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Kultur: Auf in die Freiheit

OPER 1

„Macht Kinder!“, so lautet die ebenso simple wie zeitgemäße Botschaft der surrealistischen Opéra-buffe Die Brüste des Tiresias von Francis Poulenc . Wie ernst haben er und sein Lebensgefährte Pierre Bernac diese Botschaft wohl genommen? Ungefähr ebenso ernst nimmt sie nun auch die Regisseurin Cordula Däuper im Saalbau Neukölln . Das beginnt schon mit der ersten sanften Irritation beim Prolog. Da sitzt doch eindeutig eine Frau, aber wir hören einen Mann. Transvestit? Metrosexueller? Oder einfach nur ein hübscher Theatertrick, um unsere Wahrnehmung zu schärfen? Therese hat jedenfalls die Schnauze voll vom ewigen Putzen und Wischen, sie entlässt kurzerhand ihre Brüste in die Freiheit und wird zum Mann. Im Gegenzug kriegt ihr Gatte mal eben 11000 Kinder.

Ein veritables Sinfonieorchester hat das „Junge Ensemble Berlin“ zusammengetrommelt, und es spielt die elegant-ironische Musik unter dem Dirigenten Michael Riedel engagiert und kantenscharf.

Dazu hat Regisseurin Cordula Däuper einen unbestechlichen Blick für bizarre Details und schickt ihr exzellentes Ensemble mit treffsicherem Timing auf die kleine Bühne im ehemaligen Festsaal (vgl. Tagesspiegel vom 16. Januar). Sie zeigt, wie modern und geistreich dieses zu Unrecht beinahe vergessene Werk sein kann. Zwischendurch ist der Polizist scharf auf den Gatten, während zwei durchgeknallte Duellanten mit dem Elektroroller durch die Gegend kurven. Plötzlich wollen alle etwas vom vermeintlichen Reichtum durch Kindersegen abhaben und klauen einander die Babys. Doch keine Sorge, am Ende will Therese ihre Brüste zurück und sorgt freudig für ihren Mann, der glücklich den Tagesspiegel liest. Kann eine Oper schöner enden? (noch einmal am 18. Januar, 16 und 20 Uhr)

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