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Eigenwillige Durchbildung der Betondecken im Erdgeschoss - zugleich Versinnbildlichung des Namens Spore

© Bernhard Schulz

Auszeichnung für das Haus der Spore Initiative: Preisgekrönt in der Einflugschneise

Stein auf Stein aus Abbruchhäusern: Das Neuköllner Spore Haus fügt sich passgenau in die ruppige Umgebung. Dafür gewann es die jährliche Auszeichnung des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt.

Von Bernhard Schulz

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Einen „Glücksfall“ nennt die frühere Senatsbaudirektorin Regula Lüscher den Neubau der Spore Initiative in der Neuköllner Hermannstraße. Sie war Vorsitzende der Jury, die dem Bauwerk von AFF Architekten den Deutschen Architekturpreis 2025 zuerkannte. Kaum je dürfte eine Ehrung unstrittiger gewesen sein. Denn sowohl architektonisch als auch städtebaulich ist das Gebäude gelungen.

Es füllt die jahrzehntelange Brache der Einflugschneise zum Flughafen Tempelhof aus, als habe der Lichtmast an der Straße, der als Denkmal erhalten bleiben muss, immer schon dazugehört. Es wirkt weder alt noch übertrieben neu, sondern eigenständig und doch passgenau für diese eher ruppige Umgebung.

Die Spore Initiative ist ein Veranstaltungszentrum und ein öffentlicher Raum, von hoher Qualität bis in die eigenwillige Durchbildung der Betondecken im Erdgeschoss, die sowohl die Lastverteilung abbilden als auch die namengebenden Pflanzen-„Sporen“ versinnbildlichen. Darüber schreibt das jüngst erschienene Deutschen Architekturjahrbuch, das wie jedes Jahr einen Querschnitt durch das Baugeschehen hierzulande und von hier ansässigen Architekturteams bietet.

Der Lichtmast an der Straße musste als Denkmal erhalten bleiben. Das Spore Haus wurde drumherum gebaut.

© Bernhard Schulz

Die seit längerem zu beobachtende Hinwendung zu Umnutzung, Umbau und behutsamer Ergänzung hat sich weiter fortgesetzt, mit eindrucksvollen Beispielen wie der Kulturweberei im brandenburgischen Finsterwalde von Habermann Architektur, einem Büro aus Berlin wie auch AFF.

Herausragend ist auch die ebenso behutsame wie kraftvolle Sanierung der Christuskirche in Neumarkt in der Oberpfalz durch Brückner & Brückner, bei der in diesem Fall einmal nicht die sakrale Rolle des Bauwerks aufgegeben, sondern im Gegenteil neu gefasst wurde. Das in Tirschenreuth und Würzburg ansässige Architekturbüro hatte bereits im Jahr zuvor mit der Renovierung des Diözesanmuseums Freising ungeteilte Anerkennung erfahren.

So bedeutsam der Umgang mit vorhandener Bausubstanz auch ist – er wird künftig wohl die Mehrzahl aller Bauaufträge ausmachen –, wünschte man sich von diesem wichtigsten deutschen Architekturpreis für unlängst fertiggestellte Projekte dennoch, das Schwergewicht weiterhin auf Neuschöpfungen zu legen.

Rostbrauner Ziegelbau: Das Spore Haus entstand aus recycelten Steinen.

© Bernhard Schulz

Vielleicht sollte künftig stärker nach Neubau und Umbau differenziert werden. Wenn der Neubau dann so gelingt wie in der Hermannstraße, nämlich unter Verwendung von Ziegelsteinen aus Abbruchhäusern, hat man zudem so etwas wie den ökologisch korrekten Materialeinsatz. Das könnte zeitgemäßer gar nicht sein.

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