft und dunkel, bohrend und nachdenklich, versuchen sie der Welt gleichermaßen denkend wie betrachtend auf den Grund zu gehen: „Wenn aus den Bergen Hügel werden,/ das Harte den Stürmen nachgibt,/ tiefer fällt der Horizont,/ aus Felsen Erde wird,/ näher der Schmerz,/ werden wir uns im Gebüsch verlaufen.“

Auch wenn er sich wünschte, dass man in seinen Gedichten „das Offene“ finde, „die leiseren Töne“, hat Kolleritsch sich stets als politischer Dichter verstanden. Er wolle, so sagte er das in einem Interview, „mit der Literatur gegen das falsche Bewusstsein ankämpfen“, das für ihn im Österreich eines Haiders und der FPÖ rechts stand. Am Freitag vor Pfingsten ist Alfred Kolleritsch im Alter von 89 Jahren in Graz gestorben.

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