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Rom: Arbeitsidylle in der Villa Massimo

Die Villa Massimo stellt in Berlin ihre Stipendiaten vor.

Als Sasha Waltz in Rom zu Gast war, liefen die Leute auf sie zu, als gebe es Schinken, sagt der Direktor der Villa Massimo, Joachim Blüher, anlässlich der Vorstellung seiner Stipendiaten im Martin-Gropius-Bau. Für die Installation, die die Choreographin am Donnerstagabend präsentiert, kein schlechter Vergleich: Erstens gibt es wirklich viel Gedränge und zweitens tragen die Tänzer nichts als hautfarbene Unterhosen. Fast eine halbe Stunde lang baumeln sie mit zwei dünnen Seilen befestigt von der Decke. Die Männer drehen und wenden sich im Zeitlupentempo, meist kopfüber oder in der Horizontalen, wie beseelte Geschöpfe eines italienischen, barocken Bildhauers.

Die Villa Massimo fördert jedes Jahr zehn deutsche Künstler und Künstlerinnen aus den Bereichen Bildende Kunst, Musik, Literatur und Architektur. Sie sollen in Rom frei von finanziellem Druck ihre Arbeit weiterentwickeln. Die Akademie ist im Besitz der Bundesrepublik und wird jährlich mit über zwei Millionen Euro aus dem Haushalt der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Im Juni feiert die Akademie ihr 100-jähriges Bestehen. Der Berliner Eduard Arnold, ein jüdischer Großunternehmer und Mäzen, schenkte damals das Anwesen mit dem weitläufigen Park und einem Stiftungskapital von 680.000 Reichsmark dem preußischen Staat.

Was für ein idyllischer Ort diese Akademie ist, davon erzählen die Arbeiten der Stipendiaten. Durs Grünbein lässt seine Frau Eindrücke seines Aufenthalts vorlesen – er selbst hat einen Frosch im Hals. Von monströsen Pötten im Park ist die Rede, von verfallenen Säulen und Brunnen, von „Himmelsausschnitten in schmerzendem Blau“. Otto Sander liest Betrachtungen von Wolfgang Koeppen zu Rom und Berlin. Und die bildende Künstlerin Henriette Grahnert zeigt ihre Arbeit „Dolce Vita“. In einem mit Spiegel ausgekleideten Schaukasten hat sie verschiedenfarbige Pulverhäufchen arrangiert. Wer durch das Guckloch linst, kann die Substanzen zwar nicht richtig identifizieren, dafür aber riechen. Es duftet nach Schokolade und Kaffee.

Der Architekt Sebastian Reinhardt hat sich während seines Aufenthalts Gedanken über einen überkonfessionellen, spirituellen Rückzugsort gemacht. Wie kann dieser heute aussehen? „Refugio“ ist ein organisch anmutendes, ringförmiges Bauwerk. In der Mitte liegt die „Salasacra“, ein hoher, weißer Raum, in dem sich das Auge nirgendwo festhalten kann. Die Außenfassade besteht aus Lamellen, inspiriert von einer bewegten Wasseroberfläche. Eine solche hat auch Jochen Lempert als Serie fotografiert. In Schwarz-Weiß bricht sich eine Welle über sechs verschiedene Teile hinweg. Der Künstler stoppt damit einerseits die dynamische Bewegung. Anderseits gibt er ihr einen neuen Rhythmus. So muss sich ein Jahr in der Ewigen Stadt anfühlen. Anna Pataczek

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