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Ostdeutsche Orchester: Arme Provinz

Kulturell gesehen war die DDR ein Schlaraffenland. Fast jede Gemeinde hatte ihr Klassikensemble - doch jetzt sind die ostdeutschen Orchester bedroht.

Kulturell gesehen war die DDR ein Schlaraffenland. Fast jede Gemeinde hatte ihr Theater, ihr Klassikensemble, alimentiert von einem System, gegen das subversiv angespielt wurde. Viele dieser kleinen und kleinsten Institutionen haben die Nachwendejahre nicht überlebt, allein im Bereich der Orchester fielen seit 1989 mehr als ein Drittel der Planstellen weg. Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck, die Erzgebirgische Philharmonie Aue oder das Brandenburgische Kammerorchester Eberswalde können ihr regionales Publikum zwar weiterhin mit Bach, Mozart und Co. versorgen – doch wie lange noch?

Die Musikergewerkschaft "Deutsche Orchestervereinigung“ hat beim "Institut für Wirtschaftsforschung“ (IWH) in Halle/Saale jetzt ein Gutachten zur Zukunft der städtischen Orchester Ostdeutschlands in Auftrag gegeben: Der Durchschnittsbesucher, so fand man heraus, ist 61 Jahre alt und legt für den Kulturgenuss maximal 20 Kilometer zurück. Da die Menschen immer länger leben, müssen sich Orchester in Ballungszentren weniger Gedanken machen als jene, die den ländlichen Raum bedienen. Denn zum einen dünnt dort die Infrastruktur stark aus, so dass Personen ohne Auto immer immobiler werden. Zum anderen wird wegen fehlender Arbeitsplätze mittelfristig das Problem der Altersarmut an Bedeutung gewinnen. Wer kaum Rente bekommt, geht eben nicht ins Konzert. Auf die Wirtschaft als Helfer in der Not dürfen die Intendanten übrigens nicht hoffen. Gerade einmal sieben Prozent der Orchesteretats kommen derzeit von Sponsoren, 55 Prozent der vom IWH befragten 6000 Unternehmen sind grundsätzlich nicht bereit, die Kultur finanziell zu unterstützen.

Doch es gibt auch positive Signale aus der Provinz. Die Vogtland-Philharmonie aus Greiz/Reichenbach erreichte 2009 dank unermüdlicher Reiserei über die Dörfer die Rekordzahl von 100.000 Zuschauern.

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