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Abgeholzte Baumstämme in einem holzverarbeitenden Betrieb in British Columbia, Kanada - einer der Helden in Michelle Winters Roman "Ich bin ein Laster" ist Holzfäller-

© picture-alliance/ dpa

Aus dem Gastland der Frankfurter Buchmesse 2020: Die kanadische Autorin Michelle Winters und ihr Debüt "Ich bin ein Laster"

Alltag in der kanadischen Provinz: Michelle Winters’ merkwürdig großartiger Debütroman „Ich bin ein Laster“.

Man fragt sich, was die kanadische Autorin Michelle Winters und ihr Verlag bewogen haben mag, Winters’ Debütroman mit dem bescheuerten Titel „ I Am a Truck“ zu versehen, woraus im Deutschen nun „Ich bin ein Laster“. wurde. (Aus dem kanadischen Englisch von Barbara Schaden. Wagenbach Verlag, Berlin 2020.139 S., 18 €.) Weil eine der Hauptfiguren ein Bär von einem Mann ist und überdies großer Fan eines bestimmten Pick-up-Truck-Modells, des Chevrolet Silverado? Vermutlich.

Doch von dem Titel abgesehen ist „Ich bin ein Laster“ (uff ...) in seiner ganzen Merkwürdigkeit ein gelungener, lesenswerter kanadischer Provinz-, Pop- und Kriminalroman, der an manches Buch von Stewart O’ Nan erinnert und in dem nicht zuletzt die Zweisprachigkeit Kanadas eine Rolle spielt.

Ein bisschen auch ein Rock'n' Roll-Roman

Er beginnt mit dem Verschwinden eben jenes riesenhaften Mannes, Réjean Lapointe. Dieser sagt seiner Frau Agathe, mit der er seit einer Ewigkeit glücklich verheiratet ist, er fahre mit Arbeitskollegen zum Angeln. Was sie als Lüge erkennt, ohne ihn das merken zu lassen. Und dann kommt die Polizei zu ihr und sagt, sie habe den Silverado in einem Waldstück gefunden, leer, ihr Mann sei weg, ein „Voluntary Missing Adult“.

In der Folge erzählt Winters einerseits in Form von Rückblenden, wie Réjean vor seinem Verschwinden einen Mann kennenlernt, Martin Bureau, und sich mit dem anfreundet. Und wie es Agathe in den folgenden Monaten allein so ergeht.

Dabei taucht die Autorin schön in die Arbeitsverhältnisse der Stadt ein, in Autohäuser, Elektroläden und eine im Wald angesiedelte Käse- und Weinproduktion, inklusive Waffenhandel; sie schildert eine seltsame Männer- und eine alltägliche Frauenfreundschaft; und sie lässt Agathe den Rock entdecken, schlimmen wie den von Kansas oder Sheriff, etwas besseren von Bruce Springsteen oder T.Rex.

Letzteres verweist vage auf die Zeit, in der „Ich bin ein Laster“ angesiedelt ist, nicht in den siebziger, eher in den späten achtziger Jahren, jedenfalls einige Jahre vor der digitalen Moderne. Und das Ende? Ist turbulent, skurril, menschenfreundlich und voller Hoffnung. 

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